Brettspiel Review: Endeavor: Die Tiefsee

Endeavor: Die Tiefsee – Bis zum Meeresgrund ohne Nass zu werden.

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel CoverDer Abstieg dauert nun schon mehrere Stunden. Langsam sinkt unser U-Boot immer weiter hinab in die Tiefsee. Vor uns ist nur der Lichtkegel zu sehen, außerhalb dessen Scheins ist tiefste Dunkelheit. Plötzlich schält sich langsam und träge aus dieser Dunkelheit ein riesiger Tiefsee-Hai. Besser gesagt, schiebt sich ein Grönland-Hai in den Lichtkegel. Wir merken schnell, dass hier sein Lebensraum ist und wir sind hier nur Besucher, die hektisch versuchen, einen Blick in diese unbekannte Welt zu werfen. Eine Welt, die noch so viele Geheimnisse vor uns verbirgt. 

70 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt, und dass die Tiefsee schwieriger zu erforschen ist als das All, ist eigentlich auch allgemein bekannt. Auch wenn das Wasser also eine einnehmende Rolle in unserer Umwelt spielt, ist es in der Brettspiel-Welt eher ein U-Boot-Thema. Gelegentlich taucht mal ein Brettspiel mit diesem Thema auf. Nun ist es wieder so weit und mit Endeavor: Die Tiefsee taucht ein solches Brettspiel mit Wasser und sogar mit UNTERwasserthema auf. Wie sich das Brettspiel von Carl de Visser und Jarratt Gray dabei schlägt oder ob es sogar notwassern muss, das erfahrt ihr in der Review zu dem Brettspiel, das bei Frosted Games bzw. Board Game Circus erschienen ist.

Viel Spaß beim Lesen!

Pack die Badehose ein, es geht raus in die Tiefsee

Das Beste gleich am Anfang Endeavor: Die Tiefsee ist für mich ein rundum gelungenes Brettspiel. Thematisch eng mit dem Thema verbunden und auch spielerisch greift es zwar nur auf eine kleine Auswahl an Mechanismen zurück, die sich aber perfekt ins Spiel einfügen. Auch die Botschaft, die dem Spiel zugrunde liegt, ist von positiver Natur. Jeder Punkt für sich alleine macht natürlich nicht unbedingt ein gutes, ja vielleicht sogar hervorragendes Spiel aus, aber wie immer bei Brettspielen gilt auch hier, die Mischung macht es. 

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel

Damit ihr auch versteht, was mich an Endeavor: Die Tiefsee so begeistert, muss ich natürlich noch ein wenig ausholen und euch mit ins Boot, besser gesagt, ins U-Boot holen. 

Denn wir bauen nicht abstrakt Ressourcen oder Ähnliches ab, sondern wir forschen. Und je mehr wir forschen, desto besser schneiden wir natürlich auch am Ende ab. Dass ichnicht einfach so vor mich hin forsche, ist ja klar. Dazu braucht es nun einmal Forschende, die Gott sei Dank Teil meiner Crew sein können. Am Anfang habe ich nur einen super krassen Dude. Der kann alles, was ich in Endeavor: Die Tiefsee so an Aktionen gebrauchen kann. Aber alleine arbeiten ist schwierig und zeitaufwendig und da ich ja nur sechs Runden Zeit habe, brauche ich Verstärkung.

Diese bekomme ich jede Runde für umme, allerdings je mehr „Reputation“ ich habe, desto besser sind auch die Leute und deren Fähigkeiten. Kleines Beispiel gefällig? Am Anfang bekomme ich nur einen Skipper. Der ist gut und kann unser U-Boot auch super durch die Gegend fahren, aber mehr auch nicht. Im späteren Verlauf hingegen bekomme ich dann einen Expeditionsleiter. Dieser kann nicht nur das U-Boot fahren, sondern kann auch noch das Sonar bedienen, also zwei Aktionen mit nur einer Person. Das nenne ich mal einen Gewinn. Aber bis dahin braucht es natürlich ein paar Runden und ja, wie oben beschrieben, die sind begrenzt. 

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel Die Crew

Man will so viel und kann so wenig 

Ihr seht also, mehr Ansehen sorgt für bessere Leute und damit auch für mehr Aktionen. Denn der Ozean ist nicht nur etwa 5 Kacheln breit, er ist auch verdammt tief und will erforscht werden. Und dazu braucht es Aktionen, Aktionen und noch einmal Aktionen bzw. Aktionsscheiben. Diese Scheiben sind der eigentliche Kernmechanismus in Endeavor: Die Tiefsee. Ich brauche Scheiben, um die Aktionen meiner Crew zu aktivieren. Check! Allerdings brauche ich diese Scheiben auch, um entsprechende Aktionen in der Tiefsee zu markieren.

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel U Boote

Auch hier hilft ein kleines Beispiel zur Verdeutlichung. Wir nehmen unseren Expeditionsleiter. Eine Scheibe brauche ich, um seine Aktionen überhaupt anzustoßen. Aber eine zweite Scheibe brauche ich dann, um auch die Sonaraktion auf dem Spielplan auszulösen. Also eine Aktion und zack zwei Scheiben sind weg. Die gute Nachricht, die Scheibe vom Expeditionsleiter kann ich wieder freischalten und zurückbekommen, die schlechte, die in der Tiefsee ist weg und an die komme ich genauso wenig heran wie an ein Handy, was von der Zingster Strandpromenade in die Ostsee fällt. Ich muss also gut haushalten können. 

Ich bekomme zwar pro Runde eine gewisse Anzahl an Scheiben in meinen Vorrat, aber gerade in den ersten Partien und ersten Runden ist dies einer der Lernfaktoren. Denn nur wenn ich hier nicht zu verschwenderisch damit umgehe, habe ich im späteren Spielverlauf ausreichend Möglichkeiten, auch um Punkte mitzuspielen. Das ist aus meiner Sicht ein spannender Bestandteil des Spielerlebnisses.

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel Spielplan

Allerdings bremst dies auch Anfänger oder Neulinge in dem Spiel ein wenig aus. Wenn diese dann in Runde zwei feststellen, dass sie eigentlich nur eine Aktion machen können und dann auch schon wieder passen müssen. Das kann dann schon frustrierend sein und ist aus meiner Sicht vollkommen nachvollziehbar. Aber man spielt ein Endeavor: Die Tiefsee ja auch nicht nur einmal! Da stellt sich dann schon ab der zweiten Partie der entsprechende Lernerfolg ein.

Der Zufall taucht mit

Und wer lernresistent ist, kann ja auch auf den Zufall hoffen. Denn der ist in der Tiefsee ständig vorhanden. So verkommt Endeavor: Die Tiefsee auch nicht zu einem langweiligen Immer-Das-Gleiche-Tun-Eurogame, sondern ich muss in jeder Runde schauen, was ich aus der aktuellen Lage mache. Kenne ich natürlich auch aus anderen Brettspielen. Aber hier ist es besser thematisch eingefangen, ich muss nicht nur meine Aktionen steuern. Ich muss auch schauen, was mir das Unbekannte, die Tiefsee, so anbietet. Ich fische bei einigen Sachen sprichwörtlich im Trüben.  

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel Tauchen

Ja, das holt mich thematisch sehr ab. Ich gehe auf Tauchfahrt und weiß nicht, was ich entdecke. Ich weiß nur, ich bekomme einen Bonus, hoffe natürlich auf das, was ich in der Runde noch brauche, zum Beispiel noch ein wenig Wissen, um endlich meine Publikation zu vollenden. Bekommen werde ich aber höchstwahrscheinlich etwas komplett anderes, was mich dazu bringt, meine Züge und Aktionen neu zu überdenken. Aber es ist dabei nicht zu chaotisch, so dass ich immer noch gut planen kann. Selbst die Downtime wird dadurch nicht zu arg nach oben getrieben.

Dass diese nach oben geht, liegt in der Natur der Dinge, je weiter das Spiel voranschreitet, desto mehr Aktionen habe ich und diese wiederum können auch Kettenzüge nach sich ziehen. Ja klar, die sind nervig, wenn ich diese nicht auslöse und darauf warten muss, dass meine Mitspielenden endlich fertig werden. Aber das gilt auch, wenn ihr den Kettenzug auslöst, dann müssen halt die Anderen warten. Für Gerechtigkeit ist also gesorgt. Allerdings, und hier wird es dann schon etwas unübersichtlich, ist so ein Kettenzug auch sehr fehleranfällig. Oft genug muss auch die linke Patschehande zum Zählen dazugenommen werden, um auch keine Aktion unter den Tisch fallen zu lassen. Und ja, manchmal ist das schon stressig.

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel Tableau

Zusammen die Tiefsee erkunden

Wer sich nicht alleine in die Tiefsee wagt, der kann aufatmen. Ihr könnt Endeavor: Die Tiefsee auch kooperativ spielen. Dabei gibt es bestimmte Ziele, die ihr dann mittels Punktevorgabe erreichen müsst. Was auf den ersten Blick ohne Probleme schaffbar aussieht, entpuppt sich dann auf den zweiten Blick als ziemlich herausfordernd und das auch schon ab Stufe zwei von insgesamt vier Stufen. Hier muss ich ein wenig mehr kommunizieren und schauen, welche Ziele sich recht einfach erfüllen lassen. In den meisten Fällen muss ich eine entsprechende Anzahl Aktionsscheiben in den richtigen Zonen platzieren.

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel kooperativ

Und damit das nicht zu simpel ist, kommen noch Krisen dazu. Manchmal sind diese gar nicht so schlimm, wie es der erste Eindruck vermittelt. So kann mein U-Boot durch einen Tsunami zum Beispiel nach links bewegt werden. Wollte ich ohnehin nach links, war das sogar zu meinen Gunsten. Aber es gibt auch Krisen, die eure mühsam platzierten Scheiben vom Spielplan entfernen, und das tut dann so richtig weh. So muss ich als kooperativer Muffel schon sagen, der entsprechende Modus macht Spaß. Aber mein Favorit bleibt das klassische Gegeneinander.

Endeavor: Die Tiefsee ist ein Wohlfüll-Spiel

Auch wenn das eigentliche Spiel sich herunterbrechen lässt auf die immer gleichen Aktionen, macht es mir dennoch viel Spaß. Ja, die Szenarien, die es bietet, unterscheiden sich rein spieltechnisch gesehen nicht besonders voneinander. Und auch die fehlende Balance bei den Szenarien entsprechend der Spieleranzahl lässt zu wünschen übrig. Aber trotzdem bieten sie Abwechslung und ich muss auch hier immer wieder meine Strategie anpassen, wie und wo ich am Spielende dann die entsprechenden Punkte einheimsen kann. 

Bis jetzt hat mich noch keine Partie enttäuscht, und selbst Partien, wo ich am Anfang noch dachte, dass das nichts mehr wird, blieben spannend bis zum Ende. Außer dieser einen im Januar, aber darüber wird nicht geredet! Denn was in der Tiefsee passiert, das bleibt auch in der Tiefsee. 

Endeavor: Die Tiefsee - Brettspiel Szenario

Für mich ist, wie zuvor besprochen, auch das positive Feeling ganz stark mit dem Spiel verknüpft. Jede Aktion, jede Bewegung, jedes Plättchen, das ich im Spiel umdrehe, hat einen positiven Effekt und ich werde belohnt. Und vor allen Dingen ist es die positive Message des Themas, wir sind im wahrsten Sinne Forschende und durch Forschung und Wissenschaft erringen wir Punkte und kommen damit auch weiter im Spiel voran.

Dazu schafft es das Spiel vielleicht auch noch, dass man sich aus diesem Grund auch einmal mit der Welt der Tiefsee befasst. Hier hätte ich mir vielleicht noch einen Appendix gewünscht, der nicht nur die einzelnen Karten erklärt, was sie spielmechanisch bewirken, sondern vielleicht auch noch weiterführende Informationen beinhaltet hätte.

So ist Endeavor: Die Tiefsee für mich eines der Highlights aus dem aktuellen Spielejahrgang. Dieses Brettspiel hat es geschafft, sich in meiner Top-Ten-Ich-Spiele-Auf-Alle-Fälle-Mit-Spiele zu platzieren.

Euer Rating zu Endeavor: Die Tiefsee


Haben es Spiele von kleinen Verlagen heute leichter?

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Endeavor: Die Tiefsee ist bei Frosted Games und Board Game Circus erschienen.

Endeavor: Deep Sea (2024)
Spieler:
1 - 4
Dauer:
60 - 120 Min
Alter:
10+
BGG Rating:
8.24
Verlag:
Frosted Games
BGG:

Für die Review stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.

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