Brr und zapp und schon ist mein geliebter Schnüffelgator Geschichte. Und das nur, weil die Leute vom Mars dieses liebenswerte Wesen nicht übernehmen konnten mit ihrem Hirnstrahler. Na gut, das arme Wesen zur Seite gepackt und den nächsten Zug vorbereitet. Ich könnte jetzt natürlich Rache üben und die gegnerischen Einheiten dezimieren, allerdings muss ich das nicht, es reicht für mich nur noch einmal Æmber einzusammeln, dann hab ich soviel über, dasss ich in der nächsten Runde meinen letzten Schlüssel schmieden kann, um der Archont zu sein, der in KeyForge gewonnen hat.
KeyForge war eines der beiden Unique Brettspiele, die auf der SPIEL 18 ihr Debüt feierten. Nachdem wir nach der ersten Ankündigung zu KeyForge schon in unserem Brettspiel-Podcast darüber spekuliert haben, ist nun genug Zeit vergangen, dass wir unsere Spekulationen zur Seite schieben und im Klartext über das Kartenspiel von Richard Garfield reden bzw schreiben können.
Meine Karten, Mein Deck, Mein KeyForge!
Ich war schon recht hibbelig auf KeyForge und etwas traurig, als ich die SPIEL 18 ohne das Kartenspiel verlassen musste. Es war schlicht und ergreifend noch nicht fertig. So musste ich noch fast zwei Wochen warten. Bei Mannheim Spielt! hatte Oliver, ein Supporter von Asmodee, seine englischen KeyForge Decks mitgebracht und so konnte ich eine Partie gegen ihn spielen, um so das Spiel zu lernen. Auf mein eigenes Deck musste ich noch ein paar Tage länger warten, denn dann kontte ich an einem PreLaunch Event beim Wizards Well in Mannheim teilnehmen. Natürlich war ich dabei und kaufte mir dort auch gleich meine zwei Decks ohne zu wissen, welche Karten ich da eigentlich bekam.
Denn das ist ja die Besonderheit an KeyForge: Aus einem fest definierten Kartenpool, insgesamt gab es zum Start 370 Karten, werden 3 Fraktionen mit jeweils 12 Karten ausgewählt, die dann euer Deck ergeben. Berechnet wird das Ganze mittels eines Algorithmus, der jedes Deck nach einem bestimmten Aspekt zusammenstellen soll. Nehmt ihr alle möglichen Kombinationen, kommt ihr auf 104 Quadrillionen mögliche Decks plus minus 1. Von denen sind immerhin schon fast 835.000 Decks seit Verkaufsstart entdeckt worden, was immerhin 0,0000000000000000008 Prozent aller möglichen Decks entspricht, also fast alles schon weg!
Allerdings muss hier der Richtigkeit halber erwähnt werden, dass die Decks nicht ganz so Unique sind, wie es vielleicht den ersten Anschein hat. Die Decks sind immer nur Sprach-Unique, es kann also durchaus sein, dass ein deutsches Deck irgendwann mal in einem Spiel auf sein englisches Äquvivalent trifft.
Aber zurück zum PreLaunch Event: Da stand ich also nun und betrachtete meine Decks. Innerlich hatte ich auf ein Deck mit den Ungezähmten gehofft, da ich während meiner Magic-Zeit immer bevorzugt Grün gespielt hatte. Aber so ist das eben bei einem Kartenspiel, was auf den Deckbau komplett verzichtet. Ihr bekommt das, was der Zufall euch eben gibt. Und so spielte ich also meine ersten Partien abwechselnd mit einem Deck bestehend aus Dis, Sanctum und Schatten oder Brobnar, Dis und Schatten. Immerhin konnte ich am Abend dann noch 3 von 4 Spielen gewinnen, bevor mein Deck gegen Mars keine Chance hatte. Auch wenn ich die letzte Partie verloren hatte, hatte mich KeyForge gleich von Anfang an überzeugt.
Weg mit dem Deckbau
Ich spiele auch gerne Magic, doch das (aus meiner Sicht) langweiligste am Spielen war der Deckbau. Wie effizient ich mein Deck baue, wie viele Länder ich brauche, um theoretisch immer genug Mana nachzuziehen oder welche Karte mit welcher gut harmoniert usw. Und da alle drei bis vier Monate ein neue Erweiterung herauskam, begann das ganze Spiel wieder von vorne. Dabei wollte ich ja einfach nur spielen und nicht irgendwelche Decks planen. Glaubt man den Aussagen von Richard Garfield, war das auch sein eigentlich Anliegen, als er Magic entwickelt hat: ein Deck-Kartenspiel was man einfach spielt und erst noch entdecken muss. Dazu kam noch der aus meiner Sicht sinnlose Booster-Kauf-Aspekt und die Hatz nach der einen Karte, die das Deck komplettierte bzw. abrundete.
Das ist zwar mit den LCGs von Asmodee schon besser geworden, aber meinen Wunsch nach „einfach nur spielen“, hat erst KeyForge erfüllt. Denn hier bekomme ich mein einzigartiges Deck, das ich nicht mehr verändern kann, da Logo und Name des Archonten einzigartig sind. Ich muss mich dem Deck stellen und versuchen, das Deck zu verstehen. Spiele ich es schnell und aggressiv oder muss ich sehr viele Kreaturen ausspielen, um einfach nur Æmber abzugrasen, um damit die Schlüssel schnell zu schmieden? Und das ist es, was mir an KeyForge einfach gefällt: Ich weiß nicht was kommt.
KeyForge das schnelle Kartenspiel!?
Dabei spielt sich KeyForge überraschend einfach. Ich schaue, ob ich einen Schlüssel schmieden kann, dann erkläre ich welche Fraktion ich spielen möchte, führe die Aktionen meiner Kreaturen in beliebiger Reihenfolge durch, sammle dann ein bißchen Æmber, wenn ich kann und ziehe dann schon wieder auf sechs Karten auf. Dann ist mein Gegenüber dran und führt die gleichen Schritte durch. Klingt eigentlich ganz simpel.
Natürlich liegt der Teufel bei KeyForge im Detail. Spiele ich zum Beispiel in einer Runde Kreaturen der Schatten aus, kann ich die Kreaturen von Brobnar, die schon bereit liegen, nicht benutzen. Ich bin eben an die Fraktion gebunden, die ich angesagt habe. Und Karten die ihr ausspielt, kommen erst einmal „erschöpft“ ins Spiel und können erst in der nächsten Runde genutzt werden. Ihr seht die Zwickmühle, in der ich stecke. Während ich bei Magic vom Mana abhängig bin, bin ich hier abhängig von der Fraktion. Spiele ich nur die Fraktion der Kreaturen, die auf dem Tisch liegen, dann bekomme ich vielleicht nicht so viele neue Karten auf die Hand, als wenn ich Karten einer anderen Fraktion aus meiner Hand auf den Tisch spiele.
Aber nicht nur das ist kniffelig. Natürlich sind auch eure Karten nicht ohne. Denn ähnlich wie bei Magic, immerhin ist KeyForge ja auch von Richard Garfield, geben euch eure Karten natürlich Ausnahmen, die die Spielmechanik verändern. Es gibt Karten, die kommen eben nicht „erschöpft“ ins Spiel und können gleich ins Spielgeschehen eingreifen. Karten mit mächtigen Tanks, die eure anderen Kreaturen beschützen, gibt es genauso, wie Karten, die die Kosten für das Schmieden eines Schlüssel modifizieren. Das alles wird dargestellt durch Schlüsselwörter auf den Karten. Bei einigen Karten steht dann auch noch einmal drauf, was das Schlüsselwort bewirkt. Bei anderen Karten müsst ihr das wissen oder ihr schaut in den Regeln nach. Spieler mit Magic Kenntnissen finden sich so schnell zu recht.
Ich muss gestehen, ich schaue immer noch ins Regelheft, wenn es um Scharmützel, Gefährlich oder Ansturm geht, denn hier ist ja entscheidend, wann welcher Schaden verursacht wird. Wie gut dass es ja ein Regelheft gibt. Hier bekommen FFG und Asmodee allerdings einen großen Abzug in der B-Note. Ein vollwertiges Regelheft liegt dem sogenannten Starter-Set nämlich gar nicht bei. Ich habe es ja noch verstanden, dass ich mir das Regelheft herunterladen musste, als ich nur die einzelnen Decks gekauft hatte. Aber dass es in einem Starter-Set schlicht nicht da ist und nur eine Schnellanleitung dabei ist, kann ich nicht verstehen.
Ich bin kein Turnierspieler. Ich hätte mich über ein gedrucktes, beigefügtes Heft gefreut, das ich schnell zu rate ziehen kann. Mir wäre egal wie aktuell es ist, denn ich will ja einfach nur spielen.
Vergesst das KeyForge Starter-Set
Deswegen muss ich schon sagen, dass ihr das Starter-Set für Ruf der Archonten nicht unbedingt braucht. Hier bekommt ihr neben zwei Decks auch noch zwei vorgefertigte Decks, die euch den Einstieg ins Spiel näherbringen sollen. Auf den Karten der Einstiegsdecks sind alle Schlüsselwörter erklärt. Den Ansatz für diese vorgefertigten Decks finde ich sehr gut, allerdings spielt man diese Decks nur einmal und dann landen sie in der Verpackung und werden nur noch hervorgeholt, wenn ich einem anderen Spieler KeyForge erkläre. In den meisten Fällen lasse ich das aber auch sein und drücke dem Neuling einfach eines meiner Decks in die Hand, zusammen mit einen Ausdruck des Glossars und erkläre das Spiel, während wir es spielen.
Auch gibt es im Starter-Set noch Tokens für Schlüssel, Schaden, Æmber und Kettenkarten, dazu noch Statuskarten, die euch anzeigen, ob eine Kreatur betäubt ist oder nicht. Wirklich praktisch sind diese Karten nicht und ob ihr das Geld für die anderen Tokens ausgebt, muss jeder selbst wissen. Wir haben bis zum Erhalt des StarterSets schlicht und ergreifend Würfel genommen oder andere Utensilien, die wir noch aus Magic Zeiten übrig hatten.
Ich befürworte mittlerweile einfach die Methode, dass ihr euch ein Deck kauft und die Tokens durch irgendwas anderes ersetzt. Entweder durch etwas, das sich in eurem Haushalt befindet oder ihr vervollstädnigt dies durch Acryl-Tokens. Diese sehen optisch auch besser aus. Nur wenn ihr keinerlei Tokenmaterial oder ähnliches besitzt, dann macht es aus meiner Sicht Sinn, sich das Starter-Set zuzulegen. Etwas interessanter wird hier das StarterSet des kommenden Zeitalters. Hier gibt es für Neulinge auch noch eine Papierunterlage, die den Spielablauf visuell unterstützt. Auf die vorgefertigten Sets, die Schnellstartanleitung und das Regelheft verzichtet der Verlag diesmal komplett. Statt der Statuskarten gibt es nun Statustokens. Wenn ihr also ein Starter-Set haben wollt, greift lieber zum Zeitalter des Aufstiegs – Starter-Set, welches im Mai 2019 erscheinen soll.
KeyForge gesucht und gefunden
KeyForge ist genau das Spiel, das ich gesucht habe. Ich liebe es Deck-Builder zu spielen, wie zum Beispiel Shards of Infinity. Aber KeyForge setzt dem ganzen noch einmal die Krone auf. Das Erkunden des Decks, dass Ausprobieren von neuen Strategien und das befriedigende Gefühl, wenn ich entdeckt habe, wie ich mein Deck zu spielen habe, machen KeyForge für mich zu einem klasse Kartenspiel. Auch weil ich eben keinen Deckbau betreiben muss. Klar ist es für mich auch frustriend, wenn ich nicht die Fraktionen ziehe, auf die ich gehofft habe. Aber das ist in meinen Augen vertretbarer, als wenn ich ein Magic Display kaufe und mit dreiviertel der Karten eigentlich nichts anfangen kann.
Auch dass KeyForge eigentlich recht wenig braucht, sagt mir sehr zu. Ich muss mich nicht erst mit Boostern eindecken und aufrüsten. Für nen Zehner bekomme ich ein Deck, das ich theoretisch über Jahre hinweg spielen kann, ohne es modifizieren zu müssen. Und für jüngere Spieler ist das Kartenspiel kein Taschengeldgrab. Ich finde der Preis ist genau richtig für Spieler, die es vielleicht einfach nur einmal ausprobieren wollen.
Neue Karten sind auch schon angekündigt. Diese sollten sich durch das unique System von KeyForge ohne Probleme einfügen. Und selbst der eigentlich ausgeschlossene Deckbau ließe sich auch noch durch Hausregeln umsetzen. Denn zu Hause kann ich ja ohne Probleme, bei genügend Decks, die Fraktionen untereinander neu zusammenbauen. Dies wäre dann ähnlich wie in einem Smash Up. Wenn ich ganz viel Bock habe, baue ich mir mein eigenes Deck aus den verschiedenen Karten zusammen und spiele es Just for fun.
Natürlich sieht das im offiziellen Turnier-Rahmen absolut anders aus. Hier ist nichts mit Hausregeln, sondern ihr müsst bei eurem Deck bleiben. Und genau dieser offizielle Turniermodus ist ein bißchen schizophren. Für mich das Non-Plus-Ultra ist der versiegelte Modus: Hier bekommt ihr ein frisches Deck und spielt los. Ihr erkundet euer Deck während des Spielens, genauso wie es sich Richard Garfield vorgestellt hat.
Der andere Modus ist der, in dem ihr mit eurem Deck einfach am Turnier teilnehmt. Zwar soll durch den Kettenmechanismus, der die Anzahl an Karten limitiert, die ihr nachziehen könnt, sichergestellt werden, dass starke Decks mit der Zeit abgeschwächt werden, um so bezwingbar zu sein. Allerdings ist das aus meiner Sicht nicht wirklich durchdacht, denn starke Decks werden erst langsam über die Zeit abgeschwächt, wenn sie zu oft gewinnen. Und so wie es in einer jeden Zufallsverteilung ist, gibt es neben den starken Decks eben auch schwache Decks. Diese Decks werden nicht automatisch aufgewertet und bleiben einfach schwach. Habt ihr ein solches Deck, mit dem ihr keinen Blumentop gewinnen könnt, seid ihr gezwungen, euch über kurz oder lang ein neues Deck zu kaufen.
Aus meiner Sicht macht der versiegelte Modus am meisten Spaß und bleibt mein Favorit.
Für mich ist KeyForge ein gelungenes Kartenspiel. Der Unique-Game Mechanismus passt wie die Faust aufs Auge für das Kartenspiel. Ich wüsste auch nicht aus dem Stehgreif heraus, was KeyForge besser machen könnte. Ich mag den simplen Spielablauf und die Verlagerung der Prioritäten. Es geht nicht mehr darum, den anderen Magier zu vernichten und ihm die Lebenspunkte zu rauben, sondern es geht einfach nur darum, drei simple Schlüssel zu schmieden. Dabei kann eine Partie in 15 Minuten vorbei sein oder aber auch über eine Stunde dauern. Das Entdecken der Decks und das Meistern des Decks machen es für mich jedes Mal spannend, wenn ich ein neues Deck auspacke. Und ich kann den Deckbau, den ich nie mochte, getrost links liegen lassen.
Euer Rating zu Keyforge
KeyForge ist auf deutsch bei Asmodee erschienen.
Für die Review standen uns, neben eigenen gekauften Decks, auch ein KeyForge Starterset als Rezensionsexemplar zur Verfügung.