„Da ist er ja. Ich habe schon ewig nach ihm gesucht, hier im Vale of Eternity. Der Schlammige Schleim! Meine Mitstreiter unter den Bändigern unterschätzen ihn und rümpfen die Nase, aber er hat Potenzial und ich werde es nutzen. Meine Schneckenmaid vom letzten Streifzug ins Tal könnte perfekt zu ihm passen.“
The Vale of Eternity von Eric Hong ist ein Engine Builder Kartenspiel, bei dem jede Partie anders verläuft, weil ich nie weiß, was ich eigentlich bekomme. Es trumpft nicht nur mit hübschen Illustrationen auf, sondern auch mit einem eleganten Regelset und einigem mehr an Komplexität, als man im ersten Augenblick vermuten würde. Wie unser Erlebnis im Tal der Ewigkeit war, erfahrt Ihr in unserer Rezension.
Viel Spaß beim Lesen!
Do you speak Deutsch?
The Vale of Eternity? Ein englischer Titel, der nicht ins Deutsche übersetzt wurde? Das verwundert doch sehr. Das und die, nach meinem Geschmack, wunderbaren und asiatisch angehauchten Illustrationen waren die ersten Eindrücke, die das recht schlanke Kartenspiel bei mir hinterlassen haben. Das Tal der Ewigkeit geht jetzt aber auch nicht viel geschmeidiger von den Lippen, also was soll’s. Hat die Redaktion bei Pegasus schon richtig gemacht. Viel wichtiger, als das, was drauf ist, ist ja sowieso das, was drinsteckt. Also ausgepackt und Regeln studiert.
Der Spiel-Fluss im Tal
Zunächst einmal haben wir ein klares Ziel vor Augen: Es gewinnt, wer als erstes die magische Marke von 60 Punkten knackt. Dabei haben wir höchstens 10 Runden Zeit, denn wenn bis dahin keiner die erforderliche Punktzahl erreicht hat, ist Schluss. The Vale of Eternity wartet dabei mit einem sehr stimmigen und leicht zu verinnerlichenden Spielablauf auf: Karten draften, Karten auf die Hand nehmen, ausspielen oder verkaufen und dann Effekte abhandeln – repeat. Jeder dieser Schritte hat vom Autor allerdings einen kleinen aber feinen Kniff mitbekommen, der das Ganze so interessant macht.
Vorsicht Schlangen – Draft
Zu Beginn jeder Runde werden doppelt so viele Karten ausgelegt, wie Spieler*innen an der Partie teilnehmen. Jede Karte gehört dabei zu einer von 5 Elementen, die rund um die Auslage-Tafel passend zu ihrem Element zugeordnet werden. Das draften findet dann nach dem sogenannten Snake-Draft statt – vom ersten zum letzten und dann wieder zurück zum Ersten. Bin ich Startspieler*in, darf ich mir zuerst eine Karte aussuchen und mit einem meiner Spielsteine markieren, dann kommt der oder die nächste an die Reihe und sucht sich eine der ausliegenden Karten aus usw. Wer als Letztes aussuchen darf, hat zwar nicht mehr die volle Auswahl, die zweite Karte wird aber von hinten nach vorn ausgewählt, so das ich als letztes gleich zwei Karten markieren kann. Wert zuerst ausgewählt hatte, muss demnach für seine zweite Karte das nehmen, was dann noch übrig bleibt.
Zähmen, Beschwören, Verkaufen?
Jetzt kommt die Phase, wo jeder entscheidet, was genau mit den ausgewählten Karten passieren soll. Ich kann sie auf die Hand nehmen, das wird in der Anleitung als zähmen bezeichnet. Ich kann sie ausspielen, was dann das Beschwören wäre. Für das Ausspielen benötige ich aber Runensteine. Wie viel eine Karte kostet, ist unterschiedlich und variiert von 0 bis 12. Okay. Wie komme ich also an diese Runen? Ich kann eine der ausgewählten Karten aus der Tischmitte abwerfen und erhalte dafür die auf dem Tableau in der Mitte abgebildeten Runen. Es gibt sie als 1er, 3er und 6er. Hier kommt auch schon der nächste Kniff: Ich habe Platz für genau vier Runen. Tauschen darf ich diese nicht. Ich kann also aus drei Einern keinen Dreier machen, um Platz zu sparen. Beim Ausspielen bekomme ich auch kein „Rückgeld“, wenn ich überbezahlt habe. Ich kann Karten auch nicht mehr verkaufen, wenn ich sie vorher durch Zähmen auf die Hand genommen habe. Es gibt zwar kein Handkarten-Limit, aber ich sollte mir durchaus überlegen, wofür ich eine Karte benutzen möchte.
Das Management meiner Runen-Währung macht also einen wichtigen Teil des Spiels aus. Einnahmen verfallen lassen zu müssen, ist kein gutes Gefühl, genauso wie zu viel zu bezahlen, weil ich keine passenden Runen habe. Das Timing meiner Aktionen ist also entscheidend. Zum Glück kann ich in meiner Aktionsphase frei entscheiden, in welcher Reihenfolge ich etwas tue und vielleicht warte ich mit dem Ausspielen einer Karte auch noch bis zur nächsten Runde.
Für das Ausspielen von Karten gibt es auch noch eine große Einschränkung: Ich kann immer nur so viele Karten vor mir ausgespielt liegen haben, wie es der aktuellen Rundenzahl entspricht. Also in der ersten Runde genau eine Karte, in der vierten dann schon vier Karten. Da das Spiel sich so langsam aufbaut, nimmt auch die Komplexität mit fortschreitendem Spielverlauf zu.
Kombinier mich – wenn du kannst
Insgesamt sind in der Schachtel 70 verschiedene Karten im Deck enthalten, von denen ich je nach Spielerzahl und Länge der Partie natürlich nicht alle zu sehen bekomme. Der Reiz von The Vale of Eternity liegt darin, immer wieder neu zu entscheiden, welche Effekte der Karten sich gut miteinander kombinieren lassen. Das bedeutet aber auch, dass gerade die ersten Partien, wenn noch alle Karten neu sind, etwas länger dauern. Ich muss die Karten ja erst mal kennenlernen.
Jedes einzelne Element funktioniert dann auch noch mal ein wenig anders, in dem, was sie so tun. Die blauen Wasser-Karten machen zum Beispiel viel mit den 3er-Runen. Die rosafarbenen Wind-Karten beziehen sich oft auf Handkarten. Besonders mächtig, aber auch mächtig teuer sind die lila Drachen-Karten. Es lohnt sich aber nicht nur, sich auf eines der Elemente zu fokussieren, auch die Kombination von Karten verschiedener Farben kann mächtige Effekte auslösen und einen ganzen Haufen Punkte einbringen.
Die Karten selbst haben dabei sowohl einmalige Effekte, als auch andauernde oder solche, die jede Runde nach der Aktionsphase ausgeführt werden. Solche Runden-Effekte müssen dabei in jeder Runde abgehandelt werden, was unter Umständen auch nicht ganz so gut sein kann oder aber jede Runde wieder einen stetigen Zuwachs an Punkten oder Runen garantiert.
Wem Fortuna zulächelt – Die Sache mit dem Glück
Beim Entdecken von Kombinationen und dem Effekt, dass ich mit dem Leben muss, was mir da gerade so geboten wird, hat mich The Vale of Eternity ein wenig an Res Arcana von Tom Lehmann erinnert. The Vale of Eternity ist hier aber doch noch etwas zugänglicher und von der Spielstruktur deutlich einfacher gestrickt.
Beiden Spielen wohnt jedoch ein nicht zu verachtender Glücksfaktor inne. Manchmal kann ich machen, was ich will und schleiche punktemäßig einfach immer hinterher. Es ist auch keine Seltenheit, dass zwischen dem oder der Ersten und Letzten mal 20 bis 30 Punkte Unterschied liegen. Bei Res Arcana konnte ich hier nicht mehr so viel drehen, beim Spiel von Eric Hong schon. Jede Runde muss ich hier neu entscheiden und jede Runde muss ich auch neu im Blick behalten, was den anderen am Tisch nützt. Manchmal ist es eben nicht die Karte, die ich am dringendsten brauche, die meine erste Wahl ist, sondern die Karte, die jemand anderes noch viel mehr braucht, um damit Punkte zu machen. Für ein paar Runen ist ja eigentlich jede Karte gut.
Das Wettrennen wird also stetig neu befeuert. So wirklich lang von der Spielzeit ist The Vale of Eternity mit 30 bis 45 Minuten auch nicht. Falls es mal so gar nicht läuft und ich so richtig verliere, dann habe ich doch zumindest eine neue Kombination entdeckt, welche die Engine richtig ans Laufen gebracht hat. Nur eben nicht auf meiner Seite des Tischs. Egal, Nase putzen und die nächste Partie aufbauen.
Fazit
Ich habe meine Freude an The Vale of Eternity. Auch wenn es ein paar Probleme hat, wie die Tatsache, dass durch die runde Anordnung der Karten in der Tischmitte nie alle lesbar sind. Oder den unnützen Drachen, den man eigentlich in die Mitte des Tableaus stellen soll, der dann aber noch mehr die Sicht auf die Karten verdeckt. Kann man aber auch einfach in der Schachtel lassen. Nichts, was jetzt ein K.O.-Kriterium wäre und den Spielspaß mindern würde. In Runden mit Einsteiger*innen kann man die Karten auch einfach vorlesen, denn diese liegen ohnehin offen auf dem Tisch, bei Fragen kann man so ganz einfach helfen und aufklären.
The Vale of Eternity profitiert eindeutig davon, wenn man es häufiger spielt. Die ersten paar Partien war ich noch sehr mit lesen beschäftigt, dann nimmt das Spiel aber durchaus Geschwindigkeit auf. Ein paar harte Entscheidungen brauchen vielleicht auch mal länger, aber alles in allem ist man mit einer halben Stunde schon gut dabei.
Bisher habe ich bei fast jeder Partie etwas Neues entdecken können. Ein paar wenige Kombos haben sich auch schon mal wiederholt. Aber das Schöne ist, dass da überhaupt nicht drauf spielen kann, da die eine Karte, die man für eine bestimmte Kombo braucht, vielleicht ganz unten im Stapel liegt. Jede Runde muss ich neu überlegen. Das eine Mal hat es vielleicht gut funktioniert, auf Blau zu setzen und in der nächsten Partie kommen nach der ersten Runde kaum noch blaue Karten. Dann muss ich umdenken, denn durch die Kürze des Spiels kann ich es mir auch nicht leisten, auf meinem Hintern zu sitzen und zu lange zu warten.
Die Entscheidungen, die ich treffe, sind spannend und das Spieldesign mit seinen eigentlich simplen Einschränkungen für Runen und die Anzahl der ausgespielten Karten sorgt dafür, dass bei mir der richtige Nerv gekitzelt wird. Wie bei den meisten Spielen mit Engine-Building-Mechanismus bin ich natürlich grottenschlecht. Aber ich habe ja noch eine Ewigkeit Zeit, um besser zu werden.
Euer Rating zu The Vale of Eternity
The Vale of Eternity ist auf Deutsch bei Pegasus Spiele erschienen.
Für die Review stand uns ein kostenloses Exemplar zur Verfügung.