Ich spüre, wie mir mein Reich entgleitet. Von meiner einst so stolzen Stadt ist kaum etwas übrig und den Rest wird der Wind der Geschichte hinfort tragen. Treue Bürger standen mir zur Seite, um mein Reich in seiner ganzen glorreichen Pracht zu erhalten. Doch wir können den Wandel nicht aufhalten. Geschichte ist grausam uns so muss auch mein Reich enden. Die barbarischen Exilanten mit plündernden Horden werden nicht viel übrig lassen. Doch vielleicht wird sich einst aus der Asche ein neues Reich erheben, das sich meiner erinnern wird.
Oath: Chronicles of Empire and Exile ist bei Leder Games der Nachfolger von Root, oder eben auch nicht. Optisch mag das durchaus hinkommen, doch Autor Cole Wehrle sieht es eher als einen anderen Ansatz an das Erzählen von Geschichten in Brettspielen. Ein Ansatz, der die Art, wie das Spiel gespielt wurde, in die nächste Partie mitnimmt. Allerdings funktioniert das ohne Legacy im klassischen Sinne und vor allem ohne geskriptete Geschichten oder Entscheidungsbäume, denn die mag er gar nicht. Wie das Ganze nun trotzdem funktionieren soll, möchten wir euch in unserer Preview erklären.
Das macht man bei Oath: Chronicles of Empire and Exile
Ihr beginnt das Spiel alle als sogenannte Exiles, Geschöpfe die nicht Teil des aktuellen Machtgefüges bzw. der Regierung sind. Einer von euch wird zum Chancellor ernannt. Dieser repräsentiert den aktuellen Anführer der Macht, dem die Exiles entgegenstehen. Ein Exile arbeitet alleine für sich gegen den Chancellor und kann entweder offenen Konflikt oder subversivere Möglichkeiten nutzen, um die Vormachtstellung des Chancellors ins Wanken zu bringen.
Verlockungen des Bürgertums
Der Chancellor will natürlich seine eigene Macht festigen und das Reich weiterhin Führen. Dazu hat er unter anderem die Möglichkeit, Exiles anzubieten, zu Bürgern zu werden. Nehmen sie dieses Angebot an, wird ihr Spielertableau umgedreht und sie arbeiten fortan nicht gegen sondern mit dem Chancellor, um den Status Quo zu erhalten. Sie sammeln aber auch Prestige am Hof, was ihnen zum Sieg verhelfen kann, denn niemand regiert ewig. Prinzipiell gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten und wird zum Chancellor der nächsten Partie. Gibt es jedoch Bürger und der aktuelle Chancellor hat die meisten Siegpunkte erhalten, gewinnt derjenige mit dem meisten Prestige. Das Ende des Spiels kann aber der fünften Runde eintreten, wobei eine maximale Anzahl von acht Runden gespielt wird. Ob die Partie endet, wird vom Chancellor durch einen Würfelwurf entschieden.
Wer eine Vision hat, braucht keine Siegpunkte
Eine Oath ist im Spiel die Bezeichnung für eine Siegbedingung, von denen es vier verschiedene gibt. Jede Runde bekommt ihr Punkte dafür, wenn ihr die Bedingung erfüllt und diese steigen im Verlauf des Spiels an. Das kann die Kontrolle von Orten auf dem Spielplan sein, die allerdings nicht aufgedruckt sind, sondern von den Spielern während des Spiels mit Karten erweitert und verändert werden. Es kann aber auch darum gehen, die meiste Unterstützung der Öffentlichkeit zu erhalten, ein Royal Blessing zu erhalten oder ein dunkles Geheimnis euer Eigen zu nennen. Wie auch schon bei Root gibt es aber auch alternative Siegbedingungen. Die sogenannten Vision-Karten sind im Nachziehstapel enthalten und müssen offen ausgespielt werden. Wie auch schon bei Root nennen sie eine bestimmte Bedingung, die zu Beginn des Zugs eines Spielers erfüllt sein muss, damit dieser sofort gewinnt. So können Regierungen in den Staub getreten werden und zum Beispiel neue Demokratien oder Religiöse Staaten entstehen.
Ein Spiel mit Gedächtnis
Der größte Teil des Spieles findet durch Ausspielen von Karten statt. Diese Karten könnt ihr entweder auf euer eigenes Spielertableau spielen oder dem allgemeinen Spielbrett hinzufügen und dort Orte auslegen oder Karten zu Orten hinzufügen. Ein Teil des Spiels dreht sich dabei um die Kontrolle dieser Orte und es wird durchaus auch mal gekämpft. Allerdings muss das nicht so sein. Das Spiel merkt sich außerdem, welche Karten und welche Strategie in einer Partie zum Sieg geführt haben und in der sogenannten Chronik-Phase werden nach einem bestimmten Muster Karten dem allgemeinen Deck hinzugefügt und die Siegbedingung für die nächste Partie festgelegt. Dieser Vorgang ist sehr individuell und berücksichtigt die individuelle Geschichte des Reiches, die die Spieler mit ihren Entscheidungen und dem Ausgang einer Partie bestimmt haben. Karten sind daher eher allgemeine Konsequenzen als konkrete Geschichten, um diese Flexibilität zu bewahren.
Das bekommt ihr bei Kickstarter
Eine Pledge für Oath: Chronicles of Empire and Exile zu machen ist keine schwere Entscheidung, bei der man die Wahl zwischen zig Unterstützungsleveln hat. Es gibt nämlich nur genau einen und der kostet umgerechnet 81,- EUR. Dafür bekommt ihr dann das Spiel, ein Session Journal, in dem ihr die Geschichte eures eigenen Reiches mit allen Höhen und Tiefen als Chronisten verewigen könnt sowie ein Set mit Deluxe Komponenten mir Münzen und Magie-Tokens aus Resin. Innerhalb der Kampagne wird der Inhalt der Spielschachtel hauptsächlich mit Root verglichen und hier sieht man schnell, dass Oath einfach mehr von allem enthält. Eine Besonderheit ist zum Beispiel die Tatsache, dass es kein Spielbrett im klassischen Sinne gibt, sondern eine Neopren-Spielmatte. Versandkosten werden erst nach der Kampagne im Pledge Manager berechnet. Nach dem Plan von Leder Games sollen die Kickstarter-Unterstützer ihre Exemplare im Januar 2021 in den Händen halten, der normale Handel soll dann im Laufe des Frühjahrs folgen. Andere Sprachversionen sollen dabei erst mit der zweiten Auflage folgen.
Fazit
Ich bin ein wenig Zwiegespalten bei Oath: Chronicles of Empire and Exile. Zum einen macht mich der Ansatz, den Cole Wehrle verfolgt total neugierig darauf, wie dieses System genau funktioniert. Der Ansatz einer freieren und immanenten Erzählung ohne vorgefertigte Teilstücke, gibt dem, was man als Spieler in einer Partie tut, eine Bedeutung über das eigene Spiel hinaus. Wo traditionelle Legacy-Mechanismen bereits dafür werben, dass man nach Abschluss einer Kampagne sein eigenes Spiel hat, setzen diese vor allem auf unwiederrufliche Veränderungen beim Spielmaterial und bei den Regeln. All das gibt es bei Oath nicht. Trotzdem wird ein sich veränderndes Spielgefühl versprochen. Die Inhalte passen sich dem an, was die Spieler im Reich an Historie geschaffen haben und diese Geschichte wird weitergetragen. Es sind die Spieler selbst, die eine Geschichte erschaffen, nicht der Autor des Spiels.
Selbst erschaffen statt konsumieren
Hier liegt aber auch gleichzeitig die Krux: Es kommt bei Oath mit Sicherheit auch auf die Gruppe an und wie sehr sie sich diesem Reich und seiner Geschichte verbunden fühlt. Dieser „weißt du noch, als…“-Effekt stellt sich eigentlich nur dann ein, wenn man das Spiel gemeinsam lebt und erlebt. Das wiederum erfordert doch in großen Teilen der gespielten Partien die gleiche Gruppe, die auch langfristig Spaß daran hat und ist eben doch wieder eine Kampagne unter vielen. Klar, man kann bei Oath auch ein oder mehrere Partien auslassen oder auch nur für ein paar davon einsteigen. Allerdings leidet dann die Geschichte darunter und es geht Partien von Oath wie anderen geschichtlichen Begebenheiten: Sie geraten in Vergessenheit. Den Machern scheint dies zumindest teilweise bewusst zu sein, denn das in der Kampagne beiliegende Journal fordert ja gerade dazu auf, seine Erlebnisse festzuhalten. Diese Aufgabe fällt bei Oath eindeutig den Spielern zu. Vom passiven Konsumieren einer Geschichte werden die Spieler zu aktiven Gestaltern und Erzählern gleichzeitig. Das kann funktionieren, muss aber nicht.
Die Entscheidung, ob Oath: Chronicles of Empire and Exile bei uns einzieht oder nicht, hat zum Glück Jan schon für uns getroffen und ist in die Kampagne mit eingestiegen. Ich bin wie gesagt neugierig darauf, was das Brettspiel hier leistet und wenn man nach der Zahl der Unterstützer geht, bin ich da wohl nicht die Einzige.
Die Kickstarter Kampagne läuft noch bis zum 04. Februar 2020
Link zur Kampagne von Oath: Chronicles of Empire and Exile
Oath: Chronicles of Empire and Exile erscheint bei Leder Games.
Wenn ihr immer auf dem Laufenden sein wollt, könnt ihr auf unserem Blog wöchentlich Previews zu aktuellen Kickstarter Kampagnen lesen, sowie euch auf unserer laufend aktualisierten Seite über aktuelle Crowdfunding-Projekte informieren.