Seikatsu - Brettspiel Review

Seikatsu – der Lenz ist da

Seikatsu Brettspiel CoverAh, der Blick auf den Garten ist wirklich wundervoll. Überall singen Vögel und die Blumen blühen um die Wette, der Inbegriff des Lebens: Seikatsu. Ich mag es schön geordnet, wie es sein muss. Dort die gelben Tulpen bilden mit den dunkelblauen Glockenblumen einen wundervollen Kontrast. Hier kann man die Seele baumeln lassen. Moment mal! Was ist das? Da drüben dürften gar keine Tulpen Blumen gepflanzt sein. Da passen die rosa Plumeria-Blüten viel besser hin. Das war bestimmt wieder mein Nachbar. Der hat wirklich keine Ahnung von Gartenbau. Hauptsache sein Blick auf den Garten ist schöner als meiner. Aber ich werde ihm schon zeigen, wer diesen Garten in eine prächtige Oase der Ruhe und des Gleichgewichts verwandeln kann. Wo habe ich noch gleich die Samen für die Plumeria gelassen?

Seikatsu ist ein abstraktes Legespiel von den Autoren Matt Loomis und Isaac Shalev, bei dem ihr mit bis zu drei Mitspielern darum wetteifert, wer den schönsten Blick auf den Garten in der Mitte des Spielbretts hat. Dazu legt ihr abwechselnd Spielsteine in den Garten, die jeweils einen von vier Vögeln und eine von vier Blumensorten zeigen. Es ist nicht nur optisch ein schönes Spiel, sondern eignet sich durch seine kurze Spielzeit auch sehr gut für Zwischendurch. Doch wie funktioniert das jetzt eigentlich?

Hier kommen Natur-Freunde auf ihre Kosten

Seikatsu BeutelDie Regeln sind sehr schnell erklärt. Ihr habt immer zwei Steine zur Auswahl, von denen ihr einen angrenzend an einen bereits vorhandenen Spielstein auf den Spielplan legt. Falls der Vogel auf dem gerade gelegten Stein zu anderen Vögeln auf benachbarten Feldern passt, bekommt ihr je einen Siegpunkt für jeden Vogel des so gebildeten Schwarm. Ist der arme Vogel alleine, bekommt ihr keinen Siegpunkt. Und dann gibt es da noch die Koi-Plättchen. Sie zählen beim Auslegen als Joker, der dann eine beliebige Vogelart-darstellt und entsprechend gewertet wird. Für später angelegte Plättchen wird er jedoch nicht mit gewertet.

Gärtnern für Fortgeschrittene

Seikatsu SpielbrettAllerdings solltet ihr beim Legen nicht nur auf die Vögel achten, sondern auch auf die abgebildeten Blumen. Diese werden am Ende des Spiels gewertet, wenn der gesamte Spielplan mit euren Vogel-Blumen-Plättchen gefüllt ist. Jeder Spieler muss nun aus der Blickrichtung seiner eigenen heimeligen Pagode die Blumenreihen entlang die Anzahl gleicher Blüten zählen. Für mehr gleiche Blüten gibt es mehr Punkte. Koi-Plättchen zählen hier ebenfalls wieder mit und können als zusätzliche Blüte beliebiger Farbe gewertet werden. Wer so im Verlauf des Spiels am meisten Punkte sammeln konnte, der hat die schönste Aussicht auf den Garten und kann erst mal entspannt die Füße hochlegen. Obwohl… eine Partie geht noch.

Seikatsu als Solo-Herausforderung

In der Regel spielen wir Brettspiele nicht Solo, da wir meistens mindestens zu zweit am Spieltisch sitzen. Allerdings genießen nicht alle Spieler den Vorteil, regelmäßig Mitspieler für eine Partie zu finden. Daher wollen wir den Solomodus hier auch noch vorstellen. Die größten Veränderungen sind, dass ihr nur an das Teil anlegen dürft, das ihr als letztes gelegt habt. Ausnahmen sind nur die Koi-Plättchen, die ihr zu Beginn der Partie alle zur Verfügung habt und mit denen ihr an anderer Stelle weiter legen könnt und so an andere Ecken des Spielbretts heran kommt.

Diese veränderte Legeregel bringt es mit sich, dass das Spielbrett nicht mehr unbedingt komplette gefüllt werden kann. Die Partie endet, wenn ihr kein Plättchen mehr legal anlegen könnt. Nun wertet ihr die Punkte eurer Reihen gegen die aus der gegnerischen Perspektive, die es für euch zu schlagen gilt. Für diese Solo-Variante gibt es drei Schwierigkeitsgrade: Entweder ihr wertet die Vogelschwärme während der Partie für euch, ihr wertet sie gar nicht oder ihr wertet sie gegen euch. Die dritte Variante ist definitiv eine knackige Herausforderung.

Seikatsu Zählleiste

Eine Frage der Perspektive

Von den aktuell boomenden abstrakten Legespielen wie NMBR9, Azul oder Dragon Castle ist uns Seikatsu im Moment das Liebste. Es profitiert enorm von der kurzen Spielzeit. Bringt man es bei einer neuen Spielgruppe auf den Tisch, sagt kaum einer Nein dazu, weil es bereits optisch zu überzeugen weiß. Wenn dann die Regelerklärung nach ein paar Minuten bereits abgeschlossen ist und man eigentlich sofort losspielen kann, sind die meisten bereits von Seikatsu überzeugt. Angenehm ist uns außerdem die kurze Downtime aufgefallen. Da jeder immer nur zwei Plättchen zur Auswahl hat, bleiben lange Grübeleien aus.

Nach einigen Spielrunden können wir außerdem sagen, dass auch nach häufigem Spielen die Luft noch nicht raus ist. Beim Spiel zu zweit und zu dritt entwickeln sich spannende Duelle, bei denen jeder gut aufpassen muss, dass er dem Gegner nicht das entscheidende Plättchen als Geschenk in eine Reihe legt, in der dieser sowieso schon viele Punkte macht. Ihr seid also nicht nur auf eure Sichtweise fokussiert, sondern müsst, wenn ihr gewinnen wollt, auch auf die Sichtachse eurer Mitspieler achten. Mit zwei und drei Spielern funktioniert und skaliert Seikatsu sehr gut, ohne unübersichtlich zu werden. Selbst notorische Grübler verlängern die Wartezeit, bis ihr selbst wieder am Zug seid, eigentlich kaum.

Azul, der grantige große Bruder

Seikatsu ChipsNach den ersten Partien lernt man sehr schnell dazu, worauf man achten muss. Allerdings ist es bei Seikatsu nicht möglich, seine Mitspieler auflaufen zu lassen. Bei Azul kann man auch gewinnen, wenn man dafür sorgt, dass die anderen Spieler gezwungen werden, viele Minuspunkte in Kauf zu nehmen. Das kann sehr schnell frustrieren. Bei Seikatsu müsst ihr zwar darauf achten, wo ihr eure Plättchen platziert, wirklich blockieren könnt ihr euch gegenseitig jedoch nicht. Der Zufallsfaktor, welche Plättchen man gerade auf der Hand hat, ist einfach zu groß, um eine fiese Strategie zu fahren. Gegen Ende der Partie wisst ihr immer genauer, welche Plättchen noch im Beutel oder in Händen eurer Mitspieler sind, da jedes Vogel/Blüten-Paar genau zwei Mal im Spiel vorhanden ist.

Am liebsten als flotter Dreier

Am besten gefallen hat uns Seikatsu mit drei Spielern. Die Variante mit vier Spielern wird in zwei Teams gespielt und entspricht dabei weitgehend dem Spiel zu zweit. Jedoch sitzt ihr eurem Teamkameraden gegenüber und jeder von euch hat Plättchen, die er legen kann. Da ihr euch nicht absprechen könnt, müsst ihr hier ebenfalls gut überlegen, was euer Mitspieler vorhaben könnte. Insgesamt ist diese Lösung jedoch nicht so reizvoll, wie das Spiel zu dritt, wo Seikatsu seine wahren Stärken zeigen kann.

Ein großer Pluspunkt ist aber auf jedenfall die Gestaltung und die Materialqualität. Bereits der Anblick der Illustrationen von Peter Wocken bringen mich zum Lächeln und es macht einfach Freude, mit den Poker-Chip-artigen Plättchen zu hantieren. Bei Seikatsu gilt für uns: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Eine Niederlage ist nur eine willkommene Gelegenheit für eine weitere Partie. Und die 15 Minuten hat man zwischendurch eigentlich immer mal Zeit.


Seikatsu ist auf deutsch bei HUCH! erschienen.

Seikatsu (2017)
Spieler:
1 - 4
Dauer:
15 - 30 Min
Alter:
10+
BGG Rating:
7
Verlag:
HUCH!
BGG:

Für die Review stand uns ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung.


Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für diese Spielkritik, die ich mit großem Interesse und viel Vergnügen gelesen habe! Ich freue mich schon darauf, Seikatsu selbst zu spielen. 🙂

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