Review: HEAT - Pedal to the Metal

HEAT: Pedal to the Metal – Auf dem Brettspiel-Rundkurs ins Ziel

Schweiß steht mir auf der Stirn. Nicht nur durch die Abwärme des Motors, der schon zu oft im roten Bereich war. Nein, die Anstrengung des Rennens, fordert ihren Tribut. Runde um Runde nähert sich das Rennen seinem Ende, bis es jetzt in der letzten Runde um alles geht. Doch vor dem Ziel kommt noch eine scharfe und enge Kurve. Mein Herz beschleunigt sich immer mehr. Halten die Reifen noch und insbesondere der Motor? Ich muss mich entscheiden. Nur wenn ich als Erster aus der Kurve heraus beschleunigen kann, habe ich eine Chance auf den Sieg.

Brettspiele mit Rennthema gibt es einige. Doch irgendwie konnten diese gefühlt nicht die große Brettspiel-Masse erreichen. HEAT Pedal to the Metal scheint dies gelungen zu sein. Seit seinem Erscheinen zur SPIEL’22 erfreut sich das Brettspiel von Asger Harding Granerud und Daniel Skjold Pedersen großer Nachfrage. Natürlich liegt das auch daran, dass HEAT nicht so einfach zu bekommen ist. Aber trotzdem ist es eines dieser Spiele, das zurückblickend auf das letzte Spielejahr, erstaunlich oft auf dem Tisch gelandet ist. Wirklich jede Partie endete bei uns mit Begeisterung und Lust auf eine weitere Partie. Wir werfen den Motor an und schauen, dass die Hitze bzw. HEAT uns nicht die Finger verbrennt in der Review zu dem Brettspiel.

Viel Spaß beim Lesen!

HEAT – Neuer Motor in altem Gewand

Als ich letztes Jahr gelesen hatte, dass HEAT erscheinen soll, war es klar für mich: Das ist ein Pflichtkauf. Nicht weil ich so ein großer Formel-1 Fan bin, sondern weil ich ein großer Flamme Rouge Fan bin und HEAT der geistige Nachfolger dieses Spiels ist. Denn Flamme Rouge, das Brettspiel in dem wir ein Radrennen bestreiten, ist eines dieser Spiele, wo ihr mich um drei Uhr morgens wecken könnt und ich zocke garantiert mit euch.

Natürlich hat damit HEAT auch schon ein schweres Erbe, denn die Erwartung meinerseits ist natürlich immens hoch. Und ihr wisst ja, oft genug kann das neue Brettspiel diese einfach nicht erfüllen und wird dadurch noch weiter abgestraft.

Aber soviel vorweg: HEAT hat mich nicht enttäuscht und meine Erwartungen komplett erfüllt. Und das nicht, weil es eigentlich ein Flamme Rouge 2.0 ist, sondern weil es eben den Vorgänger genommen und die essenziellen Teile in etwas Neues verpackt hat.

Brettspiel HEAT Spiel-Tableau

Aber zurück an den Start und noch einmal schnell erklärt, wie sich HEAT denn eigentlich überhaupt spielt. Und das ist im Prinzip sehr einfach gestaltet. Alle am Tisch haben das gleiche Kartendeck mit Geschwindigkeitskarten. Je nach gewähltem Gang spiele ich nun zwischen einer und vier Karten aus und bewege dann meinen kleinen Plastik-Rennwagen um entsprechend viele Felder. Wenn das jeder getan hat, geht es schon in die nächste Runde und wieder spielen wir Karten aus.

Klar, das ist natürlich nur der Grundmechanismus, der Teufel steckt hier im Getriebe bzw. im Detail. So darf ich Kurven nur mit einer maximalen Geschwindigkeit nehmen, ansonsten flieg’ ich aus diesen raus. Aus eigener Erfahrung, kann ich sagen, eine falsch genommene Kurve mit Schleudern garantiert einem schon den letzten Platz. Ganz wie im wahren Rennfahrer-Leben.

HEAT klappt fast immer

Jedoch ist es ja so mit Brettspielen, nicht jedes Spiel kann jeden überzeugen. Und auch bei HEAT braucht es dem Hören-Sagen nach die richtigen Leute. Was ich allerdings nicht bei unseren Partien feststellen konnte. Jeder, der mit mir am Tisch um den Sieg gefahren ist, war danach auch hin und weg von dem Spiel. Vielleicht nicht so sehr, dass es gleich gekauft werden musste, aber eine weitere Partie ging immer. Und dabei war es in den meisten Fällen auch so, dass hier kein gesteigertes Interesse am Motorsport vorhanden war, sondern HEAT einfach durch den Spielspaß überzeugen konnte.

Natürlich haben auch die recht überschaubaren Regeln ihren Anteil dazu beitragen, dass HEAT vom Start weg an Fahrt gewinnt. Und selbst, wenn die ein oder andere Regel vielleicht nicht gleich sitzt, so ist ja zumindest in den meisten Fällen eine Person am Tisch, die die Regeln kennt und so auch irgendwie Fahrlehrer spielen und die Situation auch dem Fahranfänger oder der Fahranfängerin erklären kann.

Brettspiel HEAT Rennen

Aber wenn die Regeln erst einmal sitzen und die erste Runde im Rennen abgeschlossen ist, geht es um alles oder nichts. Da fiebere ich mit meinem kleinen Auto aus Plastik mit. Ich versuche taktisch an das Rennen zu gehen. Gehe ich das Risiko ein und nehme die Kurve dann doch etwas schärfer als gewollt, um danach möglichst schnell beschleunigen zu können? Oder aber spare ich mir mein Können auf, um auf der langen Gerade das Gaspedal richtig durchzutreten? Das sind zwar nur kleine Entscheidungen, allerdings mit großen Auswirkungen auf das Spielgeschehen.

Denn nicht nur mein Auto muss ich im Auge behalten, sondern auch meine Gegner. Wie spielen sie ihre Karten aus? Werde ich in den Windschatten geraten, um dadurch an meinem Gegner vorbeirauschen zu können? Dadurch wird das Brettspiel dann eben doch mehr zu einer kleinen Rennsimulation, die natürlich nicht zu 100% alles perfekt abbildet. Und das ist auch gut, denn HEAT schafft den Spagat zwischen einem spielerischen und leichten Einstieg in die Brettspielwelt und spannenden Wettrennen mit einem Thema, was vielleicht nicht jedem Spieler oder jeder Spielerin gleich zusagt.

HEAT mit plattem Reifen

Allerdings gibt es bei HEAT auch ein kleines Problem. Nicht jeder, der es kaufen wollte, bekommt es auch. Während ich durch meine Liebe zu Flamme Rouge wusste, dass HEAT ein Pflicht-Kauf zur SPIEL 22 ist, warteten andere Spieler und Spielerinnen ab und wollten vielleicht erst einmal eine Probepartie spielen. Allerdings konnte der angehende HEAT-Spielende dies nicht einfach so beim Händler um die Ecke kaufen. Denn Asmodee Deutschland hat als Vertriebsweg exklusiv Thalia ausgewählt und auch hier am Anfang nur die Ladengeschäfte, so dass die Spielerschaft schon recht viel Glück haben musste überhaupt eines zu bekommen. Denn auch die eigentlichen Stückzahlen waren begrenzt.

Warum dieses Modell gewählt wurde, kann ich nur vermuten. Aber vielleicht führte auch diese Verknappung dazu, dass der Hype um HEAT einfach nicht abbrechen wollte. Denn dass HEAT trotz der knappen Exemplare auf dem deutschen Spielemarkt einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, zeigt nicht nur die bleibende Begeisterung in unserem Spielehaushalt, sondern auch die Nominierung für den Deutschen Spiele Preis 2023, wo HEAT sich immerhin den dritten Platz sichern konnte. Vielleicht hätten mehr verkaufte Einheiten hier auch höhere Plätze eingebracht.

Brettspiel HEAT Karten

Aber das ist natürlich ein wenig Spekulation, mit einer Prise Wunschdenken des hier schreibenden Autors. Denn dieser möchte natürlich nicht, dass HEAT das gleiche Schicksal erleidet wie damals Flamme Rouge, was nur als Geheimtipp gehandelt wurde und nicht in der großen breiten Spielerschaft bekannt war. Diese Spielerschaft könnte wachsen, denn wenn der Exklusiv-Deal mit Thalia ausläuft, werden auch neue Spieler und Spielerinnen in den Genuss von heißen Reifen auf kaltem Asphalt werden.

Doch nicht nur in Deutschland ist HEAT gefragt, auch in anderen Ländern sind Spieler und Spielerinnen auf der Suche nach dem Brettspiel. Zum Zeitpunkt dieses Artikels Oktober 2023 scheint es nicht wirklich viele Bestände von HEAT weltweit zu geben und der Nachdruck zu dem Brettspiel mit Rennthema wird heiß erwartet.

Da kommt noch mehr Hitze auf uns zu

Rückblickend auf das Spielejahr 22 war HEAT für mich ein großes Highlight. Schon die erste Partie machte Lust auf mehr. Auch wenn im Grundspiel nur Platz für vier Rennstrecken ist und ich dadurch schon einige Strecken mehr als einmal besucht habe, ist jede neue Partie immer wieder nervenaufreibend. Und seien wir mal ehrlich, auch im realen Rennsport, werden immer wieder die gleichen Strecken befahren und dennoch schauen die Fans gespannt zu.

Allerdings werden doch gelegentlich mal neue Strecken gebaut und der Rennzirkus nutzt diese. Dass das bei HEAT auch irgendwie passieren wird, gilt schon als gesichert. Neben Rennkarten, die von Fans erstellt wurden, haben die Designer auch schon angekündigt, dass es mindestens eine Erweiterung geben wird. Und auch das Inlay der Box zeigt, dass Days of Wonder hier schon an die Zukunft gedacht hat.

Auch die Grundversion des Brettspieles kommt schon mit Erweiterungen, für alle die, die nicht auf neue Erweiterungen warten können. Okay, es sind Module und keine eigentlichen Erweiterungen. Je nach Lust und Erfahrung kann ich mit unterschiedlichen Bedingungen über den Asphalt heizen. Wie wäre es mit Regen oder angepassten Kurven? Alles gleich vom Start an vorhanden in HEAT.

Einen Bonbon gibt es dann auch noch, für alle, die nicht genug bekommen können. So kann ich auch eine richtige Rennsaison spielen, mit verschiedenen Strecken. Ich spiele nicht nur um einen Gesamtsieg. Ich kann auch zwischen den einzelnen Rennen meinen Wagen bzw. mein Deck modifizieren. So passe ich meinen Wagen meinem Fahrstil an.

Allerdings braucht es dazu spielerische Erfahrung. Dieses Modul benötigt nicht jeder. Genug Spielspaß findet jeder im Grundspiel, wer nur einmal mit seinem heißen Boliden über den Asphalt in HEAT fahren will.

Was es allerdings braucht, ist aus meiner Sicht die Mitspielenden. Bis zu sechs Rennfahrer oder Rennfahrerinnen können ihr spielerisches Können beweisen. Zwar gibt es auch eine Möglichkeit, fehlende Mitspielende auszugleichen. Aber diese können eben noch keine Emotionen am Tisch simulieren. Und das ist für mich der wichtigste Punkt bei HEAT: Die Gesichter und Gefühlsausbrüche, die sich bei einer Partie HEAT zeigen.

Und während ich die Zeilen hier schreibe, kribbelt es schon wieder in meinem Fuß. – Der Drang, das Pedal bis zum Anschlag durchzudrücken und mit genug HEAT, ein Rennen zu gewinnen.

Asger Harding Granerud und Daniel Skjold Pedersen

Und dann wundert es auch nicht, dass HEAT den 22. Beeple Award gewonnen hat.


Euer Rating zu HEAT: Pedal to the Metal


Duelliert ihr euch gerne am Spieltisch?

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HEAT: Pedal to the Metal ist bei Days of Wonder erschienen.

Heat: Pedal to the Metal (2022)
Spieler:
1 - 6
Dauer:
30 - 60 Min
Alter:
10+
BGG Rating:
8.15
Verlag:
Days of Wonder
BGG:

Für die Review stand uns ein selbst erworbenes Exemplar zur Verfügung.

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