Immortals

Immortals – Risiko für Kenner

ImmortalsAlles spitzt sich auf eine große Auseinandersetzung zu: Jetzt heißt es für meine Amazonen noch einmal alles geben, um die Halblinge aus Treehome zu vertreiben. Gelingt mir dies, ist die Hauptstadt der grünen Region endlich mein. Also alle Würfel genommen und in den Würfelturm geworfen. Das Klicken und Klackern der Würfel im Würfelturm kündigt das Endergebnis an. Ich fluche, denn im Turm müssen sich noch Einheiten aus den letzten Kämpfen befunden haben, die erst jetzt herauskamen. Die Halblinge drängen meinen Angriff erfolgreich zurück. Viele solcher großen und kleinen Schlachten führt ihr in Immortals, dem neuen Spiel von Queen Games.

Immortals braucht Platz

Eines kann man dem Spiel nicht vorwerfen: Es ist kein Leichtgewicht. Das fängt allein schon beim Umfang das Materials an. Ein riesiger Spielplan und entsprechend große Tableaus bringen so manchen Spieltisch an ihre Grenzen. Dazu gibt es noch einen Haufen Karten und einen wirklich genialen Würfelturm. Und Immortals kleckert nicht, sondern es klotzt. In der Schachtel enthalten sind auch noch Holzklötzchen in verschiedenen Farben. Diese stellen unsere Armeen da.

Laut den Aussagen von Mike Elliot und Dirk Henn, ist das aber schon die minimalste Ausstattung, die das Spiel braucht. Noch kleiner hätten sie die Spielmaterialen nicht machen können, denn man möchte ja auch noch ein bisschen Übersicht haben.

Was sofort auffällt, ist der zwei geteilte Spielplan. Dabei gibt es die Welt in der ihr spielt doppelt. Einmal gibt es die Lichtwelt in der Völker wie Elfen, Menschen, Zwerge oder auch Amazonen wohnen und dann gibt es noch die dunkle Welt, bevölkert zum Beispiel von Dämonen, Orks, Trollen und Nachtelfen.

Wechsel zwischen hell und dunkel

ImmortalsWährend einer Partie Immortals spielt ihr immer genau zwei Völker. Dabei handelt es sich um ein Volk aus der hellen Welt und ein Volk aus der dunklen Welt. Diese zieht ihr am Anfang zufällig. Besonders spielentscheidend ist die Auswahl der Völker allerdings nicht, denn es sind immer nur Abwandlungen eines „Standardvolkes“. Was auf den ersten Blick ernüchternd wirkt, ist auf den zweiten Blick von Vorteil: So gibt es keine Killerkombo aus zwei Völkern, die schon zum Spielstart einen Vorteil hat.

Doch das ist nicht der einzige Grund, weswegen die Welt in hell und dunkel eingeteilt ist. Stirbt eine Einheit auf dem Schlachtfeld, wandert sie in den Limbus der anderen Seite. So kommt eine helle Amazonenarmee in den dunklen Limbus und kann von dort wieder auf der dunklen Seite als Dämonenarmee eingesetzt werden. Genauso funktioniert dies mit Armeen, die in der dunklen Welt sterben. Das macht einen besonderen Reiz bei Immortals aus. Armeen, die sich in eine Schlacht stürzen, werden nicht vernichtet, sie stehen in der anderen Welt zur Verfügung. Dies öffnet natürlich neue taktische Möglichkeiten. So kann eine Schlacht schon einmal nur deswegen stattfinden, weil man in der anderen Welt dringend Truppen braucht.

Immortals als Gedächtnistraining

ImmortalsDas Spiel mit Hell und Dunkel ist einer der verwirrendsten Aspekte, wenn ihr Immortals spielt. Wollt ihr Ressourcen produzieren oder mit Bonus angreifen, braucht ihr die entsprechenden Karten und Armeen in der richtigen Welt. So passiert es, dass ein Spieler erklärt, er wolle Gold erwirtschaften, spielt aber die Karte der anderen Seite und geht dann leer aus, weil er dort keine Armee stehen hat. Flüche und Verzweiflung des Spielers sind dabei von hohem Unterhaltungswert. So müsst ihr im Vorfeld euren Zug genau planen und eben auf solche Kleinigkeiten achten. Das macht Immortals zu einem richtigen Expertenspiel. Wie Mike Elliot und Dirk Henn mir im Interview bestätigten, sehen sie ihr Spiel selber auf einem Niveau über dem eines Kennerspiels.

Bevor ihre eure Aktionen überhaupt durchführen könnt, müsst ihr erst einmal 10 Aktionen verplanen und das macht Immortals wirklich taff. Nachdem die Karten gelegt wurden, führt ihr nacheinander jeweils eine Aktion aus. Ihr könnt bis zu diesem Punkt aber schon einmal vergessen haben, was ihr eigentlich für einen genialen Zug geplant hattet. So greift ihr dann schon einmal zu kleinen Hilfsmittel. Vielleicht legt ihr eure Karten in kaum merklichen Unterschieden auf eurem Tableau ab, damit ihr wisst, welche Karte ihr wann spielen wolltet.

Selbst wenn ihr keine Probleme mit dem Merken von Karten habt, gibt es ja noch die bösen Mitspieler. Davon sind mindestens zwei und maximal vier weitere am Tisch. Diese werden euch über kurz oder lang angreifen. Wenn das passiert und sie erfolgreich sind, müsst ihr die Karte des Landes, in dem der Kampf stattfand, an den Konkurrenten abgeben. Dumm nur wenn genau diese Karte in eurem Zug noch für eine Aktion geplant war.

Niedrige Downtime – Hohe Aufbauzeit

Immortals selber spielt sich bis auf die Planungsphasen sehr flott und zügig. Ihr führt eine eurer geplanten Aktionen aus und schon ist der nächste Spieler am Zug. Kommt es zu Kämpfen benutzt ihr den Würfelturm. Der ist der eigentliche Star von Immortals. Anstatt wie in Risiko eine Würfelorgie stattfinden zu lassen, nehmt ihr alle Holztokens, die sich in dem Konfliktland befinden und werft diese mit den Übrigen, die sich noch in der Vorratsschale befinden in den Turm und wertet das Ergebnis aus. Gewinner ist immer derjenige, der die Mehrheit an Tokens besitzt, welche sich nun in der Schale befinden. Neben der niedrigen Downtime ist gerade das haptische, akustische und optische Erlebnis, wenn die Würfel sich klappernd durch den Turm bewegen, ein Pluspunkt des Spiels.

Nicht so gut ist hingegen die Aufbauzeit, die ihr für eine Partie Immortals braucht. Eure zwei Völker geben euch eine genau definierte Anzahl an Armeen. Vor dem Spiel müssen die Armeen auf dem Spielplan platziert werden, was mit Hilfe eines Card-Drafting-Mechanismus gelöst ist. Bis alle Armeen verteilt sind, kann schon einmal eine geschlagene halbe Stunde oder mehr vergehen, bevor das eigentliche Spiel startet. Das lässt sich auch nicht wirklich beschleunigen. Ihr müsst immer wieder eure Armeen abwechselnd in die helle oder dunkle Welt einsetzen. Das Einsetzen ist in späteren Partien, wenn die Spieler das Spiel kennen, von entscheidender Bedeutung, denn erste grundlegende strategische Vorbereitungen für die erste Runde finden schon beim Aufbau statt.

Immortals ist ein gutes Spiel aber…

Immortals
Mike Elliot und Dirk Henn

nicht für jeden. Genauso wie Shogun und Wallenstein, die auch von Dirk Henn entwickelt wurden, richtet sich Immortals an Freunde strategischer Spiele. Ihr bewegt gerne als Feldherren eure Armeen über das Schlachtfeld? Dann ist das Spiel etwas für euch. Gelegenheitsspieler und Spieler, die während ihres Zuges lieber aus einer überschaubaren Auswahl an Aktionen wählen, werden mit Immortals nicht warm werden. Aber einfach möchte das Spiel auch nicht sein.

Mir persönlich gefällt bei Immortals die simple Spielidee gepaart mit einfachen Regeln, die eine spannende spielerische Tiefe bieten. Für mich ist es eine weiterentwickelte Variante vom Spieleklassiker Risiko. Dabei beseitigt es eines der für mich schlimmsten Elemente aus dem Vorbild: die Spielereliminierung. Ihr verliert vielleicht eine Schlacht, aber dadurch werden eure Armeen auf der anderen Seite stärker. Ihr spielt bis zum Schluss mit und müsst wegen Würfelpech nicht frühzeitig das Handtuch werfen. Für Mike Elliot war dies ein Punkt, der zur Entwicklung von Immortals führte.

Bei Immortals entstehen Emotionen: Spieler, die einen Wutausbruch bekommen, wenn eine wichtige Karte geklaut wird, Tischnachbarn die Verzweifeln während der Planung der neuen Runde oder das „Ups“, wenn ihr die falsche Länderkarte aufdeckt. Oft genug zieht man Racheaktionen auf sich, wenn man ein Land des Gegners angreift und auch noch gewinnt. Und wenn dieser dann seine gesamte Planung für die Runde über den Haufen wirft, nur um es euch heimzuzahlen. Dazu kommen noch die kleinen Geschichten, die während der Partie passieren. Das Expeditionskorps, das drei Runden am Stück versucht Shore Lake einzunehmen, dort aber niemals ankommt. Bei Immortals passiert irgendwie immer was und das nicht nur auf dem Spielbrett sondern auch oft genug auf der Metaebene.

Immortals braucht Zeit

Auch die erlebte Zeit vergeht wie im Flug: Dadurch, dass ich immer etwas zu tun habe, wird mir nie langweilig. Manchmal kann es etwas dauern, bis die anderen Mitspieler sich entschieden haben, was sie tun wollen. Die hierdurch entstehende Down Time, lässt sich aber wunderbar durch die Beobachtung der Mitspieler überbrücken. Unterm Strich bleibt es aber dabei, die gefühlte Spielzeit ist relativ kurz. Wobei ihr nicht auf die Zeitangabe auf der Spielschachtel vertrauen solltet. Ich kann mir bis heute nicht vorstellen, wie man das Spiel in zwei Stunden schaffen kann. Auch die Entwickler sprachen eher von drei bis vier Stunden. Vielleicht wollte Queen Games hier nicht gleich potentielle Käufer abschrecken?

Aber nicht alles ist gut an Immortals. Neben der Ausrichtung auf eine eher kleinere Zielgruppe, ist es die grafische Gestaltung, die bei mir einen bitteren Beigeschmack hinterlässt. So schön das Cover und die Völkertableaus beim Aufbau auch sind, so nüchtern ist das Spielbrett und euer Aktionstableau während des Spieles. Das gesamte Design wirkt etwas angestaubt und wird dem Spiel nicht ganz gerecht. Dazu kommen noch kleinere Probleme während des Spielens. Befinden sich in einer Region zu viele Einheiten, könnt ihr den Namen der Region nicht mehr lesen.

Auch die minimale Spieleranzahl ist nicht gerade optimal. Hier hätte ich mich persönlich über eine Zwei-Spieler-Variante gefreut. Auch eine Überarbeitung der Regeln wäre empfehlenswert. Nicht immer ist alles zu 100 Prozent erklärt. Wie setzt man zum Beispiel Jokerkarten in verschiedenen Situationen im Spiel ein? Wie werden Länderkarten benutzt, wenn man durch ein Portal von einer Welt aus das Land in der anderen Welt angreift? Dies ist leider kaum erklärt und ihr müsst euch selbst eine Erklärung dazu aus den bestehenden Regeln ableiten.

Immortals ist eine gute und konsequente Weiterentwicklung von epischen Strategiespielen, die von Risiko inspiriert wurden. Begeisterte Risikospieler sollten unbedingt einen Blick riskieren.


Erschienen ist Immortals bei Queen Games

Immortals (2017)
Spieler:
3 - 5
Dauer:
120 - 150 Min
Alter:
14+
BGG Rating:
6.38
Verlag:
Queen Games
BGG:

Für die Review stand uns ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung.


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