Der ewige Sturm tobt um uns herum. Meine Augen brennen, als ich das Tuch vor meinem Gesicht hinunter ziehe. Ich hasse den Sand. In Der Vampirstadt war es viel angenehmer. Der verdammte Sand ist wirklich überall und der Wind bringt nie Abkühlung, nur heiße Luft und mehr beißende Körner. Wir betreten die alte Ruine, suchen den Eingang in die unterirdischen Gewölbe. Als wir die Treppen in einem verfallenen Gebäude hinab steigen, wird es ein wenig kühler und der Lärm des Sturms dringt nur noch dumpf an unsere Ohren. Aber wir hören auch das Geräusch schlurfender Schritte und ein Kratzen, wie von Metall, das über den Boden gezogen wird. Man hat uns wohl schon erwartet. Gut, denn ich freue mich auf einen kleinen Kampf, um die Muskeln zu lockern.
Stormsunder: Heirs of Ruin ist eine Kickstarter Kampagne für ein kooperatives Brettspiel mit Rollenspiel-Elementen, das schon von vornherein mit vielen Stichwörtern daher kommt, die uns natürlich ansprechen. Miniaturen, eine epische Kampagne und viel viel Story in einem eigenen Setting werden da erwähnt. Auch sollen Entscheidungen getroffen werden, es gibt Skirmish-Kämpfe und Deckbuilding ist ebenfalls dabei. Grund genug, uns das Brettspiel für ein bis vier Spieler von Lazy Squire Games einmal genauer anzuschauen.
Das macht man bei Stormsunder: Heirs of Ruin
Der Sturm tobt nun schon bereits seit mehr als 10 Jahren in der riesigen Wüste. Er legt sich nie, hat Städte ausgelöscht und begünstigt böse Machenschaften. Es gibt einen wiedererweckten Pharao, der eine Stadt mit einer Armee der Toten darin regiert. Eine andere Stadt wurde von Dämonen eingenommen und im Süden, außerhalb des Sturms, haben die Vampire ihre Chance genutzt, um an die Macht zu kommen und ein eigenes Königreich zu regieren. Diese und viele andere Fraktionen versuchen, ihren eigenen Vorteil in diesem Cataclysmus zu finden und so besteht eure Gruppe aus entschlossenen und auch ein wenig verzweifelten Helden mit ganz eigenen Problemen und Zielen. Euch eint jedoch der Wunsch, eine Möglichkeit zu finden, diesen Sturm zu beenden.
Das erste Gebot: Du sollst deinen Charakter leveln
Jeder Spieler verkörpert also einen oder mehrere Helden, die ein eigenes Skillset besitzen. Einige Basiswerte und wichtige Fähigkeiten sind auf eurem Charakterbogen aufgedruckt. Andere bekommt ihr durch ein Kartendeck, das sich sowohl aus Karten eurer Klasse, eurer Fraktion und auch eurer Rasse zusammensetzt. Während der Kampagne levelt ihr euren Charakter auf, wodurch ihr euer Charakterdeck weiter verbessert, aber auch neue Charakterbögen mit besseren Werten erhaltet.
Welche und wie viele Gegner mit welcher Stufe euch im jeweiligen Szenario erwarten, gibt ein Kampagnenbuch vor. Darin ist nicht nur der Aufbau der Spielplanteile und die Siegbedingung aufgeführt, sondern auch die Zugreihenfolge vorgegeben. Beispielsweise zuerst ein Held, dann zwei mal die Gegner, dann wieder ein Held, drei andere Gegner und am Schluss nochmal zwei Helden. Der Aufbau gibt auch an, welche weiteren Raumteile sich auf den Plänen befinden. So können zum Beispiel Waffen- und Rüstungshalter dort platziert sein und diese bringen unterschiedlich guten Loot, je nachdem in welcher Runde des Szenarios ihr sie erreicht. Dies sorgt für ein kleines Dilemma, denn den besseren Loot gibt es eher früher.
Cleverer Kampf mit Karten und Würfeln
Der Kampf ist eine Mischung aus Deckbuilding, dem Ausgeben von Aktionspunkten und anschließendem Würfeln. Karten sind dabei planbar, der Würfelwurf ist das aber kaum. Es gibt keine Möglichkeiten, den Würfelwurf anschließend nochmal zu manipulieren. Das macht den Kampf recht schnell, aber auch glückslastig. Wobei die Waffen oder Zaubersprüche selbst bereits einen Grundschaden an den Gegnern verursachen und die Würfel nur nochmal Schaden obendrauf erzeugen. Mit normalen Angriffen ist es aber eher eine langwierige Angelegenheit, den Gegner beizukommen.
Mit cleverer Positionierung ist außerdem extra Schaden z.B. durch flankieren von Gegnern möglich, wie das auch in einigen Rollenspielsystemen wie z.B. Pathfinder genutzt wird. Eine andere Möglichkeit ist es, Karten von der Hand abzuwerfen, um eine ultimative Fähigkeit aufzuladen, die äußerst mächtig ist und Gegner auch mal einfach so tötet. Diese Signature-Skills passen natürlich zum Charakter und ist der benötigte Wert für die Aufladung erst einmal erreicht, können euch die Gegner wenig entgegensetzen.
Gegner mit Überraschungen
Auch eure Gegner verfügen über einen Charakterbogen mit aufgedruckten Werten und einigen Fähigkeiten und das in verschiedenen Level-Stufen. Die Stufe verändert teilweise die Fähigkeiten eurer Gegner. Um zu ermitteln, wie die Gegner agieren, wird von einem Deck gezogen, durch das bestimmt wird, welcher Held angegriffen wird. Darin sind sowohl Karten, die einen der Helden namentlich nennen, als auch Karten, die eine Bedingung nennen durch die der nächstplatzierte Held, der mit der höchsten oder niedrigsten Gesundheit etc. ins Visier genommen wird. Das macht den Kampf nur bedingt planbar. Die eigentlichen Fähigkeiten werden vom Charakterbogen abgehandelt, wie man das auch aus anderen Spielen kennt.
Die Story ist der wahre Star
Jedes Szenario hat außerdem eine Reihe von möglichen Enden. So könnt ihr zum Beispiel alle Gegner besiegt haben, oder einer der Gegner ist geflohen oder aber ihr selbst wurdet besiegt. Letzteres muss nicht unbedingt bedeuten, dass ihr verloren habt und die Kampagne nicht weiter geht. Im Szenario ist angegeben, an welchem Punkt die Story nach welchem Ausgang weiter geht. Die Story macht einen großen Teil von Stormsunder aus und eure Charaktere und deren Entscheidungen beeinflussen den Fortgang der Geschichte maßgeblich. Der Fokus auf die Story sorgt außerdem dafür, dass man wirklich aufpassen muss, welche Entscheidungen man trifft. Handelt man gegen die Gesinnung seines Charakters bzw. eines Charakters in der Gruppe, riskiert man, dass dieser sich nicht mehr für eure Sache einsetzen möchte und die Gruppe verlässt. Die Handlungen können wohl außerdem dazu führen, dass ein Heldencharakter zum Gegner wird. Das alles passiert allerdings nicht während der Skirmish-Kämpfe, sondern eher im Story-Teil. Hier gibt es teilweise auch Skill-Tests zu bestehen oder euch stehen Interaktionen mit Nichtspieler-Charakteren bevor. Oder auch nicht, wenn ihr die falschen Mitglieder in eurer Gruppe habt.
Das bekommt ihr bei Kickstarter
Es ist eine kurze Kickstarter-Kampagne, die euch bei Stormsunder: Heirs of Ruin erwartet. Insgesamt läuft sie lediglich 8 Tage. In der Grundpledge für umgerechnet 137,- EUR bekommt ihr das Grundspiel, das ca. 100 Miniaturen, über tausend Karten sowie ein 300 Seiten starkes Kampagnenbuch enthält. Für ca. 274,- EUR gibt es die erste Erweiterung Bones of the Conqueror oben drauf und für umgerechnet 412,- EUR auch noch die zweite Erweiterung namens A Pharao’s Wrath. Bereits jetzt steht fest, dass Stormsunder in fünf Sprachen verfügbar sein soll, darunter auch Deutsch. Beim Versand könnt ihr euch entscheiden, ob ihr alles in einer Wave ausgeliefert haben möchtet. Das kostet euch dann je nach Pledge Level voraussichtlich zwischen 30 und 60 EUR. Habt ihr einen Pledge-Level mit Erweiterung, so verringern diese sich beim Versand in zwei Wellen auf maximal 50 EUR. Die Auslieferung soll dann voraussichtlich im März 2022 erfolgen.
Fazit
Es gibt durchaus Punkte, die einem zur Kampagne von Stormsunder: Heirs of Ruin Sorgen bereiten sollten. Zum einen wäre da das vorherige Projekt von Lazy Squire Games: Wild Assent ist noch nicht ausgeliefert und schon wieder verschoben. Da es sich um das erste Spiel des Eigenverlags handelt, weiß man noch nicht so ganz, mit welcher Qualität von Spiel man hier rechnen kann. Zum anderen ist das aktuelle Projekt sehr umfangreich und komplex. Es ist definitiv ein Risiko, sich hier zu beteiligen.
Ein paar Nummern größer
Andererseits ist es genau dieser Umfang und die bisher sichtbare Liebe zum Detail, die das Projekt so spannend machen. Die Anleihen an erfolgreichen Computer- und Online- Rollenspielen sind deutlich sichtbar. Es gibt im Lootsystem und Teilen der Welt und der Story durchaus Parallelen bei World of Warcraft. Auch bei Star Wars: Knights of the Old Republic hat man sich bedient und das dort vorhandene Begleiter-System als Inspiration für die entscheidungsgesteuerte Story genutzt. Dort und in anderen Online-RPGs kommt es ebenfalls auf die eigenen Handlungen an, wie sich bestimmte NPCs dem eigenen Charakter gegenüber verhalten. Manchmal finden sie dich so gut, dass sie mit dir kommen, andere schwören Rache und werden selbst zum mächtigen Gegner, bis man sie wieder sieht. Diesen Fokus auf die Story und die Wendungen, Optionen oder Einschränkungen der Handlungsmöglichkeiten durch die eigenen bisherigen Entscheidungen oder auch nur die Charaktere, die man gerade in der Gruppe dabei hat, finde ich sehr ambitioniert und spannend. Wenn diese Story über die Länge der Kampagne, die pro Box mit ca. 100 Stunden Spielzeit angegeben ist, trägt, dann kann man davor nur den Hut ziehen.
Auch das Kampfsystem klingt schnell und gibt doch genügend Möglichkeiten, um spannende Entscheidungen zu treffen. Gerade die Signature-Skills der einzelnen Charaktere sorgen mit Sicherheit für geradezu epische Momente in einer Partie und das ist es, was man bei einem solchen Spiel erreichen möchte. Die Würfel bringen zwar noch einmal ein klassisches Dungeoncrawler-Element und etwas Varianz ins Ergebnis, aber die einzelnen Würfel, die es da so gibt, unterscheiden sich in ihren Möglichkeiten nur minimal. Hierauf liegt bisher scheinbar kein Fokus.
Aufhören, wenn’s am Schönsten ist
Alles in allem werden wir bei Stormsunder: Heirs of Ruin allerdings doch passen. Zum einen sind uns die Miniaturen vom Design her zu überladen und unruhig und diese sind ein nicht zu verachtender Faktor bei uns. Allerdings ist das natürlich rein subjektiv und wirklich Geschmackssache. Rein objektiv lassen uns jedoch die oben abgebrachten Bedenken zusammen mit dem doch recht hohen Investment, das hier nötig wäre, von einer Unterstützung absehen.
Die Kickstarter Kampagne läuft noch bis zum 05. März 2020
Link zur Kampagne von Stormsunder: Heirs of Ruin
Stormsunder: Heirs of Ruin erscheint bei Lazy Squire Games.
Wenn ihr immer auf dem Laufenden sein wollt, könnt ihr auf unserem Blog wöchentlich Previews zu aktuellen Kickstarter Kampagnen lesen, sowie euch auf unserer laufend aktualisierten Seite über aktuelle Crowdfunding-Projekte informieren.