Ich schleiche langsam durch das Trophäenzimmer. Der ausgestopfte Löwe scheint dabei Wache zu halten. Beim genauerem hinschauen fällt mir auf, dass seine Augen künstlich sind und Laserstrahlen aussenden. Das ist also die Falle, die Professor Evil hier aufgestellt hat! Zum Glück haben wir die Laserstrahlenüberwachung schon ausgeschaltet. Nichts schützt nun mehr das Schwert Excalibur. Vorsichtig hebe ich den Deckel der Vitrine an und bleibe versteinert stehen. Was sind das für Geräusche? Es sind näherkommende Schritte! Professor Evil hat es sich anders überlegt. Er scheint nun doch noch einmal einen Abstecher in das Zimmer machen zu wollen. Die Entscheidung ist schwierig: schnell versuchen das Schwert zu greifen oder versuchen zu fliehen? Die Zeit ist jetzt schon knapp.
Willkommen in der Welt von Professor Evil and The Citadel of Time!
Ja, Zeitreisen! Oder doch nicht?
Der Titel scheint Programm zu sein – Professor Evil and The Citadel of Time – da kann es ja nur um Zeitreisen gehen. Jedenfalls war dies auch mein erster Gedanke, als ich von dem Spiel hörte. Also den Promo DeLorean von Colt Express ausgepackt und los geht es. Doch dann kam das böse Erwachen! Die Zeitmaschine ist nur das Setting. Einen wirklichen Zeitreise-Mechanismus sucht ihr vergeblich in dem Spiel. Der böse und sehr verwirrte Professor Evil hat diverse wertvolle Schätze aus allen möglichen Epochen der Menschheitsgeschichte gestohlen. Unsere Aufgabe ist es nun, ihm diese Schätze wieder abzujagen, um sie zu ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzubringen. Fertig. Mehr Story braucht das Spiel nicht. Wer wir sind und ob wir zu einer geheimen Zeitreise Organisation gehören, wird nicht erklärt. Hier müsst ihr eure eigene Geschichte weiterspinnen.
So wird aus Professor Evil and The Citadel of Time, ein Spiel, in dem es nicht mehr um Zeitreisen geht, sondern um den Diebstahl von gestohlenen Schätzen.
Wir gegen den Professor
Das Spiel ist komplett kooperativ. Nachdem ihr euch einen der fünf verfügbaren Charaktere ausgesucht habt, kann es auch schon losgehen. Auf dem Spielplan befinden sich verschiedene Schätze in unterschiedlichen Räumen. Jeder Schatz ist gesichert durch mindestens eine Falle. Diese müsst ihr erst mal auszuschalten, um an den Schatz zu kommen. Die Schalter für die Fallen befinden sich wiederum in anderen Räumen. Einige sind bereits deaktiviert – der böse Professor ist eben ein bisschen zerstreut – andere müssen wir noch ausschalten. Habt ihr es geschafft, alle Fallen die einen Schatz sichern zu deaktivieren, könnt ihr ihn an euch nehmen.
Gelingt euch das vier Mal, habt ihr gewonnen. Klingt simpel und schaffbar. Ist es aber nicht! Ihr spielt gnadenlos gegen die Zeit. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um ein Spiel in Echtzeit. Jeder Schatz bleibt nur eine bestimmte Zeit -Anzahl an Runden- für euch erreichbar, je weniger Fallen diesen Schatz bewachen desto weniger Zeit habt ihr. Im Umkehrschluss gilt: Mehr Fallen, mehr Zeit allerdings auch schwieriger, da Professor Evil ja auch noch da ist.
Schafft ihr es nicht, bekommt der Professor Evil den Schatz. Hat er vier Schätze vor euch in Sicherheit gebracht, verliert ihr das Spiel.
Zu der Zeitproblematik kommt auch noch der scheinbar diffus agierende Professor Evil. Am Ende einer Runde bewegt sich der Professor – gesteuert wird dies durch einen Würfelwurf – durch sein Anwesen. Dabei schließt er Türen, die ihr schon einmal geöffnet habt. Findet er Schalter für Fallen, die ihr schon deaktiviert habt, werden diese wieder aktiviert. Läuft er euch im dümmsten Fall in die Arme, schmeißt er euch aus dem Haus und ihr dürft wieder von vorne anfangen.
Tick Tack, die Zeit vergeht
Doch nicht nur der Professor Evil ist euer Feind, sondern, wie schon weiter oben beschrieben, die Zeit selbst. Die alles bestimmende Uhr im Zentrum des Spielplanes zeigt euch genau an, wie viel Runden ihr ungefähr Zeit habt, einen Schatz zu sichern. Ungefähr? Die Uhr scheint Bestandteil der Zeitmaschine zu sein und diese hat einige Nebenwirkungen. Nachdem ihr den Professor bewegt habt, würfelt ihr für die Zeiger der Uhr, um die vergangene Zeit zu ermitteln. Da kann sich der Zeiger auch zwei Mal bewegen statt nur einmal. Oder ihr habt auf einmal weniger Zeit einen Schatz zu bergen. Es ist eine knappe Sache und so lasst ihr auch schon einmal einen Schatz an den Professor gehen, um euch auf einen anderen zu fokussieren. Denn jeden Schatz zu bergen, ist fast unmöglich.
Kein Spiel für Strategen
Professor Evil and The Citadel of Time lebt – wie viele moderne Spiele – von dem Nicht-Gewinnen und der Freude, wenn ihr es dann doch packt. Dabei kann das Spiel sehr unfair zu euch sein: Bedingt durch das Würfelglück, bewegt sich der Professor Evil mehr als willkürlich durch sein Haus. Es kann passieren, dass er Räume blockiert und euch einfach daran hindert, den wichtigen Schalter zu deaktivieren.
Das geht aber auch in die andere Richtung: Mit etwas Glück werden einfache Schätze gezogen und der Professor Evil bleibt in den Räumen, die euch sowieso nicht interessieren. Ratz Fatz habt ihr die vier Schätze zusammen und seid Gewinner. Dabei lässt euch das Spiel hier auch genug Raum, um euren eigenen Schwierigkeitsgrad zu finden.
Leider ist dies in den Regeln nicht explizit erklärt, was den Deutschen Spielefreund vielleicht abschreckt. Wir sind es ja meistens gewohnt, ein leichteres Spiel zu bekommen, um dann später in den Regeln die Erklärungen für die schweren Profi-Varianten nachzulesen. Erst nach einer Recherche auf Boardgamegeek findet ihr Antworten vom Designer, wie ihr das Spiel eurem Level anpassen könnt.
Sehr erfreulich ist die Spieldauer, denn mehr als 45 Minuten dauert eigentlich keine Partie. Sind die Würfel mal wirklich gegen euch, könnt ihr eine neue Runde recht schnell wieder anfangen. Gepaart mit einer wunderschönen Grafik macht uns Professor Evil and The Citadel of Time als glückslastiges, kooperatives Spiel Spaß. Bei unseren Spielrunden haben gerade Wenig-Spieler ihre Freude mit dem Spiel gehabt. Bei Viel-Spielern wirkt sich der Glücksfaktor eher negativ aus und deswegen kommt hier das Spiel nicht wirklich gut an.
Leider ist Professor Evil and The Citadel of Time bis jetzt nur auf Englisch verfügbar. Das eigentliche Spielmaterial ist jedoch fast sprachneutral. Die Beschreibung der Fähigkeiten der Charaktere allerdings nicht. Natürlich könnte nun einer von euch hier helfend zur Seite stehen: So etwas öffnet meiner Meinung nach allerdings gerade in kooperativen Spielen immer das Tor für Alpha-Spieler und mindert dadurch den Spaß am Spiel.
Wer mit dem Glücksfaktor und der Sprachbarriere leben kann, bekommt mit Professor Evil and The Citadel of Time ein schnelles, spaßiges Spiel ohne großen strategischen Tiefgang für zwischendurch.
Hier geht es zur englischen Version des Spieles erschienen ist es bei Funforge.
Nur zur Information, das Spiel existiert auch in Französisch. Haben es heute das erste mal gespielt und es machte uns echt Spass.