„Ruhig zieht das Schiff durch die Wellen. Während ich meine Abhandlung über den Nacktnasenwombat schreibe, knarrt es beruhigend regelmäßig. Dann erklingt die Glocke. Land in Sicht! Ich eile auf das Deck, wo meine Kollegen bereits warten. Ein neuer Ankerplatz Auf den Wegen von Darwin mit neuen Tieren, die erforscht werden wollen.“
Darwin ist alt geworden. Gut, dass er uns hat, denn wir segeln für ihn Auf den Wegen von Darwin, um ihm beim Abschluss seines Werkes Von der Entstehung der Arten zu helfen. Das eher leichtgewichtige Brettspiel von Grégory Grard und Matthieu Verdier ist optisch opulent und ansprechend. Wir haben uns also nicht lange bitten lassen und sind an Bord der HMS Beagle gegangen, um das Spiel für euch auf Seetauglichkeit zu testen.
Viel Spaß beim Lesen!
Schnell gespielt und doch entschleunigt
Wir durften Auf den Wegen von Darwin auf dem Beeple-Wochenende kennenlernen. Was soll ich sagen? Unsere erste Partie war eher anstrengend, da unsere Mitspielenden ein enormes Tempo an den Tag legten. Trotzdem ließ mir das Spiel keine Ruhe, denn mir war klar, dass das eigentliche Tempo ein anderes sein sollte. Und so haben wir es am nächsten Morgen gleich noch einmal gespielt, uns Zeit gelassen, ganz ohne Hektik. Sieh da, es hat sich dann auch nach entspanntem Spielen angefühlt, ein entschleunigter Start in den Spieletag. So kam es, dass Auf den Wegen von Darwin dann kurz nach Pfingsten bei uns ins Regal eingezogen ist.
Da erregte es dann auch gleich Aufmerksamkeit. Wenn unsere große Teenager-Tochter von sich heraus sagt, dass sie ein Brettspiel hübsch findet und sie sich dafür interessiert, dann ist das eine große Ehre. Auf den Wegen von Darwin hat das tatsächlich geschafft und so wurde es bei uns in der Familie völlig unerwartet zu viert gespielt. Und auch diese Partien liefen erfreulich entspannt ab.
Zwölf Plättchen sollt ihr sein
Das Erfreuliche daran ist, dass die Regeln sehr einfach und eingängig sind, sodass keine langwierige Erklärung nötig ist. Die Figur der Beagle markiert auf dem zentralen Spielbrett eine Reihe oder Spalte auf dem 3×3 Raster an ausliegenden Tier-Plättchen. In meinem Zug entscheide ich mich für eines davon und je nachdem, ob es das erste, zweite oder dritte Plättchen in der Reihe war, fährt die Beagle dann ein, zwei oder drei Plätze weiter.
Das Plättchen lege ich dann auf mein Tableau, wo es genau einen vordefinierten Platz dafür gibt. Dort befindet sich nämlich ein 4×4-Raster aus Tierklassen und Kontinenten, auf dem mein Plättchen genau an eine Stelle passt. Im Verlauf der Partie erhalte ich 12 Plättchen, die ich so platziere.
Ich möchte natürlich nicht einfach nur ein schönes Tableau haben, auch wenn die Illustrationen der Tiere sehr hübsch anzusehen sind. Wenn ich eine Reihe oder Spalte voll habe, also beispielsweise vier Säugetiere oder vier Tiere aus Australien, bekomme ich als Belohnung einen Punktemarker, denn ich habe meine Forschung erfolgreich publiziert. Falls ich ein Plättchen platziere, wo bereits eines liegt, weil ich unter anderem ein zweites Reptil aus Afrika aus der Auslage genommen habe, darf ich mir einen weiteren Auftrag nehmen.
Davon habe ich bereits von Anfang an einen, der mir ein wenig die Richtung weist, in die ich spielen könnte. So gibt es etwa Punkte, wenn ich Plättchen in bestimmten Quadranten auf meinem Tableau habe oder für eine bestimmte Tierklasse oder auch Symbole, die auf meinen Tier-Plättchen am Ende des Spiels sichtbar sind. Thematisch gesehen stellen diese Auftrags-Plättchen Theorien dar, die in Darwins Buch vorkommen und von uns unterstützt werden sollen.
Die Freude an der Spielausstattung
Die optische Opulenz habe ich ja bereits eingangs erwähnt. Bei den schönen und verspielten Illustrationen von Maud Briand und David Sitbon (den wir auch von Iki kennen) hört die durchdachte Gestaltung allerdings nicht auf. Auf den Wegen von Darwin überzeugt durch viele Kleinigkeiten, die für das Spiel selbst eigentlich nicht nötig wären, aber trotzdem vorhanden sind.
So sind unsere Spieltableaus zusammengeklappt, wie ein Buch gestaltet. Die Innenseite ist bei jedem Tableau passend zum außen aufgedruckten Tier gestaltet. So verbergen sich hinter dem Chamäleon die Reptilien und hinter dem Tiger die großen Säugetiere. Der Spielplan selbst hat auch auf der Rückseite die Reiseroute der historischen Beagle aufgedruckt. In der Spielanleitung gibt es eine Vielzahl historischer Fakten über Darwin und seine Reise. Neben dem Spielen lerne ich also auch noch was und kann voll ins Thema eintauchen.
Der Schachteleinsatz hilft mir nicht nur beim sicheren Verstauen des Materials, es gibt auch noch Hinweise zum Aufbau. Nicht zuletzt verweist eine simple Ikonografie auf dem Spielplan und dem Tableau noch einmal darauf, wann ich welche Plättchen nehme und wie am Schluss der Partie gewertet wird.
Fazit
Es müssen nicht immer die Brecher auf dem Spieltisch sein. Wenn ich mir den Kopf zerbrechen möchte, dann kann ich das mit dem gleichen Thema bei Darwins Journey tun. Mit Auf den Wegen von Darwin hole ich mir aber ein ganz anderes Spielerlebnis auf den Tisch. Hier kann ich zwischendurch einen Kaffee trinken, meinen Kuchen essen, mich unterhalten und nebenher gemütlich meine Züge machen. Vermutlich entspricht das eher der Vorstellung eines Spielenachmittags, wie Wenigspieler*innen und Familien ihn haben. Von der eingängigen und leichten Regel und den vielen unterstützenden Elementen, die mich an den Ablauf erinnern über die Optik und die einfache Mechanik zielt alles auf diese Gruppe Spielende.
Wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten und so gibt es vor allem aus Vielspieler-Sicht doch ein paar Punkte zu kritisieren. Zum einen wäre da die Abhängigkeit vom Glück, wenn ich nicht gerade in Vollbesetzung spiele. Hier werden nämlich Plättchen aus dem Spiel genommen, was dazu führt, dass ein von mir heiß ersehntes Tier in dieser Partie vielleicht gar nicht mitspielt. Und wenn es in der Auslage liegt, heißt das noch lange nicht, dass ich es auch erreichen kann.
Nicht zuletzt hatte ich nach einigen Partien schnell das Gefühl, dass ich jetzt alles gesehen habe. Aber wie unser geschätzter Kollege Udo Bartsch es auf seinem Blog formulierte: „Es lohnt sich schon, AUF DEN WEGEN VON DARWIN mehrmals zu spielen, weil man lernt, auf Auslage und Mitspieler:innen besser zu reagieren.“ Zumal ich auch immer das taktische Element habe, dass ich auf die Gegebenheiten der Auslage reagieren muss und durch meinen Zug den meines Mitspielenden beeinflusse.
Aber ganz so ernst und konfrontativ möchte ich Auf den Wegen von Darwin eigentlich gar nicht spielen. Da ist es mir viel mehr Wert, dass unsere Teenager-Tochter letztens meinte, dass sie ein schönes Erlebnis mit dem Spiel hatte und ihr gerade dieses entspannte Miteinander gefallen hat.
Euer Rating zu Auf den Wegen von Darwin
Auf den Wegen von Darwin ist auf Deutsch bei Asmodee erschienen.
Für die Review stand uns ein selbst gekauftes Exemplar zur Verfügung.