Endlich, das Schiff legt im Hafen von Corinth an. Nun ist wieder Nachschub für den Markt verfügbar. Ob da auch die für mich gedachten Töpfe dabei sind? Die sind in letzter Zeit wirklich zur Mangelware geworden. Wäre ich Wein oder Tuchhändler, hätte ich keine solchen Probleme. Aber ich musste mich ja auf die zerbrechlichen Töpfe spezialisieren. Nun gut, daran kann ich jetzt auch nichts mehr ändern. Scheinbar ist der Weg zum Hafen blockiert, irgendein Ziegenhirte musste jetzt seine ganzen Ziegen hier durchtreiben. Warum passiert das gerade jetzt?
Corinth von Sébastien Pauchon ist das erste Roll & Write vom Days of Wonder Verlag. Erschienen ist es auf Deutsch bei Asmodee. In klassischer Manier werft ihr nacheinander Würfel und kreuzt auf einem Block entsprechende Felder ab. Wer das am Besten hinbekommt, bzw. wer das meiste Glück hat, gewinnt in Corinth. Dabei ist das Spiel selbst nicht neu, sondern basiert auf Yspahan. Was Corinth jetzt anders macht als andere Roll & Writes, klären wir in unserer Review zum Spiel.
Corinth ist zu spät dran
Ich glaube es ist kein Geheimnis, wenn ich sage, dass ich als Spieler Roll & Write-Spiele mag. Wir haben darüber ja auch schon in unserem Brettspiel-Podcast gesprochen. Nun ist es dann natürlich klar, dass ein Corinth in unserem Brettspiel-Haushalt Einzug halten musste. Doch leider ist Corinth zu spät dran und hinterlässt mich zwiegespalten. Auf der einen Seite ist da die Spielmechanik, die Corinth benutzt: Diese ist sauber umgesetzt und lässt keine Schwächen erkennen. Es macht Spaß, das Spiel neuen Spielern zu erklären, weil alles so schön ineinander greift und auf das Wesentliche runtergebrochen ist. Keine Kettenreaktionen, die ich beachten muss, wie in einem Ganz Schön Clever oder die Abhängigkeiten in einem Würfelgemüse. Das hebt Corinth aus der Masse an Roll & Writes hervor.
Doch genau diese Masse ist auch die Achilles-Ferse von Corinth, denn beim Spielen fehlt mir der Wow-Effekt. Das Spiel plätschert halt einfach so vor sich hin. Keine Frage, ich fühlte mich bei allen Partien gut unterhalten, aber eben mehr auch nicht. Und das liegt einfach daran, dass Corinth früher hätte kommen müssen, bevor ich Spiele wie Welcome To… oder Silver & Gold kennengelernt habe. Selbst ein Qwinto erzeugt bei mir ein wohligeres Bauchgefühl, als es Corinth je geschafft hat. Und das obwohl Corinth insgesamt gut aufgestellt ist.
Die Ausstattung von Corinth ist eigentlich ganz hervorragend. Schöne große und schwere Würfel und ein wirklich dicker Block. Dazu noch die für Days of Wonder typischen comichaften Illustrationen, die einen sehr guten Eindruck machen. Warum aber bei Corinth keine Stifte dabei sind, obwohl dafür noch Platz im wieder einmal perfekt gestalteten Inlay ist, erschließt sich mir bis heute nicht. Aber als alter Roller hab ich ja immer irgendwo Stifte rumfliegen.
Alles fühlt sich so glatt an
Auch die Regeln sind aufs Nötigste reduziert und klar strukturiert. Die geringe Downtime zwischen den Spielern macht aus Corinth ein gutes Spiel, aber es fehlt mir die Interaktion bzw. das Gefühl etwas bewirken zu können. Zu oft fühle ich mich vom Spiel gespielt, während ich bei anderen Roll & Writes das Gefühl habe, ich hätte eine Freiheit in der Auswahl. Vielleicht ist es nicht immer die Beste, aber ich habe eine. Und das findet sich auch beim Spielen selbst wieder: Nach ein paar Partien mach ich doch immer irgendwie das Gleiche, das fühlt sich eben stark repetitiv an.
Wenn ich dran bin, nehme ich einen Würfel aus der offenen Auslage und kreuze danach genauso viele Waren ab, wie ich Würfel genommen habe. Der Kniff: Nicht alle Waren sind immer verfügbar. Nach dem Würfeln des aktiven Spielers werden diese nämlich auf einem Tableau bereitgelegt. Das Tableau bietet dabei Platz für 6 verschiedene Würfelwerte. – Also von 1 bis 6 – Nun sind aber nicht immer alle Würfelwerte vorhanden. Es wird immer der höchste Würfelwert auf das Geldfeld gelegt und der niedrigste Wert auf das Ziegenfeld. Nun werden die anderen Würfel in steigender Reihenfolge auf die weiteren Felder Öl, Wein, Tuch und Gewürze gelegt. Und allzu oft werden eben nicht alle Waren belegt oder es gibt ein Ungleichgewicht in der Verteilung der Waren.
Das macht Corinth interessant, führt aber eben auch zu dem schon beschriebenen Gefühl des Ausgeliefert seins. In 90% aller Fälle nehme ich die Würfel, bei denen ich die meisten Waren abkreuzen kann. Je später ich dran bin in der Reihenfolge des Auswählens, desto schlechter sind die Würfel und meistens steht mir dann nur ein Würfel zur Verfügung. Da hätte ich mir eher etwas gewünscht wie ich es bei Noch Mal! finde, wo sich alle Spieler aus einem Pool bedienen können.
Corinth inklusive Minispiel
Es kann sogar der Fall eintreten, dass ich gar keine Würfel mehr wählen kann. Dann kann ich mit meinem Statthalter ein Feld gehen, was aber nur eine minimale Wiedergutmachung für Würfel ist. Denn der Statthalter bringt mir nur etwas, wenn ich ihn in meine Strategie mit einbeziehe. Dabei ist der Statthalter ein Spiel im Spiel. Ich kann auch Würfel nehmen, um dann meinen Statthalter auf einem seperaten Abschnitt zu bewegen. Dabei muss ich drauf achten, dass ich Felder die ich mit ihm besucht habe nicht noch einmal besuche. Desweiteren muss ich immer genau soviele Felder gehen, wie die Augenzahl des gewählten Würfels anzeigt, nicht mehr und nicht weniger. Am Ende bekomme ich dann den Bonus von dem Feld, wo der Statthalter zum Stehen kommt. Dies können dann extra Waren sein, die ich wieder abkreuzen kann, Geld, Ziegen oder extra Punkte für die Statthalterwertung.
Doch auch dadurch kann Corinth nicht durchstarten. Den Statthalter nehm ich halt ab und zu mit, um die fehlende Ware doch noch zu bekommen. Oder ich nutze ihn, damit ich einen gelben Würfel beim Würfeln nutzen kann. Dieser steht den anderen Mitspielern nicht zur Verfügung. Allerdings passiert es sehr häufig, dass dieser Würfel mir eigentlich nichts bringt. Denn irgendwie landet er immer auf der Seite, die am Ende am wenigsten Vorteile bietet. Da schlägt der Glücksfaktor eben unerbittlich zu.
Unterm Strich scheint es so, als ob Corinth wieder die gleiche Zielgruppe vor Augen hat, wie auch schon die letzten Spiele von Days of Wonder, wie Zug um Zug: New York oder The River: Wenigspieler. Für mich als Vielspieler und Roll & Write Fan bietet Corinth eben zu wenig. Das Spiel ist zu glattgezogen und ist deswegen für mich nur eines unter vielen und nicht das Würfelspiel, was jeder mindestens einmal gespielt haben muss.
Euer Rating zu Corinth
Corinth ist auf deutsch bei Asmodee erschienen.
Sollten euch mal die Blätter zu Corinth ausgehen, gibt es auf der Seite von Asmodee auch Nachschub.
Für die Rezension stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.