Die SPIEL 2018 steht praktisch schon vor der Tür. Erste Neuerscheinungen werden bereits angekündigt und als Blogger fangen wir so langsam mit den Vorbereitungen an. Unsere diesjährigen Artikelreihe zur SPIEL wollen wir mit einem Interview mit Dominique Metzler eröffnen, der Herrin über die Internationalen Spieletage in Essen und Geschäftsführerin des Friedhelm Merz Verlags.
Erst einmal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns nehmen. Der Merz Verlag ist Veranstalter der SPIEL, der größten deutschen Spielemesse, die auch international große Bedeutung hat. Könnt ihr uns kurz erklären, wie euer Verlag dazu gekommen ist?
Zunächst einmal sind wir immer noch die weltgrößte Messe für Brett- und Kartenspiele. Die nächstgrößte Messe ist die GenCon, die etwa halb so viele Aussteller wie die SPIEL hat und auf der etwa halb so viele Neuheiten wie auf der SPIEL vorgestellt werden. Einzig und allein was die Besucheranzahl angeht, hat sie einen leichten Vorsprung.
Die SPIEL findet seit 1983 statt und war eher ein Zufallsprodukt. Der damalige Verleger und Geschäftsführer des Vorwärts Verlages, Friedhelm Merz, entschied sich ein weiteres Magazin zu drucken, da die hauseigene Druckerei des Vorwärts Verlages nicht mehr ausgelastet war. Ein Angestellter, der selbst Spielefan war, regte in der Verlagskonferenz an, eine Zeitschrift für Spieler zu machen. Die Idee wurde für gut befunden, aber selbstverständlich konnte diese Zeitschrift nicht im Vorwärts Verlag erscheinen. So wurde kurzerhand ein weiterer Verlag, der argo-Verlag, gegründet. Bereits im zweiten Erscheinungsjahr wollte man den Lesern die Möglichkeit geben, sich einmal zum Spielen zu treffen. Das sollte eigentlich in Bonn, im Amerikanischen Club, stattfinden. Da sich aber rund 700 Interessierte vorab anmeldeten, war klar, dass die Räumlichkeiten in Bonn nicht ausreichen würden. Friedhelm hörte sich damals in der Politik um und schließlich bot ihm der damalige Oberbürgermeister der Stadt Essen die Volkshochschule in Essen an, die wir kostenlos nutzen konnten. Um es nun kurz zu machen, im ersten Jahr kamen 5.000 Menschen, mit denen niemand gerechnet hatte. So wurde im Jahr darauf eine angrenzende Schule mit hinzugenommen. Aber auch hier reichte der Platz nicht aus, denn 15.000 Spielefans stürmten die Essener Volkshochschule bereits im zweiten Jahr. Die Stadt Essen war es dann, die uns quasi „zwang“ in die Messe Essen umzuziehen, da es keine andere Location in Essen gab, die so viele Menschen beherbergen konnte. Dieser Gedanke widerstrebte uns eigentlich, da niemand geplant hatte eine Messe zu veranstalten. Aber wie das manchmal im Leben so ist, der Ehrgeiz packt einen dann doch. Und wir fingen mit einer internationalen Akquise an, die auch ziemlich bald Erfolg hatte. Von da an wuchs die Messe Jahr für Jahr.
Wie muss man sich das normale Tagesgeschäft des Merz Verlages vorstellen? Sitzt Ihr 11 Monate im Jahr im Büro und wartet darauf das die SPIEL stattfindet oder was passiert in den Monaten vor der SPIEL und in den Wochen nach der SPIEL bei euch?
Nach der SPIEL ist vor der SPIEL und so beginnen wir bereits 14 Tage nach der letzten Messe mit der Planung des nächsten Jahres, denn dann gehen bereits die Ausstellerunterlagen für das nächste Jahr an alle Interessierten.
Die Messe wächst von Jahr zu Jahr, wächst der Merz Verlag in gleichem Maße? Wie viel Mitarbeiter sind eigentlich beim Ihnen tätig?
In gewisser Weise schon. Bis vor ein paar Jahren haben wir die Messe mit maximal drei Mitarbeitern gemacht. Mittlerweile sind wir schon sechs Leute. Zwei davon sind erst dieses Jahr hinzugekommen. Das heißt, wir haben von einem Jahr auf das Andere 50% aufgestockt.
Jedes Jahr kommen auch immer mehr Verlage nach Essen auf die SPIEL, aber viele sind auch schon seit Jahren dabei. Fragt ihr gezielt bei Verlagen an ob sie einen Stand haben wollen oder wartet ihr darauf, dass der Verlag bei euch anfragt?
Wir sind in der glücklichen Position weltweit einen hervorragenden Ruf zu haben. Aus diesem Grunde müssen wir auch keine Klinken putzen und die Verlage kommen quasi von alleine. Wir könnten auch nicht ein ganzes Jahr lang quer durch die Welt auf alle Veranstaltungen reisen um dort zu akquirieren. Die Zeit fehlt uns einfach.
Viele Verlage haben ja regelrechte Stammplätze, dabei spielt es keine Rolle ob es ein großer Verlag oder ein Kleinstverlag ist. Wie kommt das und führt das zu Problemen bei Umstrukturierungen?
Wir versuchen alle Verlage, egal ob groß oder klein, möglichst gleich zu behandeln. Also wird auch kein Verlag einfach leichtfertig umgestellt. Doch, wenn die allgemeine Umstrukturierung aufgrund des enormen Wachstums, dass wir in den letzten Jahren erfahren haben, eine Verlegung von Ständen erforderlich macht, legen wir auch Stände um und hier spielt es dann auch keine Rolle, ob der Aussteller eine große oder eine kleine Fläche gebucht hat.
Wenn wir mit unserem Blog einen Stand bei euch mieten wollen, wobei würde der Merz Verlag uns helfen? Stellt ihr nur den Platz zur Verfügung oder können wir weitere Services bei euch dazu buchen?
Wenn ein Spieleverlag einen Stand bei uns bucht, dann bucht er erst einmal nur die Fläche und die Standwände. Weiteren Service, wie Elektrizität, Wasser etc., bucht er über die Servicefirmen der Messe Essen. Hier sind wir nicht involviert. Allerdings bieten wir Ausstellern auch viele andere kostenfreie Serviceleistungen. Dazu gehört beispielsweise die Neuheitenschau, in der Verlage ihre Produkte kostenfrei vorstellen können, sofern sie sie vorher bei uns gemeldet haben. Oder aber wir bieten ihnen an, beim Finden von Standpersonal behilflich zu sein etc.
Während der SPIEL habt ihr sicher viel zu tun. Kommt ihr trotzdem mal dazu, über die Messe zu gehen und das eine oder andere Spiel auch mal auszuprobieren?
Spielen auf der SPIEL, das geht leider nicht. Wir arbeiten bereits im Vorfeld der Messe täglich bis in die Puppen und am Wochenende. Auf der Messe dann, weiß unser kleines Team manchmal nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Denn schließlich sind wir auf der Messe für jede einzelne Aussteller-, Besucher- und Pressefrage zuständig. Da kommt man nicht zum Spielen. Selbstverständlich laufen wir aber über die Messe um einen ganz genauen Eindruck zu bekommen, wo der Schuh vielleicht drücken könnte, oder aber zu schauen, was wir im nächsten Jahr ändern müssen.
Haben Sie langfristige Ideen die Sie noch in der Zukunft umsetzen wollt? Es kommt ja z.B. immer wieder zu Aufrufen nach einer Gaming Area wollen. Oder konzentrieren Sie sich im Moment eher darauf, dass während des Umbaus der Messe Essen, trotzdem ein reibungsloser Ablauf gewährleistet wird?
Selbstverständlich haben wir viele Ideen, die wir für die SPIEL umsetzen können und zum Teil auch schon tun. So gibt es in diesem Jahr erstmals einen kostenlosen SPIEL-GUIDE, den Besucher in den Eingängen bekommen. Er beinhaltet unter anderem die Hallenpläne mit Ausstellerlisten, eine vollständige Neuheitenliste, viele Programmhighlights und anderes mehr. Erstmalig werden wir am Freitag, den 26.10.18, 14 Uhr, im Saal Europa ein hochkarätig besetztes Panel zum Thema WIE SPIELEN DEUTSCHLAND UND DIE WELT IN ZUKUNFT? ENTWICKLUNGEN AM INTERNATIONALEN SPIELEMARKT veranstalten. Eine der zentralen Fragestellungen wird sein: Wie kann ich mich als Verlag oder Autor aufstellen, um international Erfolg zu haben? Wie wird der Spielemarkt der Zukunft aussehen?
Seit diesem Jahr sind wir auch auf Youtube aktiv und machen unsere ersten Videos. Erstmalig werden wir auch das komplette Programm der SPIEL ’18 für den Benutzer sortier- und durchsuchbar online stellen. Ihr seht also, wir sind nicht untätig.
Sie haben die Parkplatz Situation stark verbessert, trotzdem gibt es jedes Jahr immer noch Kritik an der Situation, wie stark trifft Sie solche Kritik?
Kritik trifft natürlich immer. Doch ich glaube, dass es im letzten Jahr eigentlich keinen Grund gab, hier noch Kritik zu üben. Denn, es wurden von der Messe Essen für die SPIEL so viele neue Parkplötze geschaffen, dass eigentlich jeder die Messe bequem erreichen und dann auch parken konnte. Es versteht sich allerdings von selbst, dass bei 182.000 Besuchern, die wir im letzten Jahr hatten, Parkplätze im Nahbereich irgendwann nicht mehr verfügbar sind. Die Polizei hat dann den Verkehr bereits von der Autobahn aus gelenkt und darauf hingewiesen, dass die Parkplätze im Nahbereich voll sind. Alle Besucher, die dann abgefahren und auf P10 geparkt haben, sind im 5 Minuten-Takt direkt vor die Messe gefahren worden. Auf den Parkplätzen konnte man auch schon Tickets kaufen und umging somit eventuelle Schlangen an den Eingängen. Dafür haben wir von vielen Besuchern viel Lob erhalten. Wenn jemand allerdings immer noch den Nahbereich angefahren hat, dann stand er unmittelbar vor der Messe im Stau und durfte zurück auf die Autobahn Richtung P10 fahren. Unser Rat an die Besucher kann also nur lauten: Nehmt die Hinweisschilder ernst und parkt, wenn nötig, lieber auf P10. Alles in Allem seid ihr dann schneller und stressfreier in der Messe.
Wie sehr ist die Stadt Essen in die SPIEL involviert, gerade auch was die Verkehrssituation angeht?
Die Stadt Essen ist in keiner Weise in die SPIEL involviert. Verkehrslenkung ist Sache der Polizei, dementsprechend ist sie dann auch involviert. Die Parkplätze gehören der Messe Essen und werden auch von ihr verwaltet, allerdings sind wir der Veranstalter und üben selbstverständlich Druck aus, wenn etwas nicht funktioniert.
Jedes Jahr stellt die SPIEL einen neuen Besucherrekord auf. Gab es schon einmal den Augenblick, dass aus sicherheitstechnischen Gründen darüber nachgedacht wurde, dass keine weiteren Besucher eingelassen werden durften? Wie viele Besucher können die Messehallen noch vertragen?
Nein, diesen Augenblick gab es noch nicht. Entscheiden tut hier die Feuerwehr. Da wir in diesem Jahr schon wieder eine Messehalle mehr haben, sollten sich die Besuchermassen auch weiter verteilen. Denn die Bruttoausstellungsfläche wächst in diesem Jahr um 11% auf 80.000qm.
Letztes Jahr war ja auch ein Foodtruck auf der SPIEL, um das kulinarische Angebot zu erweitern. Haben Sie vor, das weiter auszubauen und z.B. das Außengelände hierfür zu nutzen?
Vertraglich ist dies mit der Messe Essen so geregelt, dass wir nur eine begrenzte Anzahl an Ständen, die herzhaftes Essen anbieten, haben dürfen.
Letztes Jahr hatte die Messe 182.000 Besucher. Da wird Eintritt gezahlt und Stände kosten ebenfalls Gebühren. Die Ausgaben sind aber bestimmt auch nicht niedrig. Jetzt mal Hand aufs Herz: Bleibt dabei genug übrig?
Fragen kostet nichts 😉 Zu diesem Punkt nur so viel, selbstverständlich sind die Kosten für eine solche Großveranstaltung auch sehr hoch.
Den Merz Verlag gibt es jetzt seit 34 Jahren und wir haben überlebt. Allerdings Jahre lang nur, weil wir auch viele Produkte in ganz anderen Bereichen gemacht haben.
Habt ihr im Verlag ein festes Ritual oder einen Glücksbringer der bei jeder SPIEL dabei sein muss?
Nein, haben wir nicht. Aber kurz vor Abfahrt setzen wir uns noch einmal eine Sekunde lang in aller Ruhe zusammen und in diesem Moment versprechen wir uns: „Egal was passiert, wir nehmen uns gegenseitig nichts übel“.
Was war Ihr erinnerungswürdigstes Ereignis in der Geschichte der SPIEL?
Vor zig Jahren der Hotelbrand im Hotel Handelshof Essen. Das Hotel brannte während der Messe, mitten in der Nacht, ab und fast alle Aussteller waren dort untergebracht. Wir wurden nachts barfuß, nur mit Nachthemd bekleidet, in ein anderes Hotel gefahren. Wildfremde Menschen liehen sich gegenseitig Socken. Alle standen unter Schock. Das hat zu einem großen Zusammengehörigkeitsgefühl geführt. Besucher, die am nächsten Morgen die Messehallen betraten, sind von einem beißenden Rauchgeruch empfangen worden, denn aus sämtlichen Kleidungsstücken ging dieser Geruch nicht mehr raus. Bei uns am Stand war ein Wäscheständer aufgebaut, auf dem wir die uns geliehenen und von uns gewaschenen Socken trockneten. Das möchte ich nicht noch einmal erleben.
Sie und Ihre Mitarbeiter haben ja an fast 365 Tagen im Jahr mit Brettspielen zu tun. Wird es da nicht langweilig, sich immer wieder damit zu beschäftigen?
Nein, denn jede Messe ist anders und auch die Aufgaben über das Jahr sind immer andere.
Bei welchem Brettspiel könnt Sie einfach nicht Nein sagen und spielen Sie auch im privaten Rahmen?
Bei uns wird gerne „Die Werwölfe von Düsterwald“ gespielt, denn das Spiel ist einfach klasse in großer und geselliger Runde.