Da sitze ich nun, fein herausgeputzt mit diesen miesen Verrätern an einem Tisch. Der Königshof hat zum Festbankett geladen. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ich mir hier nicht noch einen Vorteil verschaffen kann. Erst muss dieser Widerling von der Nachtigall-Familie weg. Er hat viel zu viel Einfluss auf die Königin und flüstert ihr ständig ins Ohr. Nur gut, dass ich noch einen Meuchelmörder zur Hand habe. Das sollte die Sache schnell erledigen.
Kleine fiese Spiele hinter einer schönen Fassade aus feinster Illustration. Das Kartenspiel Hof-Verrat von Romaric Galonnier und Anthony Perone vereint genau diese beiden Aspekte. Ob das bei HUCH! erschienene Spiel in unserem Ansehen gestiegen oder in Ungnade gefallen ist, erfahrt ihr in unsere Review.
Viel Spaß beim Lesen!
Lächeln. Verbeugen. Erstechen.
Hier kommt ein Grundkurs in höfischer Etikette: Charmant lächeln, die eigenen Karten gut ausspielen und immer mit einem Dolch im Rücken rechnen. Bei Hof-Verrat geht ihr ganz ähnlich vor. Im Laufe der Partie versucht ihr eure geheimen Ziele zu erfüllen, während ihr selbst Einfluss sammelt und dabei den Mitspielenden am Tisch möglichst effizient in die servierte Suppe spuckt.
Die Regeln dafür sind ganz einfach: Wer an der Reihe ist, spielt seine drei Handkarten aus, indem er eine zu sich selbst legt, eine an die Königstafel platziert und eine jemand anderem am Tisch in den Bereich legt. Wir schenken einander also auch etwas und denken nicht nur an uns selbst. Das ist doch so nett, nicht wahr? Währe da nicht die Endwertung, bei der die eigenen Karten der sechs Familien jeweils postitive oder eben auch negative Punkte zählen können, je nachdem, ob diese an der zentralen Tafel das Ansehen der Königin genießen oder aber in Ungnade gefallen sind.
Das lässt sich so bewerkstelligen, dass ich bei der Karte, die ich an die Königstafel platziere, immer die Wahl habe, ob ich sie oberhalb oder unterhalb der Spielmatte auslege. Wenn am Ende der Partie mehr Einfluss oben als unten liegt, bekomme ich für meine eigenen Karten Pluspunkte. Wenn die Mehrheit sich allerdings unterhalb der Spielmatte befindet, bekomme ich für die Karten dieser Familie Minuspunkte. Habe ich meine Karten in diesem Zug dann verteilt, ziehe ich drei neue und die nächste Person ist am Zug.
Masken, Macht und Missgunst
Das wäre ja alles ganz simpel, aber natürlich gibt es auch noch Sonderkarten. So werden Spione, die an ihrer Maske zu erkennen sind, immer verdeckt gespielt. Nur ich weiß, welche Familie sich hinter dieser Karte verbirgt. Das kann am Ende das Zünglein an der Waage sein, wenn es darum geht, ob eine Familie in Ungnade fällt. Natürlich dürfen Assassinen auch nicht fehlen. In dem Bereich, in den ich sie spiele, töten Sie jemanden und können so Karten entfernen, die den eigenen Plänen entgegenstehen. Wo es Attentäter gibt, sind natürlich auch Wächter nicht weit. Diese können nicht getötet werden und sind daher immer eine sichere Bank. Im positiven wie im negativen Sinne. Und dann wären da noch die Adligen, die für alle Belange doppelt zählen.
Zusätzlich verfolge ich noch meine beiden Geheimmissionen, die ich erfüllen möchte. Das ist manchmal gar nicht so einfach, wenn alle anderen am Tisch unbewusst gegen mich arbeiten. Dann heißt es, sich den Ärger nicht anmerken zu lassen und weiter entspannt zu lächeln. Abgerechnet wird nämlich erst am Schluss, wenn der gesamte Kartenstapel ausgespielt wurde. Bei weniger als fünf Spielenden werden zu Beginn ein paar Karten aussortiert, damit das Ganze auch aufgeht. Insgesamt spielt ihr nicht mehr als 20 Minuten an einer Partie. Wem es gelungen ist, durch Ansehenspunkte und geheime Ziele die meisten Punkte zu ergattern, hat gewonnen. Was aber meistens heißt, dass die anderen am Tisch gründlich über selbigen gezogen wurden.
Zuckerbrot und Dolchstoß
Es geht ziemlich drunter und drüber bei Hof-Verrat. Viel planen lässt sich zu Beginn der Partie erst mal nicht. Ich versuche vielleicht herauszubekommen, was die Ziele meiner Mitspielenden sind, aber da kann ich mir eigentlich nie so sicher sein. Dafür ist viel Emotion mit dabei. Und das fängt schon bei meinen drei Handkarten an. Die sind dann auch einfach mal alle gut. Klar, dass ich da nichts an meine Konkurrenz am Tisch verschenken will. Oder sie sind alle so richtig schlecht und garantieren mir Minuspunkte. Dann verspüre ich natürlich wenig Lust, eine davon auch noch bei mir auszulegen. Trotzdem muss ich. Ich will nicht. Aber ich muss. Ein kleineres Übel ist dann meist nicht auszumachen. Da ist eben auch viel Glück dabei.
Einen großen Teil des Charmes verdankt Hof-Verrat auch den hübsch gestalteten großformatigen Spielkarten mit goldenen-Elementen. Die Illustrationen von Noëmie Chevalier erinnern in ihrem Stil an Das letzte Einhorn. Wenn man einen Blick auf ihr oben verlinktes Profil bei Art-Station wirft, scheint da auf jeden Fall noch mehr als ein Spiel in Arbeit zu sein. Ebenfalls auffällig ist der Spielplan in der Mitte des Tisches, der die Königstafel darstellt und und zeigt, wo wir welche Karten anlegen müssen. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um ein Papp-Board. Die Spielmatte besteht aus bedrucktem Stoff. Das ist jetzt nicht ganz neu, passt aber durch die Ähnlichkeit zu einem mittelalterlichen Gobelin dann doch ganz gut ins Gesamtbild. Einziges Manko? Leider ist die Matte immer ein wenig verknittert, was dem Ganzen etwas von seiner Eleganz raubt.
Fazit
Es ist die Einfachheit, die den Charme von Hof-Verrat ausmacht. Ich muss mich jeweils nur um meine drei Karten auf der Hand sorgen und die Entscheidung treffen, wohin damit. Das ist so simpel, dass es auch Wenig-Spielenden schnell von der Hand geht. Nach einer Partie ist alles klar und der Ehrgeiz ist geweckt. Die Wahre Herausforderung liegt bei Hof-Verrat nämlich in den subtilen Sticheleien oder auch den ganz offensichtlichen Geschenken, die man sich gegenseitig macht. Da entstehen Bündnisse, um eine bestimmte Farbe werten zu können. In der nächsten Partie schwankt eine Familie bis zum Schluss zwischen Ansehen und Ungnade. Es bleibt immer spannend und ist mit viel Hallo verbunden, denn keine Partie ist wie die andere. Uns macht Hof-Verrat daher viel Spaß und ist momentan einer unserer Favoriten für kleine Ärgerspiele.
Euer Rating zu Hof-Verrat

Hof-Verrat ist auf Deutsch bei HUCH! erschienen.
Für die Review stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.