Die Polis ist im Aufstieg begriffen. Immer mehr Bürger strömen in die Stadt. Kein Wunder, denn Milet hat sich als wichtiger Handelsmittelpunkt in Griechenland etabliert. Doch wir dürfen nicht nachlassen, denn sonst könnte Korinth uns bald den Rang ablaufen. Bald haben wir den Schritt geschafft und sind zum Imperium aufgestiegen.
In Khôra: Aufstieg eines Imperiums vom Head Quarter Simulation Game Club wetteifern wir als Stadtstaaten im antiken Griechenland darum, wer in den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Militär die Nase vorn hat und es in Siegpunkten ausgedrückt besser macht als die Anderen am Tisch. Wie uns das Kenner-Zivilisationsspiel gefallen hat, verraten wir euch in unserer Rezension.
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Khôra – Altes Spiel in neuen Kleidern
So ganz neu ist Khôra dabei nicht. Denn bereits 2017 kam das Brettspiel unter dem Namen Improvement of the POLIS heraus. Damals hat es zwar den Sprung nach Japan geschafft, nicht aber bis zu uns. Nun dürfen wir uns also unter neuem Namen und in von David Chapoulet und Jocelyn Millet überarbeiteter Optik ebenfalls die Hände reiben und an die Arbeit machen, unseren Stadtstaat zum besten in ganz Griechenland zu machen. Das sind zum Beispiel Athen, Sparta und Milet. Alle spielen sich dabei etwas unterschiedlich und haben ein Spezialgebiet, das auch gleichzeitig eine bestimmte Spielweise nahelegt.
Die Würfel des Schicksals
Über neun Runden versuchen wir nun, uns in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und Militär auf den Leisten unseres Tableaus voranzubringen. Grundsätzlich können wir dabei zunächst zwei, später nach Freischaltung dann drei Aktionen frei aus den möglichen sieben Aktionen auswählen. Allerdings muss ich die mit einem meiner Würfel bezahlen, dessen Augenzahl mindestens dem Wert des Aktionsplättchens entsprechen muss. Mein Würfelwurf entscheidet also darüber mit, was ich denn in einer Runde eigentlich tun kann. Das wird aber etwas abgemildert, indem ich auch mit Punkten von meiner Bürgerleiste bezahlen kann, um den Unterschied zwischen Würfel und Plättchen auszugleichen… wenn ich denn über ausreichend Bürger verfüge.
Wissen ist Macht – oder Wissen durch Macht?
Die Plättchen geben mir verschiedene Aktionen, die es mir zum Beispiel erlauben, eine Erkundung auszuführen. In dieser Militäraktion (Würfelwert 4) nutze ich meine Truppen, um Wissensmarker vom zentralen Spielplan zu erhalten. An die begehrten Wissensmarker komme ich auch über die Aktion Handel (Würfelwert 3), bei der ich sie aber mit den rar gesähten Drachmen bezahlen muss.
Politik in der Polis – Die Würze in Khôra
Über die Aktion Gesetzgebung (Würfelwert 1) erhalte ich die ebenfalls begehrten Politik-Karten. Davon habt ihr zu Spielbeginn bereits fünf auf der Hand. Es wird empfohlen, diese Karten zu draften und ich kann das ebenfalls nur empfehlen. Die Karten werden über die Aktion Politik (Würfelwert 5) ausgespielt. Die Karten können Sofort-Effekte, dauerhafte Boni oder auch Punkte bei Spielende bringen. Als Voraussetzung zum Ausspielen braucht, ihr außerdem wieder bestimmte Wissensmarker, die ihr wie oben beschrieben erhalten könnt. Die meisten Karten kosten zudem auch Drachmen. Mit den richtigen Karten, die eure Strategie unterstützen, könnt ihr entscheidende Vorteile gegenüber euren Mitspielern erhalten.
Das kann mein Stadtstaat
Jede Polis verfügt wie eingangs erwähnt außerdem über eigene Fähigkeiten. Diese Entwicklung genannten Boni können mit der Aktion Entwicklung (Würfelwert 6) freigeschaltet werden. Ihr startet auf der ersten Stufe mit einem Startbonus und könnt insgesamt drei weitere Stufen aufsteigen. Hierfür werden wieder bestimmte Wissensmarker in deinem Besitz als Voraussetzung benötigt und es muss ebenfalls Geld in Form von Drachmen investiert werden. Dafür bekommt ihr ebenfalls für eure Polis spezifische Effekte, die eure Spielweise teilweise drastisch beeinflussen. Sparta ist natürlich extrem auf Militär-Aktionen ausgelegt, Olympia setzt auf Kultur und in Korith dreht sich alles um Steuereinnahmen.
Eine Reihe nicht ganz unerwarteter Ereignisse
Nach eure Aktionen dürft ihr dann eine Verbesserung auf eurem Tableau durchführen und das wars dann fast schon. So könnte eine Partie Khôra nun ganz easy runtergespielt werden, wenn da nicht noch die Ereignisse wären. Diese werden zu Beginn der Runde angesagt und treten am Ende der Runde ein. Hier muss ganz klar gesagt werden, dass der Fokus dieser Ereignisse überproportional häufig auf dem Militär liegt. Wer über die meisten Truppen verfügt, dem ist häufig bereits ein Bonus sicher, wer hier hinten liegt, der wird bestraft. Das trübt in meinen Augen ein wenig den Anschein, Kultur und Wirtschaft wären da auf Augenhöhe. Wer sich nicht um seine Truppenstärke kümmert, kann hier bittere Einbußen haben. Das sollte jedem am Tisch vor einer Partie klar gemacht werden.
Khôra: Aufstieg eines Imperiums – Die Excel Tabelle
Ich gebe es ja zu, die Beschreibung des Spiels klingt wirklich sehr danach, als würde man nur seine Spielsteine auf Leisten hoch und runterschieben. Eigentlich nicht so spannend und mit dem sprühenden Charme einer Excel-Tabelle. Tatsächlich tut man das auch, aber das Spielgefühl ist ein ganz anderes. Khôra: Aufstieg eines Imperiums ist ein Strategiespiel, in dem ich nicht nur mit den anderen Spieler*innen am Tisch wetteifere. Ich muss mit den Würfeln zurechtkommen, die das Schicksal mir zuteilt und um die Runden-Ereignisse herum planen. Bei aller Flexibilität lohnt es sich aber, mein Ziel konsequent zu verfolgen. Meiner Erfahrung nach sind die Partien oft spannend bis zum Schluss.
Militär im Vorteil
Allerdings muss auch ich zugeben, dass Spieler, die Stadtplättchen mit Fokus auf Militär zugeteilt bekommen, es häufig leichter haben, da ihre vorgeschlagene Spielweise vom Spiel durch die Ereignisse noch begünstigt wird. Aber hier liegt dann auch die Herausforderung. Wie kann ich Athen so spielen, dass es gegen Sparta oder Argos bestehen kann? Manchmal sind die Würfel einfach gegen mich und erschweren es mir, in den ersten Runden ins Spiel zu kommen. Manchmal sind die Würfel, die Politik-Karten und die Ereignisse mir aber auch hold, und stehe am Ende als strahlender Sieger da, der seine Polis zu nie geganntem Glanz geführt hat. Khôra ist hier deutlich mehr als dröge Leistenschieberei.
Es ist außerdem ein einsteigerfreundliches Strategiespiel, das einen Weg für euch vorzeichnet. Denn die Fähigkeiten der einzelnen Stadtplättchen sind nicht nur ein Vorschlag. Sie geben euch vor, welche Spielweise euch einen Vorteil verschaffen wird. In Athen ist das das Ausspielen von Politikkarten, in Olympia sind das Kulturaktionen und in Sparta ist das eben das Militär. Als Altersangabe ist für Khôra: Aufstieg eines Imperiums 14+ angegeben. Mit spielaffinen Kindern geht das aber auch schon jünger. Der Einstieg ist hier auf jeden Fall sehr einfach, da auch die Regeln überschaubar bleiben. Hochwertiges Spielmaterial, schöne Illustrationen und ein durchdachtes Schachtelinnere runden den guten Gesamteindruck noch ab. Daher ist Khôra für mich durchaus auch einen zweiten Blick über die Excel-Tabelle hinaus wert.
Euer Rating zu Khôra – Aufstieg eines Imperiums
Khôra – Aufstieg eines Imperiums ist auf Deutsch bei HUCH! erschienen.
Für die Review stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung.