Tiger und Löwen sind nicht die Renner in meinem Zoo. Wer hätte gedacht, dass es ausgerechnet die Nasenbären sind, die die Leute dazu bringen meinen Zoo zu besuchen? Doch die Besucher sind auch launisch, was die letzten Monate der große Besucher-Magnet war, kann in den nächsten Wochen schon wieder abflauen. Nur gut, dass wir ein neues Grundstück gekauft haben. Dort wird der große Magnet von unserem kleinen Zoo entstehen – Der Streichelzoo.
Arche Nova war eines dieser Brettspiele, wo schon im Vorfeld durch die Brettspiel-Blase ein ehrfürchtiges Raunen und kleines Verlangen ging. Schnell wurde das Spiel, in dem wir einen Zoo bauen, zum Hype. Nicht ganz unschuldig daran war natürlich auch die Tatsache, dass zur SPIEL 21 nicht jeder, der ein Exemplar haben wollte, eines bekommen konnte. Die Lieferketten-Corona-Suez-Kanal-Problematik tat ihr Übriges. Doch ein Hype ist ein Hype und nicht jedes Spiel, dass in Essen im entsprechenden Zug sitzt, schafft es dem Hype gerecht zu werden. Ob sich dies bei Arche Nova anders verhält? Wir werden versuchen, das in unserer Review zu Arche Nova herausfinden.
Viel Spaß beim Lesen!
Arche Nova das Brettspiel ohne Noah
Okay, eines muss ich gleich vorweg stellen: Ich gehe gerne in den Zoo. Schon seit frühster Kindheit – Viele wissen ja, dass ich ein Kind der DDR bin – war der Besuch im Berliner Tierpark eines meiner Highlights.
Bis heute hat sich diese Freude am Entdecken und Erleben im Zoo gehalten. Dazu kommt auch noch, dass die modernen Zoos unheimlich viel Geld und Ressourcen in ihre Arbeit stecken, um nicht nur zu lehren, sondern auch Arten zu erhalten, die es teilweise in freier Wildbahn nicht mehr gibt. Man denke nur einmal an die Przewalski-Pferde, die nur durch die Zoos überleben konnten.
Da ist es natürlich klar, dass ein Brettspiel wie Arche Nova, in dem der Zoo das zentrale Hauptthema ist, ein Pflicht-Kauf für meine Brettspiel-Sammlung sein musste. Doch Thema und Spielspaß sind immer zwei verschiedene Paar Schuhe und so manches Brettspiel ist zwar thematisch absolut genial, kann aber dann spielerisch nicht überzeugen. Entwarnung vorweg, bei Arche Nova ist dies nicht der Fall.
Zum Glück ist das Brettspiel mit den vielen Karten und den Zoos eigentlich recht simpel gestaltet. Mit nur 5 Aktionen baut ihr euren Zoo aus und bekommt dadurch nicht nur mehr Geld, sondern auch Siegpunkte. Wer dann am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt.
Die Qual der Wahl
Aber da die eigentlichen Aktionen recht überschaubar und auch schnell erklärt sind, wäre es kein Experten-Brettspiel, wenn es nicht noch den ein oder anderen Kniff geben würde, der mich am Tisch fesselt und den Kopf zum Grübeln bringt.
Ich habe die Qual der Wahl, denn welche Aktion ich mache, wird mir nicht durch das Wegnehmen von Aktionen auf dem Spielplan diktiert, sondern das muss ich selber entscheiden. Jeder am Tisch hat das gleiche Set an Aktionskarten: Gehege bauen, Tiere im Zoo unterbringen, Karten nachziehen, Sponsoren bzw. Fachkräfte anstellen oder mich um die große Zusammenarbeit für den Artenschutz kümmern.
Es kommt noch schlimmer, ich kann nämlich jede Aktion spielen, wann ich will. Ich kann jede Runde, ein Gehege bauen. Da gibt es keinerlei Beschränkungen. Die Grübelei kommt durch die Spiel-Mechanik und macht auch den Kern von Arche Nova aus. Denn jede Aktions-Karte wird stärker, je länger ich sie nicht spiele. Aber trotzdem muss ich jede Runde eine Aktions-Karte spielen.
So ist es beim Gehege bauen eben so, dass ich mit der einfachsten Aktion nur eben ein Gehege der Größe eins bauen kann. Warte ich allerdings bis die Aktion eine Wertigkeit von fünf hat, also nicht mehr auf dem Slot mit der Nummer eins, sondern eben mit der Nummer 5 liegt, darf ich sogar ein Gehege der Größe 5 bauen.
Oder ich baue ein 2er und ein 3er Gehege. Und es versteht sich ja von selbst, dass mein Elefant eher in das größere Gehege passt, als in das kleine 1er Gehege in dem ich eigentlich nur Goldäffchen unterbringen kann.
Und wer hätte es gedacht, das Abschätzen wann ich welche Aktion spiele macht mir einfach Spaß! Ganz so frei bin ich natürlich nicht in meinen Aktionen, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussieht, denn Gehege sind eins und das liebe Geld das andere.
Eine Arche braucht Geld, damit sie schwimmt
Auch ein moderner Zoo braucht Geld und so muss ich meine Attraktivität mit entsprechenden Tieren und Gehegen steigern, um Besucher und damit Geld anzulocken. Also braucht es weitere Tiere, die wiederum kosten auch Geld und das nicht zu wenig.
Während ein Esel noch recht günstig in den Zoo gestellt ist, braucht der Tiger nicht nur ne Menge Platz, er braucht auch ne ganze Stange Geld, um ihn in meinem Zoo unterzubringen. Und während dem Esel eine Wiese reicht, brauche ich für den Tiger auch schon wenigstens den ein oder anderen Forschungspunkt, damit ich weiß, wie ich den Tiger zu halten habe.
Und ihr ahnt es schon, solche Forschungspunkte fallen auch nicht vom Himmel und wollen bzw. müssen auch verdient werden und das kostet natürlich auch wieder Geld. Aber das Grübeln macht Spaß und Arche Nova gibt mir wenigstens das Gefühl, dass das Beherbergen eines stolzen Tigers eigentlich total einfach ist.
Natürlich hielt ich als Neuling so lange an meinem Tiger-Plan fest, bis ich diesen hatte, was mich unterm Strich aber soviel Geld und Aktionen gekostet hatte, dass ich dann feststellen musste: Ein gefährdetes Tier alleine in einem Zoo macht noch keinen Publikumsmagneten. Es ist die Mischung aus den verschiedensten Tieren, die zum Sieg führt.
Karten, Karten und noch einmal Karten
Wenn ihr euch ein Arche Nova bestellt und auch zum Subtyp Brettspiel-Sleever gehört, dann bestellt auch gleich noch ein paar Packen Sleeves dazu. Arche Nova kommt nicht nur mit einer Handvoll Karten daher, es sind über 250 Karten enthalten und sehr viele davon sind einzigartig. Und genau diese Vielfalt ist es, die den Reiz von Arche Nova ausmacht. Denn es gibt eben nicht diese eine Engine, die ich aufbauen kann.
Vielleicht habe ich in einer Partie zuvor eine schöne Kette an Karten entdeckt, die mir unheimlich viele Punkte eingebracht haben. Aber auf Grund der hohen Anzahl an Karten, heisst es nicht, dass ich diese Karten auch in einer weiteren Partie zu Gesicht bekomme. Selbst in einer 4er Partie haben wir es nicht geschafft, durch den Kartenstapel komplett durchzukommen.
Allerdings sind die Karten auch das größte Problem, was Arche Nova hat. Denn selbst wenn ich mich dynamisch auf die neue Situation einstelle, kann es sein, dass die Kartengötter oder die Mitspieler am Tisch mir nicht wohl gesonnen sind und meine Engine einfach vor sich hin stottert und ich im Grunde den anderen Leuten hinterherlaufe und der Sieg etwas ist, was für mich nicht zu erringen sein wird.
Arche Nova versus Terraforming Mars
Natürlich muss ich auch auf diesen Vergleich eingehen, denn es gibt ein Element, was Terraforming Mars ausmacht, in Arche Nova aber nur ein Bestandteil ist. Das sind natürlich die schon beschriebenen Karten. Auch in Arche Nova kann ich nicht jede Karte einfach so ausspielen. Viele Karten kann ich eben erst ausspielen, wenn ich deren Vorraussetzungen erfülle. Das kann die Gehege-Größe sein oder aber auch, dass ich eine bestimmte Anzahl an Raubtieren in meinem Zoo haben muss.
Aber das ist aus meiner Sicht schon alles, was die beiden Spiele gemeinsam haben: Der Engine-Karten-Baumechanismus
Denn Arche Nova ist einfach mehr: Da es eine bunte Mischung aus verschiedenen Mechaniken ist, ist es für mich das bessere Terraforming Mars. In Arche Nova haben wir den Kartenmechanismus, wir haben zwei entgegen laufende Siegpunkt-Leisten – Rajas of the Ganges lässt grüßen, es gibt den Karten-Werden-Besser-Mechanismus und noch zwei, drei weitere Mechanismen, die auch schon in anderen Brettspielen zu sehen waren.
Damit ist Arche Nova jetzt nicht das Brettspiel, was mit einem besonders innovativen Mechanismus daherkommt, aber das ist aus meiner Sicht auch gut so. Ich habe lieber viele bekannte Mechanismen auf dem Tisch, die gut miteinander harmonieren, als einen neuen Mechanismus, der zwar genial ist, aber nicht ganz zum Spiel passt.
Und durch den Wiedererkunngswert der einzelnen Mechaniken ist es auch nicht schwer, sich als Vielspieler im Spiel zurechtzufinden. Apropos Vielspieler: Selbst zu viert ist Arche Nova ne flotte Nummer, wenn jeder am Tisch die Regeln kann. Weil ich eben nicht die Downtime habe, wie sie bei Terraforming Mars der Fall ist. Bei Terraforming Mars kann es schon sein, dass ich keine Aktionen mehr machen kann, während die anderen Spieler noch fleißig am Zug sind. Das ist bei Arche Nova nicht der Fall. Bin ich am Zug, kann ich eine Aktion machen und dadurch fühlt sich das Brettspiel viel flotter an.
Bauen wir wirklich einen Zoo in Arche Nova?
Wenn ich etwas nicht mag an Arche Nova, dann sind das nicht die Illustration oder die fehlende Mechanik-Innovation. Es ist das spielerische Gefühl, denn das Auf- und Ausbauen des Zoos fühlt sich für mich nicht wirklich so an. Und dass es ein moderner Zoo sein soll, kommt auch nicht dabei rüber. Denn ob ein Gehege besetzt mit einem Tier ist oder nicht, wird nur durch das Umdrehen von den Gehege-Plättchen angezeigt. Ich weiß noch nicht einmal, welches Tier eigentlich in welchem Gehege beherbergt ist.
Ich kann in Arche Nova eine Strategie fahren, mit der ich eigentlich keine Tiere in meinem Zoo beherberge und trotzdem mit um den Sieg spiele. Hier kommt dann in Arche Nova doch das Euro-Game durch. Auch die aus anderen Vertretern aus dem Genre nicht wirklich vorhandene Spieler-Interaktion kommt ebenso bei Arche Nova zum Tragen.
Was mich gar nicht stört, sind die Illustrationen der einzelnen Karten. Denn diese passen genau zum Thema. Sie erinnern mich stark an die Info-Hefte, die ich auch schon im Kindesalter immer aus dem Berliner Tierpark mitgebracht habe und die ich wie einen Schatz gehütet habe.
Arche Nova bleibt im Brettspiel-Regal
Gleich schon bei der ersten Partie habe ich gemerkt, dass der Feuerland Verlag hier ein verdammt gutes Händchen hatte. Arche Nova hat mich einfach von der ersten Minute an gepackt. Das stimmige Zusammenspiel der einzelnen Komponenten sorgt nicht nur für ein geschmeidiges Spielgefühl. Nein, es sorgt auch dafür, dass jede Partie anders ist. Ich muss mich jedes Mal aufs Neue auf das Spiel einstellen.
Strategien, die vielleicht ein paar Mal funktionierten, können in einer weiteren Partie krachend auf dem Boden landen. Doch in den meisten Fällen findet sich eine weitere Möglichkeit, trotzdem noch Punkte aus der Engine rauszukitzeln.
Somit steht für mich auf alle Fälle fest: Die Arche Nova ist in meinen Brettspiel-Hafen eingelaufen und wird so schnell nicht daraus verschwinden.
Update 1: Arche Nova steht auf der Empfehlungsliste zum Kennerspiel des Jahres 2022.
Update 2: Arche Nova hat den 18. Beeple Award gewonnen.
Euer Rating zu Arche Nova
Arche Nova ist auf Deutsch beim Feuerland Verlag erschienen.
Für die Review stand uns ein kostenreduziertes Exemplar zur Verfügung.