Heute schauen wir ein wenig hinter die Kulissen des deutschen Brettspiel-Verlags Voodoo Games. Wir reden im Interview mit André Schillo darüber, wie der Verlag gegründet wurde, das aktuelle Projekt Isles of Terror und seine Sicht auf Kickstarter.
Hallo André, danke dass du Zeit gefunden hast, mit uns über Voodoo Games und euer neues Kickstarter Projekt Isles of Terror zu sprechen.
Bitte stell dich und euren Verlag Voodoo Games doch erst einmal kurz vor:
Voodoo Games wurde passender Weise am 1. April 2014 von Martin und mir selbst ins Leben gerufen. Martin ist stolzer Besitzer des Orcish Outpost, eines Spieleladens in Mainz, und kennt sich bestens im Bereich Brettspiele aus. Ich selbst war zuvor Mitbegründer und CEO von Megalith Games und hatte mich nach jahrelangen Bemühungen letztendlich doch von meinem Geschäftspartner trennen müssen. Um meiner Kreativität aber weiterhin ein Ventil zu bieten, kam die Überlegung ins Gespräch, sich vermehrt dem Brettspielehobby hinzugeben und in dieser Richtung aktiv zu werden. Erste Ideen gab es bereits, denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt seit über einem Jahr an Xibalba gearbeitet und Martin hatte ein Spiel in der Mache, aus dem mittlerweile unser aktuellstes Projekt Isles of Terror geworden ist.
Mit diesen zwei Projekten im Sinn haben wir es also gewagt, Voodoo Games zu gründen, und haben es uns auf die Fahne geschrieben, Spiele zu entwerfen, die eingängige Spielmechaniken besitzen und trotzdem ein gewisses Maß an Komplexität aufweisen. Wichtig ist uns ebenfalls die Aufmachung der Spiele, da wir selbst viel Wert auf eine stimmige Atmosphäre und eine gute Optik legen. Bisher sind wir sehr zufrieden mit unseren Projekten und wir freuen uns schon auf die nächsten!
Wie idealistisch muss man sein, um ins kalte Wasser zu springen und einen eigenen Brettspiel-Verlag zu gründen? Wie kam es dazu?
Man sollte schon eine gehörige Portion Optimismus an den Tag legen, um solch ein Unterfangen zu wagen! Man ist ja schliesslich nicht der einzige Verlag, der versucht seine Spiele an den Mann zu bringen. Glücklicherweise besaßen wir davon genug, um es einfach mal gewagt zu haben. Und wir wurden dafür belohnt, denn seit unserem ersten Spiel Karnivore Koala haben wir uns ständig weiterentwickelt und unsere „Fangemeinde“ vergrößern können. Hätte natürlich auch nach hinten losgehen können, aber damals bildeten wir uns ein, uns recht gut mit Brettspielen auszukennen, und nachdem wir von unseren Spieleideen überzeugt waren, wollten wir es einfach mal drauf ankommen lassen! Um voranzukommen und eine Chance zu haben, muss man eben einfach bereit sein, ein gewisses Risiko einzugehen. Ohne das geht es einfach nicht.
Ihr verlegt bisher nur Eigenentwicklungen. Soll sich das in absehbarer Zeit ändern?
Gute Frage… wir hatten schon Kontakt zu verschiedenen Spieleentwicklern, waren bisher aber immer damit beschäftigt, erstmal unsere eigenen Ideen abzuarbeiten. Da wir uns gerne vergrößern wollen, kam allerdings auch schon mal der Gedanke in den Sinn, Spiele von externen Autoren zu verwirklichen. Zunächst möchten wir uns allerdings erst einen stabilen Stand am Markt verschaffen, bevor wir in diese Richtung weiterdenken, aber es könnte durchaus sein, dass wir uns in Zukunft auch für die Ideen anderer Autoren interessieren!
Wie geht ihr an die Sache ran, wenn ihr ein neues Spiel entwickelt? Habt ihr zuerst ein Thema oder einen Mechanismus im Kopf?
Das ist ein Prozess, der sich aus mehreren Teilen zusammensetzt und sehr schwierig zu erklären, da hier einfach verschiedenste Dinge zusammenkommen und sich gegenseitig bedingen. Wir überlegen uns einen Mechanismus, ein Setting, einen passenden und ansprechenden Aufbau und während wir dies alles immer weiterentwickeln, ergeben sich daraus neue Ideen für die jeweils andere Komponente. Hier und da fällt einem noch ein zusätzlicher Mechanismus ein, der dann wiederum Einfluss auf den Aufbau hat und aus dem sich vielleicht auch wieder neue Ideen ergeben, um das Setting zu erweitern. Es ist ein eher chaotischer Prozess, der bei uns keinen klaren Linien oder Vorgaben folgt. Wir entwickeln hier eher basierend auf kreativen Impulsen und treiben das Projekt dadurch voran. Der Feinschliff liegt dann darin, dies alles so zu perfektionieren, dass es am Ende anspruchsvoll aussieht, eingängige Mechaniken aufweist und den Spielspaß in die richtige Atmosphäre rückt!
Isles of Terror mit seinem Insel / Piraten Thema passt gut zu euch. Wie seid ihr auf die Idee gekommen und wie lange habt ihr daran entwickelt?
Ursprünglich war das Spiel in einem ganz anderen Setting angesiedelt, aber wir wollten es interessant halten und haben uns eine alternative Realität im Jahre 1754 ausgemalt, in der es eine verloren geglaubte Blutlinie von Conquistadores gibt, die dann auf Rotröcke und napoleonische Expeditionen trifft. Wie auch schon bei Xibalba, haben wir einen leichten Hang zu ungewöhnlichen Settings, haha. Die Entwicklung des ersten Prototypen von Isles of Terror war wohl so vor ca. vier oder sogar schon fünf Jahren. Seitdem haben wir immer ein wenig daran weiterentwickelt und seit ca. einem Jahr ist es auf dem aktuellen Stand und wurde seitdem ausgiebig getestet und von allen Testern als gut empfunden. Dies bedeutet für uns immer, dass es nun bereit ist, an die Öffentlichkeit zu gehen!
Der Entwicklungsprozess war also wie auch schon bei Xibalba recht lange. Allerdings muss man auch immer im Hinterkopf behalten, dass sämtliche Artworks und Arbeiten finanziell und ressourcenmäßig auf unsere eigene Kappe gehen und man neben einem Vollzeit-Job schauen muss, wie man das alles miteinander vereinbart. Da kann es also schon mal ein Jahr dauern, bis man alle Artworks finanziert hat… aber genau das soll und wird sich in Zukunft ändern! Wir arbeiten bereits jetzt an den nächsten Projekten, um auch 2019 wieder mindestens ein neues Spiel vorstellen zu können.
Was ist das Besondere bei eurem neuen Spiel Isles of Terror und warum sollte man es unbedingt spielen?
Isles of Terror vereint unserer Meinung nach verschiedene interessante Aspekte. Zum einen besitzt es diesen „Entdeckungs-Faktor“ der eine gewisse Spannung und Neugier erzeugt. Die Entdeckungen ändern sich mit jedem Spiel, sodass automatisch dafür gesorgt ist, dass die Spannung durchweg erhalten bleibt. Dann ist eine Besonderheit des Spiels, dass man es sowohl kompetitiv als auch kooperativ und sogar alleine spielen kann. Und das Beste daran: Es spielt sich in jeder Variante gleich gut! Zuerst war Isles of Terror als rein kompetitives Spiel ausgelegt, allerdings kamen uns dann im Laufe der Zeit ein paar gute Ideen, wie man daraus eine kooperative/solo Variante stricken könnte und bisher waren alle Tester mehr als angetan davon. Die Möglichkeit, das Spiel in verschiedenen Varianten zu spielen, sollte also jeder Spielegruppe und auch den Solospielern ermöglichen, die Isles of Terror nach ihrem eigenen Gusto zu entdecken.
Das Spiel bietet aber noch deutlich mehr: Wir haben ein selbst regulierendes Aktionssystem entworfen, es gibt geschichtsträchtige Abenteuer, die man auch als Teil einer Kampagne spielen kann. Verschiedene Inselaufbauten, Gegner, Erkundungen, Orte, Missionen, Strategiekarten und Jahreszeitenereignisse sorgen für eine reichhaltige Abwechslung mit einem immer neuen Spielerlebnis. Darüber hinaus haben wir zusätzliche Abenteuer-Sets mit neuen Kampagnen und allem was man benötigt, um in das neue Setting einzutauchen. Zwei neue Fraktionen bieten außerdem die Möglichkeit das Spiel mit bis zu 6 Spielern zu bestreiten.
Welche Erfahrungen habt ihr aus euren vorherigen Kickstarter-Kampagnen gezogen und was macht ihr jetzt besser?
Kickstarter ist mittlerweile eine Wissenschaft für sich und es gibt viele Dinge zu beachten, wenn man Erfolg haben möchte. Man befindet sich ständig im Zwist mit den unterschiedlichsten Entscheidungen und auch die Planung der Stretch Goals, des Funding Goals, der Rewards, der Versandkosten usw. ist alles andere als einfach. Auf der einen Seite muss man versuchen, das ganze so attraktiv wie möglich zu halten. Auf der anderen Seite muss man aufpassen, dass man kein zu großes Risiko eingeht und am Ende sogar noch drauflegt. Hört sich merkwürdig an, passiert aber unter Umständen schneller als man denkt.
Und zu allem Überfluss ist es dann auch nicht gerade einfacher geworden, konkurrenzfähig zu bleiben, denn was viele Leute zum Teil nicht mehr verstehen ist, dass Kickstarter eine Plattform sein sollte, die kleinen Firmen ermöglicht ihre Ideen und Projekte umzusetzen. Die Plattform wird aber mittlerweile von vielen großen Firmen als eine Art Vorverkaufsplattform missbraucht was dazu führt, dass hier Spieledeals zu einem Preis angeboten werden, mit denen kein kleiner Verlag mithalten kann… Und dadurch kommt es dann auch zu einer enormen Verschiebung der Wahrnehmung, denn der allgemeine Backer wird zunehmend verwöhnter und erwartet von einem Projekt eventuell einfach mehr, als ihm ein Zwei-Mann-Verlag bieten kann. Und wenn man dies alles bedenkt, kann es schon ein ganz schöner Drahtseilakt sein, einem Spiel auf Kickstarter zum Erfolg zu verhelfen. Umso glücklicher sind wir, dass es bei uns bisher so gut gelaufen ist!
Worauf können wir uns als nächstes von euch freuen? Gibt es schon Pläne?
Aktuell müssen wir natürlich erstmal Isles of Terror über die Bühne bringen, aber wir haben noch ein Spiel in der Mache, das wir noch bis zur SPIEL 2018 auf den Markt bringen möchten. Dies geschieht eventuell auch einfach außerhalb von Kickstarter, da es sich hierbei um ein Kartenspiel handelt, welches von der Komplexität der Produktion und dem finanziellen Aufwand usw. überschaubarer ist, als ein Großprojekt wie Isles of Terror. Für 2019 haben wir auch schon ein Programm und sind fleißig am Testen, damit wir auch im nächsten Jahr hoffentlich wieder mit 1-2 Spielen aufwarten können. Einzelheiten hierzu kann ich derzeit allerdings noch nicht preisgeben. Man darf also gespannt sein!
Neben euren eigenen Spielen, was sind deine Lieblingsspiele und wie oft kommst du zum Spielen?
Ist echt schwierig meine Lieblingsspiele zu nennen, da ich eigentlich recht offen bin für alle möglichen Spiele. Wir spielen abgesehen von unseren eigenen Testspielen regelmäßig Donnerstags in einer größeren Runde und dort kommt dann eben auf den Tisch, was zuletzt so erworben wurde oder über Kickstarter eingetrudelt ist. Da sind dann die üblichen KS Verdächtigen von CMON dabei, aber auch mal ein Dice Forge, Clank!, Imperial Settlers oder einfach nur King of Tokyo. Zuletzt haben wir auch mal angefangen Gloomhaven auf den Tisch zu packen und werden uns dies in Zukunft noch genauer anschauen.
Was ich immer wieder sehr gerne spiele, aber es aufgrund der Masse an neuen Spielen nicht regelmäßig schaffe, sind Villen des Wahnsinns, Winter der Toten, Trickerion, 011 und gerne auch mal Outlive oder Conan. Man könnte schon sagen, dass mein persönlicher Geschmack eher nicht im Bereich der Familienspiele liegt und ich eher affin für abgefahrene Settings bin, bei denen es auch mal gruselig zugehen darf, haha.
Vielen Dank André für das ausführliche Interview, das einen schönen Einblick hinter die Kulissen von Voodoo Games bietet. Wir wünschen euch mit eurem aktuellen und zukünftigen Projekten viel erfolg und bleibt bitte so sympatisch und offen, wie ihr jetzt seid. Wir freuen uns bereits darauf, in Essen zur Spiel 2018 euer neues Spiel testen zu können.
Wenn ihr euch noch ausführlicher zum Verlag und den von André erwähnten Spielen informieren möchtet, der ist auf der Homepage von Voodoo Games richtig.
Die Kickstarter Kampagne zu Isles of Terror läuft noch bis zum 20. Februar 2018. Informationen und Bilder findet ihr in unserem Preview zu Isles of Terror.