Ich stehe an Deck und genieße die Morgenstimung. Kühler Wind streift meine Wange. Hier oben ist es die meiste Zeit über so friedlich. In den Wolken hört man kaum einen Laut, alles ist wie in Watte getaucht. Irgendwo hier muss eines der majestätischen fliegenden Ungetüme herumfliegen. Dann wird es plötzlich hektisch. Der Kapitän brüllt Befehle und ganz automatisch nehme ich meinen Platz in der Mannschaft ein. Der Kampf mit dem Crester wird heftig, wie immer. Bis jetzt hatten wir immer Glück und sind auch diesmal dank dem Gas des letzten Cresters wieder gut vorbereitet. Wir setzen den ersten Schuss und die Hölle bricht los.
Windward von El Dorado Games hatte meine Aufmerksamkeit bereits beim Cover. Segelschiffe, die durch die Luft gleiten und ein riesiges Wurmartiges Wesen, auf das sie zusteuern inmitten eines Meers aus Wolken. Es wird sofort klar, dass wir uns hier nicht auf der Erde befinden, sondern in einem Science-Fiction-Setting. Wir verdingen uns als Schiffskapitäne auf dem Planeten Celus, auf dem hauptsächlich Gas gefördert wird. Allerdings besteht die beste Möglichkeit, an das Gas heranzukommen darin, die riesigen Kreaturen zu jagen, die durch die Athmosphäre des Planeten durchstreifen.
Das macht man bei Windward
Euer Ziel ist es, der erste Kapitän zu sein, der 15 Reputationspunkte auf der Rufleiste erreicht hat. Das Spiel wird auf einem runden und modular augebauten Spielbrett gespielt, das in Hexfelder unterteilt ist. In der Mitte befindet sich der Stützpunkt mit dem Hafen, von dem aus ihr eure Beutezüge auf dem Planeten beginnt und wo ihr euere gesammelten Rohstoffe auch wieder verkaufen müsst. In jeder Runde wird außerdem mit einem sechseitigen Würfel bestimmt, aus welcher Richtung der Wind weht und die Flagge auf dem Stützpunkt wird entsprechend ausgerichtet. Die Windrichtung wird später bei der Bewegung auf dem Spielplan wichtig.
Auf dem Spielplan gibt es außerdem zwei verschiedene Ebenen, in denen ihr und eure Mitspieler euch bewegt: Auf dem höher gelegenen Level bewegen sich Schiffe und die roten Crester, auf dem niedrigeren Boote und die grauen Crester. Ihr könnt niemals Elemente auf einem anderen Level angreifen oder von einem anderen Level aus angegriffen werden. Andere Elemende sind Gesteinshaufen, die ihr nicht durchfliegen könnt und Portale, durch die ihr zu jedem anderen Portal auf dem Spielplan gelangen könnt.
Bewegung: Mit dem Wind segeln, nicht dagegen
Ihr beginnt eure Partie im Hafen des zentralen Handelspostens und startet von hier aus eure Jagd. Die Bewegung wird über Bewegungspunkte gesteuert. Wie weit ihr euch bewegen könnt, hängt jedoch auch von der Windrichtung ab. Kein Luftschiff oder Boot kann sich gegen den Wind bewegen. Steuert ihr euer Schiff stattdessen mit der Windrichtung (eben Windward), könnt ihr so lange weiter segeln, bis ihr auf ein Hindernis oder einen Gegner stoßt. Sogar die Ränder des Spielplans sind kein Hindernis, denn ihr segelt dann einfach auf der entgegengesetzten Seite weiter. Der Planet Celus ist schließlich eine Kugel.
Ihr könnt von eurem Luftschiff aus Boote aussenden, die dann für euch die grauen Crester einfangen und zum Schiff zurückbringen. Gegen die großen roten Crester könnt ihr nur mit eurem Haupt-Luftschiff kämpfen. Wenn ihr einen der riesigen Leviathane besiegt habt, verarbeitet ihr ihn direkt auf dem Schiff, um anschließend das gewonnene Gas zurück zum Handelsposten zu bringen, falls möglich. Dort bekommt ihr neben Ruhm und Ehre auch neue Crew-Mitglieder und Ausrüstung, um euch für die nächste Jagd zu wappnen. Zwei Arten von Crewmitgliedern teilen sich auf eurem Spielertableau jeweils einen Platz, so dass ihr genau wählen müsst, welche der beiden damit verbundenen Spezialisierungen ihr benötigt. Auch die Schiffe selbst sind leicht asymetrisch in ihren Fähigkeiten.
Kämpfe: Lass die anderen arbeiten
Kämpfe sind nicht nur mit den Cresters möglich, ihr könnt auch die Schiffe anderer Spieler bekämpfen und deren Ladung stehlen. Neben dem Kampfwert eures Luftschiffs können auch Ausrüstungskarten dabei helfen, mehr Angriffspunkte zusammenzubekommen. Für jede Kanone dürft ihr einen Würfel werfen. Das tut der Angegriffene ebenfalls. Wer die höhere Summe hat, gewinnt den Kampf. Der Verlierer muss die Differenz zum eigenen Ergebnis in Moral zahlen. Fallt ihr auf 0 Moral, verliert ihr eure Ladung, die dann auf dem Spielbrett liegen bleibt und von anderen eingesammelt werden kann. Eurer eigenes Luftschiff wird zurück in den Hafen gesetzt.
Neben der Jagd auf Crester kann also auch der Kampf Spieler gegen Spieler eine interessante Taktik sein, um an Reputationspunkte zu kommen. Das Spiel endet wie bereits erwähnt, sobald jemand die 15 auf der Rufleiste erreicht hat. Nachdem die aktuelle Runde zu Ende gespielt wurde, gewinnt dann derjenige Spieler, der am meisten Reputationspunkte gesammelt hat. Es gibt noch einige Detailregeln, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte. Ich denke man hat mir dieser Erklärung bereits einen guten Überblick darüber, was Windward so zu bieten hat.
Das bekommt ihr bei Kickstarter
Auch wenn Windward kein Überflieger ist und keine Masse an Unterstützern anlockt wie ein durchschnittliches Spiel von CMON oder Awaken Realms, gibt es natürlich trotzdem Stretchgoals. Bisher wurde ein Leinenfinish für die Karten erreicht sowie größere Miniaturen für die Luftschiffe. Falls sich noch weitere Unterstützer finden, wäre das nächste Ziel eine alternative spielbare Karte auf der Rückseite des aktuellen Spielbretts. Wer einsteigen will, der zahlt für die Kickstarter-Version des Spiels ca. 49,- EUR plus nochmal ca. 16,30 EUR Versandkosten. Nach dem auf der Kickstarter-Seite veröffentlichten Zeitplan soll die Auslieferung des fertigen Brettspiels dann voraussichtlich im Juni 2020 erfolgen.
Fazit
Ich möchte bei Windward den großen Elefanten im Raum, der in diesem Fall ein Wal ist, nicht umgehen. Das Thema ist wirklich strittig, denn Parallelen zum Walfang kann man einfach nicht abstreiten. Und Walfang ist etwas, das wir zutiefst verurteilen. Trotzdem müssen wir für unseren Teil zugeben, dass es sich hierbei um ein Brettspiel handelt und nicht um echte intelligente, lebende Tiere, die hier bei uns auf der Erde leben. Die Parallelen mögen offensichtlich sein, allerdings zweifeln wir daran, dass das Thema irgendjemanden vom Walfang-Gegner zum -Enthusiasten macht. Zahlreiche Themen in modernen Brettspielen sind nicht gerade tauglich, um sie heute noch zu unterstützen. So ist Kolonialismus, egal ob mit oder ohne Sklaverei, eine schwarze Ära in der Geschichte und daher genauso wenig Unterstützenswert wie exzessive Anwendung von Gewalt. All das sind häufig verwendete Themen und Konzepte, die jedoch die wenigsten stören. Laut wird man erst bei explizit benannten Sklavenkarten. Damit möchte ich niemanden dazu überreden, sich diese Spiel zu kaufen, den das Thema Rettung der Wale so sehr am Herzen liegt, dass sie so etwas auch nicht im Entferntesten gutheißen können. Wir wollten es nur einmal angesprochen haben, da man an dem Thema einfach nicht vorbei kommt und auch der Verlag muss sich dieser Kritik stellen.
Trotzdem klingt das Spiel mit seinem leicht durch Steampunk angehauchten Setting und der cleveren Verbindung von Pick-Up-and-Deliver mit Kampfmechaniken und Weiterentwicklung des eigenen Luftschiffs doch interessant. Ein bisschen erinnert mich das ganze Konzept an ein komplexeres Terror Below, das im Februar von Renegade Game Studios bei Kickstarter erfolgreich finanziert wurde und dieses Jahr in Essen beim Schwerkraft Verlag auf Deutsch erscheinen wird. Angesichts der anstehenden Neuheiten und der näherrückenden Messe ist bei uns allerdings Kickstarter-Fasten angesagt.
Die Kickstarter Kampagne läuft noch bis zum 23. September 2019
Link zur Kampagne von Windward
Windward erscheint bei El Dorado Games.
Wenn ihr immer auf dem Laufenden sein wollt, könnt ihr auf unserem Blog wöchentlich Previews zu aktuellen Kickstarter Kampagnen lesen, sowie euch auf unserer laufend aktualisierten Seite über aktuelle Crowdfunding-Projekte informieren.