Das Feuer breitet sich immer weiter aus. Zischend und fauchend wie ein Raubtier, das in die Enge getrieben ist, greift es immer wieder an. Von alleine kann sich der Wald dagegen nicht wehren. Es ist an uns, den Waldgeistern, dem Wald beizustehen. Aber auch wir können den Living Forest nur retten, wenn wir mit den Tieren des Waldes zusammen arbeiten und so rufen wir sie alle zu Hilfe, um am Ende das Feuer zu löschen und den bösen Gott Onibi zu besiegen.
Living Forest von Pegasus stand schon auf meiner Wunschliste zur SPIEL 2021. Doch es fehlte der entscheidende Kaufdrang. Zum einen lag es daran, dass das Brettspiel von Ludonaute nur in Französisch oder Englisch verfügbar war und zum anderen auch daran, dass ich am gleichen Stand die Wahl zwischen Welcome to the Moon und eben Living Forest hatte.
Meine Wahl fiel dann letztendlich auf Welcome to the Moon und da man ja genug Brettspiele im Hause hat, ist es natürlich auch nicht schlimm gewesen. Und wie der Artikel hier zeigt, ist es ja nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Living Forest im Haushalt Einzug gehalten hat. Ob sich das gelohnt hat, das werde ich in meinem Artikel näher beleuchten.
Viel Spaß beim Lesen!
Deja Vu mit Living Forest
Als ich das erste Mal Living Forest spielte, konnte ich das Gefühl nicht loswerden, dass ich dieses Brettspiel schon irgendwann einmal auf dem Tisch hatte. Das Ziehen der Karten mit dem Push Your Luck Element, der Deckbau, das Ergattern von Siegpunkten, das kam mir alles bekannt vor und auch das Thema war mir schon einmal untergekommen.
Irgendwann machte es Klick. Natürlich Living Forest glich Mystic Vale in sehr vielen Punkten. Wie bei Mystic Vale zieht ihr nämlich auch Karten von eurem Deck. Allerdings könnt ihr jederzeit aufhören oder eben weitermachen. Ein Riegel wird euch erst dann vorgeschoben, wenn ihr drei Einzelgängersymbole in eurer Auslage habt, bei Mystic Vale sind es drei Dürre-Symbole. Dann hat das Kartenziehen in Living Forest erst einmal Pause und ihr dürft nur eine der fünf Aktionen machen. Stoppt ihr dagegen rechtzeitig und habt eben nur maximal zwei Einzelgänger in eurer Auslage, dürft ihr zwei der fünf möglichen Aktionen machen. Wie heißt es doch so schön im Living Forest: „Vorsichtig nährt sich das Eichhörnchen.“
Denn die Anzahl der Aktionen kann schon essenziell sein. Überreize ich jedes Mal mein Glück, werden mir meine Mitspielenden am Tisch die Rechnung dafür rasch präsentieren. Ich werde einfach abgeschlagen, ihren Punkten nur hinterherlaufen. Und Laufen ist hier auch schon wortwörtlich zu nehmen. Living Forest ist nämlich letztlich ein Wettrennen um die kostbaren Punkte und die damit verbundenen Siegbedingungen.
Bei 12 ist Schluss
Habe ich oder ein anderer am Tisch 12 Feuertoken, 12 verschiedene Bäume oder 12 Blumen gepflanzt, ist Schluss. Dann kommt keine weitere Runde mehr, um vielleicht auch noch eine der drei Bedingungen zu erfüllen.
Also beginnt ab der ersten Runde auch das Rennen. In jeder Runde versuche ich, mir mindestens einen Punkt zu sichern, besser wäre es allerdings sogar zwei oder mehr mitzunehmen. Die Aktionen ermöglichen mir auch genau dies. Mit der Aktion Feuer Löschen zum Beispiel komme ich an die Feuertoken. Mit der Aktion Baum pflanzen komme ich, wer hätte es gedacht, an Bäume. Allerdings mit einem kleinen Unterschied, so kann ich in jeder Runde maximal einen Baum pflanzen. Also bräuchte ich mindestens 12 Runden, um den Sieg zu erringen.
Ich kann dies aber auch schon in 6 Runden schaffen. Zum einen habe ich nämlich schon zum Start zwei Bäume in meinem Besitz und geschickt gewählte Bonusaktionen, können auch dazu führen, dass ich dieses Limit absolut regelkonform aushebeln kann.
Eine weitere Aktion ist nämlich das Bewegen meines Waldgeistes im Steinkreis des Living Forest. Hier kann ich gesammelte Schritte aus meiner Deckauslage ausgeben, um mich in diesem Rundkurs geschickt vorwärtszubewegen.
Dadurch komme ich nicht nur an die Bonusaktionen, die den normalen Aktionen gleichen, sondern ich kann auch meine Gegner überholen. Und die lassen vor Schreck, weil ich sie überhole, dann auch noch den ein oder anderen Bonustoken fallen. Darunter natürlich eben auch deren eigene Bäume oder ihr eigenes Feuer, was wir alle schon von Spielbeginn an haben. Also heisst es Augen auf, denn ich muss schauen, was auch die Anderen am Tisch machen.
Living Forest – Erfolg durch Schlichtheit
Bis jetzt war jede Partie Living Forest spannend und auch aufregend. Denn entgegen meinen ersten Befürchtungen, ist nicht das Sammeln von Feuertoken der Weg zum Ziel. Was ich am Anfang als zu übermächtig hielt, hat sich mittlerweile widerlegt. Denn nicht das Sammeln der Feuertoken führt zum Sieg, sondern das Anpflanzen der Bäume. Hier schaut meine Sieg-Statistik deutlich besser aus, auch weil ich natürlich über das Anpflanzen immer unabhängiger von meiner Kartenhand werde und deswegen nicht unbedingt mehr Karten brauche. Was dann auch wieder ein Dämpfer für Mitspielende ist, die Feuertoken sammeln müssen.
Denn Feuertoken kommen nur dann ins Spiel, wenn die Spielenden Karten kaufen und damit für einen stetigen Nachschub an den Token sorgen. Aber egal welche Strategie man verfolgt: Bis jetzt konnte ich bei verschiedenen Gruppen immer wieder beobachten, welche Faszination das Brettspiel ausübt. Sei es durch die schönen Spielmaterialien, die einfach zum Spielen einladen oder eben die relativ simplen Regeln. Jeder war einer weiteren Partie nicht abgeneigt.
Trotzdem bleibt das Spiel nicht auf dem einfachen Niveau, was vielleicht die Schachtel und die Illustrationen versprechen. Wie schon meine Überlegungen zur richtigen Strategie zeigen, ist mit dem späteren Spielverlauf nicht einfach Schluss, sondern es bietet genug strategische Tiefe. Allerdings spielt in späteren Partien das Glück eine immer größere Rolle. Denn ich kann zwar versuchen, das Beste aus meinen Karten zu holen, wenn ich aber nicht die richtigen Karten bekomme und ich damit keine Bäume anpflanzen kann oder mir keine besseren Karten kaufen kann.
Living Forest – ein Feel Good Spiel
Aber das macht für mich Living Forest auch zu einem Familienspiel bzw. ein angenehmes leichtes Kennerspiel. Da kann ich mich auch mal schön ärgern, wenn ich dann doch noch eine Karte mehr ziehe und es die Falsche Entscheidung war. Oder aber es ist genau die passende Karte, die mich dann zum Sieg führt.
Auf alle Fälle macht mir Living Forest durch genau diese Momente einfach Spaß. Ob ich dann gewinne oder verliere ist reine Nebensache. Jasmin und ich hatten das öfteren ja einmal von Feel-Good-Brettspielen gesprochen. Spiele die eben durch ihre Thematik und ihr Mechanismen einfach nur schön zum spielen sind. Im letzten Jahr war dies zum Beispiel Meadow.
Für mich gehört in diesem Jahr Living Forest auf alle Fälle dazu und ja, ich ärgere mich ein wenig, dass ich damals in Essen nicht doch schon bei Living Forest zugeschlagen habe. Und ich kann auch Harald Schrapers verstehen, wenn er dieses Spiel herausragend nennt. Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber die generelle positive Einstellung gegenüber dem Brettspiel, kann ich auf alle Fälle teilen.
Und daher auch von mir eine klare Aufforderung an euch, dass ihr mit diesem Spiel auf alle Fälle mal eine Probepartie absolvieren solltet.
Update: Living Forest ist zum Kennerspiel des Jahres 2022 gewählt worden.
Euer Rating zu Living Forest
Living Forest ist bei Pegasus erschienen.