Review - Fate Flip: Verschollen

Fate Flip: Verschollen – Alleine auf der Insel

Fate Flip: Verschollen - CoverDie Sonne brennt auf meinen Schädel. Unter meinen Fingern spüre ich Sand. Hinter mir dröhnt das Meer unerbittlich und brandet mit jeder Welle über meine nackten Füße. Nur undeutlich kann ich mich an die Welle erinnern, die mich vom Schiff gespült hat. Mit einem Stöhnen und unter Schmerzen setze ich mich auf. Ich bin alleine und verschollen an einem fremden Gestade. Wie soll ich das bloß überleben?

Dies ist wieder einer der wenigen Momente, in denen wir hier auf dem Blog ein Auge auf ein reines Solo-Spiel werfen. Fate Flip: Verschollen von Johannes Krenner ist eine Mischung aus Palm Island und einem Chose-your-own-Adventure-Erlebnis. Wie uns das Kartendrehen von Frosted Games gefallen hat, erfahrt ihr in unserer Review.

Viel Spaß beim Lesen!

Vorfreude ist die schönste Freude

Ich freue mich schon seit unserer Essen-Vorschau 2024 im Podcast auf Fate Flip: Verschollen. Es war eines der Spiele, die ich dort als eines meiner möglichen Highlights ausgemacht hatte. Damals noch nur auf Englisch erhältlich, wurde meine Vorfreude gleich nochmal angestachelt, als Frosted Games das Spiel noch für dieses Jahr auf Deutsch ankündigte. Guter Verlag für ein hoffentlich ebenso gutes Spiel. Also auf geht’s und rauf auf die Insel.

Das 1×1 des Überlebens

Regeltechnisch ist Fate Flip recht einfach gestrickt. In der Anleitung gibt es eine praktische Symbolübersicht und einige Beispiele, wie wir diese abzuhandeln haben. Das eigentliche Spiel wird aber auch auf den ersten Karten des Stapels erklärt. So gehen die kurze Anleitung und die Erklär-Karten Hand in Hand, was einen schnellen Einstieg ermöglicht, damit wir gleich loslegen können.

Fate Flip: Verschollen - Anleitung

Zentrales Element ist immer die Karte mit meinen aktuellen Werten. Das sind im ersten Kapitel Sicherheit, Energie und Nahrung. Diese werden mit Klammern am Rand der Karte markiert und die Übersichtskarte liegt immer vor mir auf dem Tisch. Durch meine Entscheidungen ändern sich die Werte und ich muss darauf achten, möglichst nicht auf null zu fallen. In vielen Fällen ist damit dann nämlich das Ende meiner Reise eingeleitet.

Außerdem lege ich noch den Stapel mit Gegenständen zur Seite. In meiner Hand habe ich immer ein oder mehrere Karten meines aktiven Stapels und dann auf dem Tisch noch den restlichen Kartenstapel. Ich lese also zunächst den Text auf meiner obersten Karte und habe dann mehrere Aktionsmöglichkeiten zur Auswahl.

Die Qual der Wahl

In meiner allerersten Entscheidung, die ich hier als Beispiel nutzen möchte, kann ich mich zunächst ausruhen, denn Schiffbruch erleiden ist nun einmal anstrengend. Ich kann mich aber auch erst weiter umsehen. Ich verliere entsprechend zunächst Sicherheit und erhalte durch das Ausruhen Energie oder ich erhalte Sicherheit und eine weitere Karte durch das Erkunden und verbrauche etwas von meiner Nahrung. In beiden Fällen wird meine aktive Karte über die kurze Seite geflipt und als letzte Karte hinter meinen aktiven Stapel geschoben. Damit erwartet mich beim nächsten Mal, wenn die Karte vorn auftaucht, ein anderer Abschnitt der Karte mit anderen Entscheidungen, die auf meiner vorherigen Entscheidung basieren. Was das genau ist, kann ich oft schon aus dem atmosphärischen Beschreibungstext erahnen, es sind aber auch einige überraschende Wendungen dabei.

Fate Flip: Verschollen - Entscheidung

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Manche Karten lassen sich, ohne dass sie geflipt werden einfach hinter den Stapel stecken und man kann so größere Entscheidungen auf später verschieben, wenn man sich bereit dafür fühlt und nicht Gefahr läuft, aufgrund von Energie- oder Nahrungsmangel bald seine letzte Entscheidung getroffen zu haben. Wichtige Fixpunkte in der Geschichte bringen mir außerdem neue Karten in meinen aktiven Stapel, mit denen ich neue Bereiche der Insel erkunden kann.

Ich versuche natürlich so gut es geht zu verhindern, dass meine Statuswerte auf null sinken. Da ich die Auswirkungen meiner aktuellen Entscheidung in Form von Statusänderungen zumindest teilweise überblicken kann, gelingt dies meist relativ gut. Eine Entscheidung in eine bestimmte Richtung, die ich vielleicht nur getroffen habe, weil die Alternative bedeutet hätte, dass ich meine letzte Nahrung verliere, kann mir aber durchaus später auf die Füße fallen.

Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm

Hilfreich beim Überleben auf der Insel sind zudem die zahlreichen Gegenstände, die es zu entdecken gilt. Das ist vor allem ein Anreiz für weitere Partien. Ich weiß, dass es irgendwo ein Messer im ersten Kapitel gibt, aber vielleicht habe ich das bei meinem ersten Anlauf nicht gefunden und versuche einen anderen Weg durch die Geschichte. Die Gegenstände eröffnen auf einigen Karten weitere Entscheidungsmöglichkeiten. Habe ich ein Seil, kann ich damit viel einfacher klettern als ohne. Ein passender Gegenstand erspart mir häufig das Abziehen von Statuswerten, und ich komme mit ihnen so schneller und einfacher ans Ziel.

Fate Flip: Verschollen - Gegenstände

Mach’s noch einmal, Sam

Insgesamt gibt es drei Kapitel, die durchgespielt werden können. Ob ich diese in einem Durchlauf erreiche, ist allerdings nie wirklich sicher. Insgesamt gibt es 13 Enden bei Fate Flip: Verschollen zu entdecken, diese sind aber bei Weitem nicht alle nach Kapitel 3 angesiedelt. Ich lerne natürlich dazu und weiß nach einigen Durchläufen, wo die Stolpersteine sind, die es zu vermeiden gilt, wenn ich beim nächsten Mal weiter kommen möchte. Oder zumindest kann ich es erahnen.

Was mich allerdings ein wenig gestört hat, ist die Auswahl der Entscheidung nach ebendiesen wichtigen Werten auf der Karte. Von der textlichen Beschreibung her hätte ich so manches Mal lieber etwas anderes gewählt, aber das hätte auch bedeutet, hier jetzt aufzuhören und dabei ein bereits bekanntes Ende auszulösen. Ich verstehe natürlich, dass der Reiz nun darin liegen sollte, an derselben Stelle mit anderen Werten anzukommen, damit ich die Freiheit habe, diese Entscheidung so zu fällen. Ich muss aber leider sagen, dass mir hier der Ehrgeiz fehlt, wirklich jedes Ende auch zu finden.

Nach ein paar Durchläufen fühlt sich insbesondere Kapitel 1 sehr repetitiv an. Den Übergang zu Kapitel 2 hatte ich beim dritten Durchlauf nach meinem Empfinden so optimiert, dass ich kaum etwas ändern würde. Ich habe mir also ein Foto der aktuellen Situation gemacht, um einfach am selben Punkt mit denselben Voraussetzungen mit Kapitel 2 starten zu können. So hat mir das Herumprobieren in Kapitel 2 auch wieder mehr Spaß gemacht.

Fate Flip: Verschollen - Statuskarte

Robinsonade mit ein paar Twists

Wenn ich jetzt zur Story komme, so ist diese recht unspektakulär. Die Texte sind gut geschrieben und auch atmosphärisch, treten aber mit ansteigender Anzahl an Durchläufen immer mehr in den Hintergrund. Die drei Kapitel unterscheiden sich grundsätzlich durch die Werte auf der Statuskarte, die sich komplett verändern, was dem veränderten Setting zuzuschreiben ist, das ich hier aber nicht spoilern möchte.

Wer in seinem Leben schon einmal ein Buch oder einen Film zum selben Thema gelesen oder gesehen hat, der wird hier aber auch nicht wirklich überrascht. Nicht umsonst wird auf den Kapitelkarten Daniel Defoe zitiert, der Autor von Robinson Crusoe. Die hier durchlebte Robinsonade unterscheidet sich zwar vom Schicksal von Defoes Protagonisten, die darunterliegenden Handlungsstränge sind aber ähnlich. Es wird zwar versucht, auch auf die psychische Verfassung unseres Protagonisten einzugehen, es fehlt aber die Tiefe der bedrückenden Einsamkeit, die bei Defoe deutlich wird.

Aus nachvollziehbaren Gründen haben wir auch keine Bibel, die uns zum rettenden Glauben führt und Anflüge von Überlegenheit gegenüber Anderen führen uns eher einem schnellen Ende entgegen, als dass sie uns helfen würden. Hier ist ein deutlich modernerer Ansatz spürbar, der mich jedoch nicht wirklich fesseln konnte.

Fazit

Natürlich erwarte ich von Fate Flip: Verschollen auch keine literarische Tiefe. Ich erwarte mir gute Unterhaltung mit spannenden Entscheidungen und einem Spielreiz, der mich dazu antreibt, mich dem Abenteuer auch mehrfach stellen zu wollen. Habe ich das bekommen? Nun, ich würde sagen, zum Teil. Der Spielreiz hat für mich in dem Moment nachgelassen, als ich es durch Kapitel 3 hindurch geschafft hatte und es quasi nur noch galt, weitere Enden zu finden.

Die Durchläufe, die zwischendrin geendet hatten, haben sich wie ein zu frühes Ende angefühlt, als würde ein Teil fehlen und als hätte ich versagt. Versteht mich nicht falsch, nicht alle diese Enden sind negativ, das Gefühl, eine Sache unerledigt gelassen zu haben, war trotzdem da. Daher waren die weiteren Durchläufe danach auf der Suche nach mehr der 13 Enden dann auch nicht mehr so befriedigend, hatte ich das große Ganze doch bereits erreicht.

Je nachdem, wie lange ihr benötigt, um einmal durch alle Kapitel zu spielen, würde ich daher bei einem durchschnittlich motivierten Menschen davon ausgehen, dass im Mittel so 5 bis 6 Enden entdeckt werden, bevor die Luft dann raus ist.

Der Reiz der Entscheidung und der Faktor Unterhaltung nimmt trotz der sehr gut geschriebenen Storyteile nunmal mit steigender Anzahl an Partien ab. Das klingt jetzt aber womöglich negativer, als ich es meine. Ich habe mich gerne hingesetzt und meine Partien Fate Flip: Verschollen gespielt. Wir spielen ja selten Solo und da wähle ich mir meine Spiele schon gut aus. Hier hat mich das Spiel keinesfalls enttäuscht.


Euer Rating zu Fate Flip: Verschollen


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Fate Flip: Verschollen ist bei Frosted Games erschienen.

FateFlip: Washed Ashore (2024)
Spieler:
1 - 99
Dauer:
35 Min
Alter:
10+
BGG Rating:
7.51
Verlag:
Frosted Games
BGG:

Für die Review stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.

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