Die Uhr Tickt, Ma Tahari wartet auf unsere Anweisungen, wo sie die Verfolgung der Zielperson aufnehmen soll. Usher ist ein echter Witzbold. Den Haufen Papier hier nennt er einen Plan? Für ihn war das alles bestimmt glasklar, aber ein richtiges Ablagesystem müssen wir unserem Kumpel wohl nochmal beibringen. Aber zurück zum Einsatz, wir müssen uns beeilen, denn das Zeitfenster schließt sich bereits wieder…
Nachdem das Genre der Escape- und Detektiv-Spiele mittlerweile sehr gut bedient wird, hat sich iDventure mit The Heist – Verbrechen lohnt sich nun etwas Neues ausgedacht. Das Spiel von Igor Korotkij und Alexander Krys ist mit der Aufschrift Live Mission Game betitelt und möchte uns noch tiefer ins Geschehen hinein ziehen. Ob das den Machern gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Beitrag.
Blaue Kisten und die Zeit
Die Box von The Heist hat mich auf der SPIEL in Essen schon angelacht. Blaue Schachteln ziehen mich magisch an, auch wenn es sich nicht um eine TARDIS handelt. In der Neuheitenschau gab es neben der Box mit dem Agenten-Design auch noch einen großen Plan eines Gebäudes zu sehen und das hatte mich dann doch neugierig gemacht. Auch wenn wir keine großen Fans von den Detective Stories Boxen wie Das Feuer in Adlerstein sind, wollte ich dem neuen System eine Chance geben. Immerhin sollte es irgendwie interaktiver sein und irgendwie live. Und so kam es, dass wir kurz nach der Messe zu dritt an unserem Tisch saßen und gemeinsam einen Einbruch planten.
Akten sortieren für Fortgeschrittene
In der Schachtel selbst sind erst einmal jede Menge Dokumente. Es gibt Fotos, Pläne, Flyer und vieles mehr. Insofern unterscheidet sich The Heist nicht von den Spielen aus der Reihe der Detective Stories. Doch statt nur einen bloßen Abgleich der Sachlage vorzunehmen, um ein Verbrechen aufzuklären, sollen wir nun über die Messenger-App Telegram (Update: Das geht nun auch mit WhatsApp) mit einer KI namens Alpha, welche als Missionsleiter fungiert und in Form eines Chat-Bots daherkommt, Kontakt aufnehmen. Sie soll uns bei unserer Mission unterstützen. Im Idealfall sollte jeder am Tisch ein Gerät mit der App besitzen, da im Laufe der Mission mit verschiedenen Agenten kommuniziert werden muss und sich die Spieler*innen das am besten aufteilen sollen. Alle haben so einen eigenen Fokus und sind in die Mission involviert.
Inside Man ohne Insider – Das klappt schon irgendwie
Wir haben für unseren Freund, der Geheimagent Usher, ein Team für einen von ihm geplanten Einsatz zusammengestellt. Er wurde allerdings aus unbekannten Gründen verhaftet. Uns hat er zuvor Unterlagen zukommen lassen, um die Operation „Eclipse“ an seiner Stelle durchzuführen. Die Mission selbst besteht darin, den geplanten Cyberangriff eines Kartells zu verhindern, indem wir in eine Bank einbrechen und die dafür vorgesehenen Finanzmittel stehlen. So weit, so einfach…
Hierfür müssen wir über verschiedene Chats mit den Teammitgliedern Dante, Tyler und Ma Tahari im Außendienst kommunizieren, um den mehrstufigen Plan durchzuführen. In der Praxis sieht das so aus, dass wir uns zunächst einmal die Unterlagen sichten, um eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, was denn nun eigentlich Ushers Plan ist. Dann geht es auch schon los und wir müssen für jeden Agenten eine Sicherheitsvalidierung durchführen und einen Code eingeben, damit diese überhaupt mit uns kommunizieren. Schließlich reden Agenten, die etwas auf sich halten, nicht mit jedem dahergelaufenen Danny Ocean Verschnitt.
Für jeden der drei Agenten gibt es dabei einen eigenen Chat, in dem wir erfahren, welche Art von Code von uns erwartet wird. Danach entwickelt sich die Geschichte weiter und wir springen von Agent zu Agent und bekommen zwischendurch kleine Videosequenzen gezeigt, durch die wir den Fortschritt der Mission quasi live mitverfolgen können. Zwischendurch müssen wir immer wieder Entscheidungen treffen und die Agenten anleiten. Im Idealfall haben wir die richtigen Anweisungen aus dem Wust an Dokumenten herausgelesen. Falls nicht, bekommen wir bei der KI Alpha auf Wunsch auch Hilfe zu den einzelnen Rätseln. Sie hält uns auch immer auf dem Laufenden, welche Missionen gerade aktuell sind.
Live dabei, aber Eile mit Weile
Natürlich ist uns klar, dass der Ablauf der gesamten Mission bei The Heist gescriptet ist und eigentlich kein Zeitdruck besteht. Doch durch die kleinen Videosequenzen und die direkte Reaktion der Agenten auf unsere Eingaben im Chat, entsteht ein Gefühl, als ob man tatsächlich Teil der Mission wäre. Der Titel Live Mission Game ist hier sehr gut gewählt und The Heist hält in der Hinsicht was es verspricht.
Wir waren positiv überrascht, wie gut das funktioniert und es umgeht mit seinem Prinzip der verschiedenen Chats ein Problem, das bei vielen Escape-Spielen besteht. Zu dritt kann jeder am Tisch seinen eigenen Agenten „steuern“ und bekommt die Verantwortung für die dazugehörigen Rätsel. Dadurch sind alle Spieler*innen involviert und niemand fühlt sich ausgeschlossen. Das kann bei anderen Systemen schon mal passieren, wenn jemand zu übereifrig ein Rätsel nach dem anderen löst. Bei The Heist ist jeder reihum mal gefragt und muss dann erklären, was genau gerade gefordert wird. Natürlich rätselt ihr trotzdem noch gemeinsam, schließlich ist man ja ein Team.
Das Beste kommt zum Schluss
Besonders gut gefallen hat mit der Schluss, der war noch mal etwas kniffliger. Vor allem standen wir nach dem vermeintlichen Ende erst einmal auf dem Schlauch, dann hat es aber doch noch Klick gemacht. Unerwarteterweise gab es noch einmal einen tatsächlichen Zeitdruck und wir brauchten zwei Anläufe, um alle Daten korrekt innerhalb der Zeit einzugeben. Wie gesagt, unerwartet, aber durchaus fordernd. Da ist das Adrenalin dann doch einmal durch die Adern geschossen. Ich weiß, eigentlich geht es um nichts, außer der Detektiv-Ehre, aber im ersten Versuch wäre es schon schöner gewesen.
Die Krux mit der App
Einen kleinen Abzug gibt es in der B-Note. Zwar ist auf der Schachtel eindeutig angegeben, dass man die App Telegram sowie einen Internetzugang benötigt, allerdings wäre eine alternative Chat-App oder dergleichen auch schön gewesen. Wir mussten uns Telegram extra hierfür installieren, was wieder einen weiteren Messanger-Dienst bedeutete und plötzlichen Nachrichten von entfernten Bekannten nach sich zog. Klar, wer sie nicht braucht, deinstalliert die App danach einfach wieder, aber es ist fraglich, ob das wirklich die optimale Lösung darstellt.
App-laus für Kritikfähigkeit
Nachdem wir wohl nicht die einzigen waren, die sich über den Mangel an Auswahlmöglichkeiten bei der App ausgelassen hatten, hat der Verlag zügig reagiert. Nun steht den Spielern neben Telegram als Alternative noch WhatsApp zur Verfügung. Das gibt jetzt natürlich keinen Abzug mehr in der B-Note sondern ein extra Fleissbienchen für so viel Kundenfreundlichkeit.
Missions-Fazit
Insgesamt hat uns The Heist sehr gut gefallen. Der gesamte Drive während der Mission war genau richtig und macht Lust auf mehr Live Mission Games. Die Live Komponente tut dem Spielprinzip mit den „echten“ Dokumenten in der Box richtig gut und bringt Würze in das ansonsten doch recht simple Akten-Sortieren. Die Videos, Webseiten und andere eingebaute Elemente geben noch mal einen extra Schuss Realitätsgefühl ins Spiel. Wer als Kind schon gerne Agent gespielt hat und wie wir ein Faible für rätselige Spiele mit Story hat, der sollte The Heist einmal ausprobieren.
Euer Rating zu The Heist
The Heist – Verbrechen lohnt sich ist auf Deutsch bei iDventure erschienen.
Für die Review stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung.