
Ich öffne den Deckel meiner Kiste – und jedes Mal staune ich aufs Neue. Da sitzt meine Katze, aber nicht so, wie man sie erwarten würde. Montag war sie knallrot. Am Dienstag schimmerte sie grün. Mittwoch leuchtete sie gelb. Und Donnerstag ist sie blau. Tiefblau. Ich notiere alles sorgfältig in meinem Laborbuch: „Subjekt zeigt quantenfarbliche Instabilität.“ Freitag beschließe ich, den Deckel nicht zu öffnen. Nicht aus wissenschaftlicher Strenge, sondern aus Furcht, dass sie plötzlich pink wäre – und ich keine Erklärung mehr hätte.
Erwin Schrödinger
Stichspiele gibt es viele und scheinbar spalten sich daran auch die Geister. Für manche kann es nicht genug davon geben. Andere Spielende laufen lieber weg, als ein Stichspiel zu spielen. Und ihr vermutet es schon richtig: Auch Cat in the Box ist ein Stichspiel. Allerdings hebt sich das Kartenspiel von Muneyuki Yokouchi hier deutlich ab und bringt dann doch den ein oder anderen Twist in das Stichspiel-Genre. Was das bei Pegasus erschienene Kartenspiel besonders macht, erfahrt ihr in unserer Review. Ach ja, und es versteht sich von selbst, dass bei den Arbeiten zu diesem Artikel keine Katzen verletzt wurden.
Viel Spaß beim Lesen!
Die Katze in Cat in the Box ist schwarz, oder?
Ja, es gibt wirklich Katzen in Cat in the Box, und ähnlich wie im Gedanken-Experiment von Herrn Schrödinger, gibt es nur eine Konstante. Das ist die Nicht-Farbe der Katze auf den Karten, die ich zu Anfang habe. Diese Katzen sind nämlich schwarz. Punkt. Allerdings kann ich in Cat in the Box mit einer schwarzen Katze nichts anfangen. Ich muss beim Ausspielen der Karte die Farbe oder besser den Farbzustand der Katze definieren.
Hmm, so etwas hat es bisher nicht gegeben im Bereich der Stichspiele. In der Regel bekomme ich nämlich schon eine zufällige Anzahl von bestimmten farbigen Karten. Denn Stichspiel-typisch: Ich gewinne, wenn ich die höchste Karte einer Farbe ausspiele, und auch Stichspiel-typisch gibt es eine Trumpffarbe, die alle anderen Karten, wie der Name schon sagt, übertrumpft und fast immer gewinnt.
Aber ich sagte ja, die Karten sind farblos, und ja, Schwarz ist wie Weiß offiziell keine Farbe!

Also spiele ich meine Karte aus und bestimme damit die Farbe, oder aber ich bediene eine ausgespielte Karte. Was jetzt recht belanglos klingt, hat einen wunderschönen Twist. Auf einem zusätzlichen Tableau, definiere ich das nämlich mit einem Marker von mir. Und da fängt es an, gemein zu werden. Denn hier habe ich für jede der vier Farben (grün, blau, rot, gelb) eine Reihe mit den Zahlen von eins bis sechs, wenn ich zu dritt spiele. Bei größeren Gruppen gehen die Werte bis maximal neun. Was auch den möglichen Werten auf meinen Karten entspricht. Spiele ich also unter anderem eine grüne Fünf an, wird es im weiteren Spiel nicht mehr möglich sein, eine weitere grüne Fünf auszuspielen. Und das gilt für alle Spielenden am Tisch.

Das klingt Paradox
Und ihr ahnt es ja, irgendwann kann ich eine Farb-Zahlen-Kombination nicht bedienen. Aber das ist auch kein Problem, denn ich kann ja auf andere Farben ausweichen, dumm nur, dass ich ab dem Zeitpunkt die eigentlich geforderte Farbe nicht mehr ausspielen oder bedienen darf.
Tja, und dann passiert natürlich das, was irgendwann passiert, und das ist in der Regel, wie eine Runde in Cat in the Box eigentlich immer endet. Es entsteht ein Paradoxon. Will heißen: Ich habe zwar noch Karten mit Werten auf der Hand, aber ich kann einfach keine Farbe mehr auswählen, weil die Farb-Zahlen-Kombination nicht mehr möglich ist, oder ich die Farbe nicht mehr ausspielen dürfte. Zack, bumm, aus und vorbei, dann gibt es null Punkte bzw. sogar Minuspunkte, wenn ich das Paradoxon verursacht habe.
Cat in the Box – ein Stichspiel mit Unsicherheit
Was mir bei Cat in the Box einfach gefällt, ist die schöne Analogie zum Quantenthema. In anderen Stichspielen kann ich schon beim Erhalten der Karten ein Gefühl dafür bekommen, wie ich denn in dieser Runde abschneiden werde. Das versucht man dann meistens damit zu erreichen, dass ich eine Stichvorhersage mache oder es andere aufhebende Effekte gibt, damit dieser Faktor etwas ausgehebelt wird.
In Cat in the Box braucht es das halt nicht, ja, auch hier gibt es eine Stichvorhersage, aber die ist nicht der entscheidende Faktor. Sie wirkt sogar am Anfang etwas sperrig. Der große Pluspunkt ist, dass ich nicht nur meine Karten ausspiele. Der Vorteil von Cat in the Box ist, dass ich versuche, durch geschicktes Taktieren, meine Gegner in ein Paradoxon zu treiben. Das Probleman der Sache ist natürlich, dass diese das Gleiche mit mir versuchen. Und dann ist es schon ein richtig blödes Gefühl, wenn mein wunderbarer Plan in sich zusammenfällt. Und ich bin der, bei dem das Paradoxon ausgelöst wird. Das hätte ich ja schon ahnen können, oder?

Ja, das ist leider die Unsicherheit, die ich einfach ertragen muss und die ich auch mag. Allerdings führt diese Mechanik auch wiederum zu verschiedenen Reaktionen auf das Spiel. So mancher kann mit Cat in the Box recht viel anfangen, weil es eben nicht das klassische Stichspiel-Setting bedient. Andere wiederum verzweifeln ein wenig an dieser Unsicherheit, weil es eben nicht so planbar bzw. taktierbar ist, wie andere Kartenspiele in dieser Rubrik.
Ich für meinen Teil mag genau das. Es ist schon fast wie die Heisenbergsche Unschärferelation. Nur weil ich vielleicht genau bestimmen kann, welche Farbe mein Gegenüber noch spielen kann, kann ich nicht bestimmen, welche Zahlen er auf den Karten hat. Ein für mich wunderschönes Dilemma, was aber auch thematisch wunderbar in diese Quantendynamik passt.

Nicht für jeden
Allerdings bringt die ungewöhliche Spielmechanik ein gewisses Opfer mit sich. Das eigentliche Kartenspiel mit seinen Regeln ist nicht wirklich kompliziert. Aber es ist nicht geeignet für Wenig-Spielenende. Pegasus bietet Cat in the Box in ihrer Kennerspiel-Linie an und da sehe ich es auch. Selbst bei uns hat es ein paar Partien gebraucht, bis wir das Spiel verstanden und auch entsprechend gespielt haben.
Die Einstiegshürde ist für ein (auf den ersten Blick) einfaches Kartenspiel doch recht hoch und kann dann auch schnell abschreckend wirken.
Und wie ich schon oben schrieb: Auch für erfahrene Stichspieler ist es nicht sofort verständlich, weil es zu chaotisch ist.

Auch nicht gut gelöst bei der schon hohen Einstiegshürde ist die Farbwahl, der Spielerfarben. Hier habe ich wie bei Zug um Zug das gleiche Problem, dass es Spielerfarben gibt, die den Karten-Farben gleichen, diese aber spieltechnisch nichts miteinander zu tun haben. Oder dass es auch gleich zwei bläuliche Spielerfarben sind, die sich auf den ersten Blick auch noch sehr ähneln. Das hätte man besser lösen können.
Ich für meinen Teil habe das Kartenspiel auf alle Fälle noch in meiner Sammlung! Oder etwa nicht?
Euer Rating zu Cat in the Box
Cat in the Box ist bei Pegasus erschienen.
Cat in the Box ist auf Boardgame Arena spielbar: Cat in the Box • Board Game Arena
Für die Review stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.





