Victorian Masterminds Review

Victorian Masterminds – Einmal Bösewicht sein

Victorian Masterminds Brettspiel CoverSollen sie nur kommen mit ihren lächerlichen Waffen. Gegen meine monströse Maschine werden sie nicht ankommen können. Mit dem Schrumpfstrahler werde ich mir zuerst die Tower Bridge unter den Nagel reißen oder sollte ich doch eher das Parlament einsacken? Ich meine, immerhin hab ich ja schon eine Brücke in meinem Vorgarten. Aber so ein Parlament hat eben nicht jeder Bösewicht. Auf der anderen Seite ist es aber nicht gerade ein schöner Blickfang. Okay, ich schiebe den Gedanken erst einmal nach hinten. Ich muss mich vorher doch noch um die Bobbies kümmern. Jetzt klettern die wirklich am Bein meiner Doomsday-Maschine hoch!

Mit Victorian Masterminds von Eric M. Lang und Antoine Bauza schlüpfen wir in die Rolle eines Bösewichts. In dem Brettspiel, das bei CMON bzw. Asmodee Deutschland erschienen ist, schicken wir unsere Handlanger in die verschiedensten Städte, um zu stehlen und Angst und Schrecken zu verbreiten. Wir haben extra verschiedene Kurse an der Volkshochschule besucht, um uns als Bösewichte ausbilden zu lassen. Mit dem entsprechenden Wissen gewappnet, haben wir uns die Victorian Masterminds angeschaut und unsere Erfahrungen in dieser Review verfasst.

Es kann nur ein Victorian Mastermind geben

Es ist nicht meine Schuld, dass Sherlock Holmes verschwunden ist. Wahrscheinlich hatte er keine Lust mehr gehabt, ständig die Arbeit der Polizei zu übernehmen. Doch sein Fehlen ist aus meiner Sicht jetzt nicht wirklich ein Verlust. Denn nun kann ich endlich das Victorian Mastermind werden.

Das ist die grobe Handlung, in die das Brettspiel gepackt wurde und das Viktorianische im Namen ist bereits relativ weit hergeholt. Victorian Masterminds könnte genausogut in der Neuzeit spielen. Ein Setting, in dem auch ein Gru aus Ich einfach unverbesserlich existiert, hätte genauso gut dafür herhalten können und vielleicht sogar noch besser gepasst.

Doch das viktorianische Thema ist auch recht schnell vergessen. Es dreht sich ja darum, der angesehenste Bösewicht, also ein Mastermind zu sein. Und ein Bösewicht braucht eine imposante Maschine. Und wenn ich imposant schreibe, dann meine ich solche großen Maschinen, wie ihr sie vielleicht aus Wild Wild West kennt. Kurzum, wer die größte hat, hat gute Chancen zu gewinnen. Doch solch imposante Maschinen gibt es nicht einfach so im Fachhandel.

Victorian Masterminds - Der Kraken

Also hilft alles nichts und selbst ein Victorian Mastermind muss sich seine Hände schmutzig machen, um eine solche Maschine zusammen zu bauen. Allerdings ist die Materialbeschaffung nun nicht wirklich unser Metier. Diese niederen Arbeiten werden von unseren Komplizen ausgeführt. Immerhin fünf Stück hat jeder Bösewicht dafür zu Auswahl. Diese beordert ihr nun in die einzelnen Städte und klaut das zusammen, was ihr braucht, um eure Maschine weiter zu vervollständigen.

Auf die Komplizen fertig los

Nun ist jeder Komplize nicht nur ein toller Materialbeschaffer (immerhin braucht es bei nur zwei verschiedenen Materialen dazu auch kein großes Geschick). Nein, ein jeder Handlager hat auch noch eine besondere Zweitfähigkeit. So ist zum Beispiel eure Nummer zwei wirklich eure Nummer zwei, sie kann die Aktion eines Ortes einfach zweimal ausführen. Also zweimal Material klauen oder zwei Wissenschaftler entführen oder auch die Feuerkraft um zwei erhöhen.

Aber unter uns Schurken, meistens setzte ich Nummer zwei ein, um wirklich nur Material zu holen. Denn meine Maschine soll ja fertig werden, so bekomme ich ja auch noch Sonderfähigkeiten sobald eine Sektion fertiggestellt wurde.

Doch es gibt ja nicht nur die Nummer zwei. Neben einem Saboteur, der ja standardmäßig zum Repertoire eines Bösewichts gehört, habt ihr auch noch einen Ingenieur, eine Handlagerin und eine Draufgängerin. Jeder mit einem anderen Aufgabengebiet. So klaut die Draufgängerin auch gleich ein Gebäude aus der Stadt, in die ihr sie schickt.

Victorian Masterminds - Das Spielbrett

Regel 37 des Bösewichts-Kodex besagt, dass ihr kleine geschrumpfte Gebäude braucht, um sie euch in den Garten zu stellen.

Die Handlangerin lässt euch Aufträge erfüllen. Diese geben am Ende neben der Maschine an der ihr bastelt, auch noch Siegpunkte, genauso wie auch Gebäude noch einmal Punkte geben. Der Ingenieur ist das einzige Element, was bei jedem Victorian Mastermind bei jedem Spieler unterschiedlich funktioniert, denn seine Fähigkeit ist an die Maschine gekoppelt, die ihr am Anfang zufällig zugewiesen bekommt.

Ich weiß was du gelegt hast, vielleicht!

Tja, und dann gibt es wie erwähnt noch den Saboteur: Dieser bringt einem erst einmal nichts. Aber seine besondere Fähigkeit sorgt dafür, dass ein Komplize eines anderen Spielers auch nichts machen kann. Wie das geht? Das liegt am Aktionsmechanismus der Komplizen. Denn diese werden erst einmal aus eurem Vorrat auf eine der Städte auf dem Spielplan gelegt. Verdeckt, so dass eure Mitbösewichter am Spieltisch nicht mitbekommen, welchen eurer Helfer ihr platziert. Sobald der dritte Komplize in einer Stadt platziert wurde, wird der Stapel an Komplizen genommen, umgedreht und von oben nach unten abgehandelt. Wenn nun ein Saboteur vorkommt, wird der nachfolgende Komplize ausgeschaltet und kann seine Spezialfähigkeit nicht mehr ausführen.

Und genau dieses Element ist es, was bei Victorian Masterminds den Spielspaß ausmacht. Nicht der Saboteur, sondern das Aufdecken der Komplizen. Denn in diesem Augenblick passiert so viel. Ist mein Plan aufgegangen oder hat mein Tischnachbar sich dann doch den Auftrag weggeschnappt, den ich eigentlich erfüllen wollte, weil er seine Handlangerin früher gelegt hatte?

Und warum liegt da eigentlich jetzt mein Saboteur ganz unten? Hatte ich den nicht in eine andere Stadt gelegt? Und warum behindert der jetzt meine Nummer zwei? Mit eigenen Gedächtnislücken muss da aber jeder selbst zurechtkommen.

Victorian Masterminds - Die Handlanger

Bei diesem Aufdecken spuckt ihr euren anderen Masterminds so richtig in die Suppe. Und das macht auch den Kern des Spieles aus. Das Thema ist wie schon geschrieben nur oben drauf gepackt. Das Sammeln von Siegpunkten ist auch nichts Neues. Aber dem anderen immer wieder eins auszuwischen ist es, was Victorian Masterminds für mich so lustig macht und weswegen ich nichts gegen eine weitere Partie habe. Es ist nicht großartig anspruchsvoll und ich kann es neuen Mitspielern schnell beibringen. Und dennoch herrscht am Tisch Chancengleichheit. Es gibt eben keine Strategie die immer zum Erfolg führt. Denn selbst wenn ich es schaffe, meine Maschine als Erster zu vollenden, bedeutet dies nicht unbedingt den Sieg für mich, auch wenn ich dadurch eine Menge Siegpunkte bekommen. Oft genug hat mich meine Frau dadurch abgezogen, dass sie sich auf die Aufträge gestürzt hat und mir dadurch einfach den Sieg gestohlen hat.

Ein Schraube im Getriebe

Allerdings ist Victorian Masterminds eben auch nicht das Brettspiel, was ich erwartet habe. Ich hatte ein böses Spiel im viktorianischen Zeitalter erwartet. Bekommen habe ich das allerdings nicht. Selbst die Plastikminiaturen der Gebäude sind eben nur hübsches Beiwerk ohne großen Zweck. Die furchterregenden Maschinen sind nur einfache Tableaus, die ich nach und nach mit den Sektionen vollpuzzle. Dazu nutze ich sehr winzige Material-Token. Warum diese so klein gewählt wurden, erschließt sich mir bis heute nicht. Diese Token werden ja nur auf eurem Tableau abgelegt und da ist mehr als genug Platz. Ich hätte es eben auch thematischer gefunden, wenn ich diese Maschine wirklich in 3-D nachbaue, also die einzelnen Sektionen ineinander stecken kann, um dann mit diesem Unheil auf dem Spielplan zu verbreiten.

Victorian Masterminds Brettspiel Miniaturen

Was sehr negativ aufgefallen ist: Bei unserer Kopie ging ein beißend scharfer Chemie-Geruch von den Plastik-Miniaturen aus. Selbst das Ausspülen in warmen Wasser mit Seife hat den Geruch nicht komplett entfernen können. Sehr ungewöhnlich für ein Brettspiel von CMON.

Was bleibt also nach mehreren Partien Victorian Masterminds? Nach der ersten Begeisterung als das Brettspiel angekündigt wurde, folgte bei der ersten Partie eine kleine Ernüchterung, weil es eben nicht viktorianisch war und der Mastermind nicht ganz so stark ausgeprägt ist. Nach weiteren Partien drehte sich aber das Blatt ein wenig. Es macht eben doch Spaß, die Komplizen zu platzieren, um zu sehen wie der Saboteur seine Aktion durchführt und damit den Zug von meinem Mitspieler verhindert. Oder wenn wirklich ein Plan aufgeht, ohne dass die anderen eingreifen.

Victorian Masterminds - Das Inlay

Das Ausspielen der Gegner ist die große Stärke von Victorian Masterminds und leider nicht das Thema. So bleibt für mich Victorian Masterminds eines von vielen guten Spielen, das eben nicht herausragend ist, allerdings mechanisch gut funktioniert.


Euer Rating zu Victorian Masterminds


Was ist euch lieber der Papptoken oder die Miniatur?

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Victorian Masterminds ist auf Deutsch bei Asmodee erschienen.

Victorian Masterminds (2019)
Spieler:
2 - 4
Dauer:
45 - 60 Min
Alter:
14+
BGG Rating:
6.87
Verlag:
Asmodee, CMON
BGG:

Für die Rezension stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.


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