Endlich sind sie da, die Nominierten Spiele für die Wahl zum „Spiel des Jahres 2018“. Wir stellen euch die heiß gehandelten Brettspiele dieses Jahrgangs in den Sparten Spiel des Jahres und Kennerspiel des Jahres kurz vor. Zu den nominierten Kinderspielen können wir leider nichts sagen, da wir uns in diesem Bereich zu wenig auskennen.
Autor Wolfgang Warsch ist allerdings jetzt schon der große Gewinner der diesjährigen Nominierung. Mit drei Spielen auf der Liste hat er gute Chancen, mindestens in einer Kategorie die begehrte Auszeichnung zu erhalten. Mit Ganz schön Clever! und Die Quacksalber von Quedlinburg hat er in der Kennerspiel-Kategorie eindeutig die besseren Startvoraussetzungen und Heaven & Ale als starken Konkurrenten. Beim Familienspiel mit dem roten Pöppel ist sein Kartenspiel The Mind nominiert und muss sich mit Azul und Luxor messen.
Neben den erwartbaren nominierten Spielen gab es allerdings noch eine große Überraschung: Zum ersten Mal seit 2010 hat die Jury bereits jetzt einen Sonderpreis verliehen. Er geht an Pandemic Legacy – Season 2 von Matt Leacock und Rob Davieau, das als wegweisendes und storylastiges Legacy Spiel diese Würdigung mehr als verdient hat.
Nominiert zum Spiel des Jahres 2018
Azul
Farbige Fliesen nehmen und passend in Reihen puzzeln, das ist Azul von Michael Kiesling. Klingt einfach, ist es auch. Bei Azul wird aber eigentlich immer besonders von der Haptik geschwärmt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es mit seinen bunten Steinen und der auffälligen Packung neugierig macht. Die Komponenten fassen sich auch noch toll an. Man möchte sofort losspielen. Die Regeln sind dann auch recht einfach und schnell erklärt und schon kann es mit der ersten Runde losgehen.
Was ihr bei Azul nicht bekommt, ist eine Geschichte. Die Thematik des Fliesenlegens ist mehr als weit hergeholt. Was ihr bekommt, ist ein abstraktes Spiel mit einfachen Regeln aber viel potentieller Spieltiefe. Wir sagen bewusst potentiell, denn seine wahre Stärke entfaltet Azul erst nach ein paar Partien. Dann fängt man an, nicht nur auf sich und sein Tableau zu schielen, sondern auch auf das seiner Mitspieler. Und hier wird das Spiel schnell frustrierend und gemein. Denn man kann es durchaus so spielen, dass man seine Mitspieler blockiert und am Punkten hindert. Man kann ihnen gezielt Minuspunkte zuschustern. Neben aller Zugänglichkeit ist das ein großer Minuspunkt, der unserer Meinung nach nicht zum Familienspielcharakter der „Spiel des Jahres“-Auszeichnung passt, sondern eher die Vielspieler begeistert, die Azul entsprechend loben.
Luxor
Luxor ist dagegen bei uns gut angekommen. Das Rennspiel im ägyptischen Setting hat auch unsere Tochter sofort begeistert und wenn man sie danach fragt, was denn Spiel des Jahres 2018 werden soll, dann nennt sie auf jeden Fall Luxor von Rüdiger Dorn. Es spielt sich auch in allen Besetzungen gut und locker weg. Es gibt wenige Regeln zu beachten und bis auf die etwas aufwändigere Wertungsphase ist es zugänglich und ohne komplizierten Schnick-Schnack.
Luxor ist typisches „Spiel des Jahres“-Material ohne große Ecken und Kanten. Der schöne Kartenzug-Mechanismus macht es besonders. Aus den nominierten Spielen ist Luxor uns das liebste und wir würden uns wünschen, dass es den roten Pöppel auf der Schachtel bekommt. Allerdings ist die Konkurrenz, auch wenn sie uns nicht überzeugen konnte, sehr hoch gehypt und vor allem Azul wird von vielen unserer Bloggerkollegen als sicherer Sieger gehandelt.
Falls ihr euch noch weiter über Luxor informieren möchtet, möchten wir euch unsere ausführliche Rezension zu Luxor wärmstens ans Herz legen. Lest doch mal rein.
The Mind
Das Kartenspiel The Mind von Autor Wolfgang Warsch erinnert vom Spielprinzip stark an das beliebte The Game von Steffen Benndorf. Ihr versucht Karten in der richtigen Reihenfolge abzulegen und zwar ohne dabei verbal zu kommunizieren. So läuft The Mind also komplett im Stillen ab. Dieser Fakt ist es, der einige Spieler bei The Mind stört. Auch Magic Maze ist an dieser Hürde trotz innovativem Spielkonzept schon gescheitert. In der Familienspiel-Sparte soll ja der Spaß am Spielen und die Gemeinsamkeit gefördert werden. Ob da ein Anschweigen besonders empfehlenswert ist, mögen wir ein wenig bezweifeln.
Auf der Empfehlungsliste finden sich außerdem noch 5-Minute Dungeon, Facecards, Majesty, Memoarrr!, Santorini und Woodlands.
Nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2018
Ganz schön clever
Das Würfelspiel von Autor Wolfgang Warsch hat es in sich. Es zeigt, dass Würfel und Taktik sich nicht kategorisch ausschließen. Und Spaß macht es auch noch! Wir sind sowieso ausgesprochene Fans von kleinen Würfelspielen und Ganz schön clever erzeugt ziemlich schnell einen gewissen Ehrgeiz, den eigenen Highscore zu knacken. Nachdem ihr gewürfelt habt, wählt ihr einen der Würfel aus und macht ein passendes Kreuz auf dem Block oder schreibt eine Zahl auf, je nachdem, welche Farbe euer Würfel hat. Das könnt ihr insgesamt drei mal machen, wenn ihr am Zug seid. Allerdings werden nach jedem Wurf die Würfel mit einer niedrigeren Augenzahl als der von euch gewählte, für die Mitspieler zur Seite gelegt. Sie stehen euch für die weiteren Würfe eures Zuges also nicht mehr zur Verfügung. Da heißt es genau zu überlegen, wann ihr welchen Würfel nehmt.
Allerdings hat das Spiel bei aller Liebe auch seine Schwächen. Alleine und zu zweit können wir es eigentlich uneingeschränkt empfehlen. Wenn man allerdings mit drei oder vier Spielern am Tisch sitzt, macht sich doch eine unangenehm lange Downtime bemerkbar. Es ist eben nicht so einfach, den genau passenden Würfel auszuwählen, denn die punkteträchtigen Ketten zünden nur, wenn man seine Züge bis zu einem gewissen Punkt gut durchdenkt.
Heaven & Ale
Bier brauen im Kloster, das ist das Thema von Heaven & Ale von Michael Kiesling und Andreas Schmidt . Ihr kauft Plättchen, die ihr anschließend in eurem Klostergarten auslegt. Zwischendurch werden immer wieder Wertungen ausgelöst, durch die ihr euren Braumeister oder die Zutatensteine auf der Wertungsleiste weiterschieben könnt. Am Ende einer Partie wird der Wert, den der Braumeister erreicht hat, mit dem der niedrigsten Zutat multipliziert. Während des Spiels macht es diese Wertung erforderlich, dass ihr euch gleichmäßig um alle Zutaten kümmert und zudem gezielt Plättchen mit bestimmten Werten zusammenbringt, um auch euren Braumeister vorwärts zu bekommen. Die Mechaniken funktionieren hier sehr gut und greifen schön ineinander. Es hat allerdings einen Hauch von Optimierungs-Spiel.
Heaven & Ale hat trotz mehrmaligem Spielen bei uns nicht gezündet. Dabei kann man den Autoren in punkto Mechanik keinen Vorwurf machen. Es ist eher das Thema, das bei uns durchgefallen ist. Wieso das der Fall ist, könnt ihr in unserem subjektiven Meinungs-Format 300 Worte zu: Heaven & Ale nachlesen.
Die Quacksalber von Quedlinburg
Hier tut sich bei uns eine große Bildungslücke in der Liste der Nominierten Spiele auf, denn wir konnten es leider bisher noch nicht spielen. Das wird sich in Kürze aber ändern. Die Quacksalber von Quedlinburg ist ebenfalls vom Autor Wolfgang Warsch und noch nicht sehr lange auf dem Markt erhältlich und hat es trotzdem geschafft, die Jury von seinen Qualitäten zu überzeugen. Im Kern handelt es sich um ein Bagbuilding Spiel, bei dem ihr als Alchemisten Zutaten in einem Beutel sammelt und dann zum Tränke brauen herauszieht. Hierbei versucht ihr, möglichst viele Zutaten herauszubekommen, ohne dass euer Kessel explodiert, weil ihr zu viele Knallerbsen gezogen habt. Das Push-Your-Luck-Element verleiht dem Spiel dabei eine besondere Würze.
Auf der Empfehlungsliste finden sich außerdem noch Klong! und Pioneers.
Spiel des Jahres 2018 – Sonderpreis für Pandemic Legacy – Season 2
Eine große Überraschung war die Vergabe des Sonderpreises an Pandemic Legacy – Season 2. Das letzte Mal wurde dieser Preis 2010 an Die Tore der Welt wegen seiner Atmosphäre und der gelungenen Umsetzung der Buchreihe von Ken Follett als Brettspiel verliehen. Der Preis würdigt also besondere Spiele, die in keine der Standard-Kategorien passen wollen und etwas neues, innovatives oder besonders auszeichnungswürdiges geleistet haben. Pandemic Legacy Season 1 wurde vor zwei Jahren bereits als heißer Kennerspiel-Kandidat gehandelt. Es landete zwar auf der Nominierungsliste, ging aber letztendlich leer aus, da sich Isle of Skye den anthrazitfarbenen Pöppel sicherte.
Das wurmte einige Spieler und insbesondere die vielen Pandemic Fans nicht gerade wenig. Jetzt mit Pandemic Legacy – Season 2 haben es Matt Leacock und Rob Davieau wieder geschafft, ein hervorragendes Legacy-Spiel mit einem einmaligen Spielerlebnis zu entwickeln, das danke einer packenden Story über viele Partien hinweg trägt. Die Auszeichnung mit dem Sonderpreis der Jury hätte sich das Autorenteam eigentlich bereits vor zwei Jahren verdient. Nun ist es also endlich soweit. Wir konnten Pandemic Legacy – Season 2 erst vor kurzem abschließen und finden, dass es ein würdiger Preisträger ist, auch wenn wir Season 1 für das bessere Spiel halten. Was wir sonst noch so zu beiden Spielen zu sagen haben, könnt ihr bei Interesse in unserem Review zu Pandemic Legacy – Season 1 und Season 2 nachlesen.
Was haltet ihr von den nominierten Spielen? Hättet ihr andere Favoriten gehabt? Welche Spiele werden eurer Meinung nach die begehrten Auszeichnungen Spiel des Jahres 2018 und Kennerspiel des Jahres 2018 erhalten?