Spyderling – Zusammenfassung
Die junge Spieleautorin Daytona Sepulveda wird zusammen mit sechs anderen Autor*innen nach Moldau eingeladen. Der oder die mysteriöse Spyderling veranstaltet ein jährliches Treffen für ausgewählte Brettspielautoren bzw. Brettspielautorinnen. Dieses Jahr trifft es also Daytona, die vielleicht auch noch der größte Spyderling-Fan der Welt ist. Dabei zeichnen sich die Spiele von Spyderling dadurch aus, dass sie nur alleine spielbar sind und den Spielenden auf eine emotionale Reise mitnehmen, eine Reise, die nicht jede*r Brettspieler*in eingehen möchte.
Als Daytona jedoch in dem alten Weingut in Moldau ankommt, wird sie erst einmal enttäuscht, denn von Spyderling fehlt jede Spur. Und so heißt es erst einmal, sich mit den anderen Autoren und Autorinnen zu arrangieren, was der jungen Amerikanerin, die mittlerweile in Leipzig wohnt, recht schwerfällt. Denn Daytona möchte lieber in ihrer eigenen Welt bleiben und so driftet sie in beständiger Regelmäßigkeit in ihre Gedankenwelt, die für die anderen Gäste von Spyderling verschlossen bleibt.
Auch nach mehreren Tagen scheint Spyderling nicht auftauchen zu wollen, dabei ist er oder sie ständig bei ihnen. Das zeigen nicht nur die Kameras auf dem Gelände, sondern auch die Angebote, die ihnen Spyderling während ihres Aufhaltens macht. Die Lage scheint allerdings noch chaotischer zu werden, als die Autor*innen beschließen, die mysteriöse Band Taxi Terreur & The Hitlerbabies nach einem Besuch in einem Club zu ihrem Brettspiel-Treffen einzuladen.
Spyderling – Fazit
Endlich mal ein Buch, was sich laut Verlagsangabe mit der Frage beschäftigt, was einen Menschen reizt, ein Brettspiel zu spielen. Und das Ganze auch noch dramatisch beschrieben. Denn angeblich soll das Brettspiel MAUNSTEIN nicht nur furchterregend sein, sondern auch die Wirklichkeit durchlässig werden. Kommt hier also eine Prise Arkham Horror mit ins Spiel oder werden die Protagonisten etwa wie in TRON in eine Parallelwelt gezogen, die sich um Brettspiele dreht?
Weit gefehlt, denn auch nach 470 Seiten wird die Frage nach dem Reiz nicht beantwortet. Vielmehr geht es eigentlich nur um Daytona Sepulveda und ihr Leben. Wie JD in Scrubs versinkt Daytona dabei immer wieder in „Tagträumen“, die aber nicht den Humor aufweisen, wie in der Scrubs-Fernsehserie, sondern mich eher mit der Frage zurückließ – „Was war das jetzt bitte?“
Aber gut, ein Buch kann und darf sich, wie ein Brettspiel ja auch, entwickeln und was am Anfang vielleicht noch keinen Sinn ergab, kann im Laufe der Zeit ja noch zu einem Aha-Effekt werden. So treffe ich als Leser in der ersten Hälfte des Buches auf die „extremistische“ Band, die allerdings gar nicht so extremistisch ist, wie der Verlag bzw. der Klappentext es mir weismachen will, aber von dem Spiel MAUNSTEIN ist vorerst nichts zu lesen.
Doch gut Ding will Weile haben. Und so kommt MAUNSTEIN dann doch noch ins Spiel bzw. ins Buch. Eigentlich ist das Brettspiel aber gar kein Brettspiel. Es ist im Grunde ein Spiel mit Abenteuerbuch, das mit kruden Regeln daherkommt und dessen Spielablauf ja die „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschieben“ soll.
Doch irgendwie hat es das nicht ins Buch geschafft. Denn eigentlich ist das Brettspiel MAUNSTEIN auch nur eine Erzählung in der Erzählung. Und das, was der Autor hier beschreibt, ist dann doch eher ein Rollenspiel, als ein Brettspiel. Die Verschmelzung der Realitäten suchte ich vergebens im Buch.
Auch etwaige Beeinflussungen der Charaktere durch das Spiel MAUNSTEIN blieben aus. So dass ich mich wieder fragte – Was war das jetzt bitte?
Spyderling hat mit Brettspielen nichts am Hut
Schlimmer noch, man hat eher das Gefühl, dass der Autor Brettspiele überhaupt nicht mag. Ich hatte auch beim Lesen das Gefühl, dass er nicht mehr Brettspiele kennt als Monopoly oder Mensch ärger dich nicht. Denn die Aufforderung, dass ein Brettspiel ja einen Menschen dazu bringen soll, mehr zu tun, als nur zu verlieren oder zu gewinnen, findet heute schon statt. Und es gibt genug Brettspiele, die genau dies seit längerer Zeit erfolgreich umsetzen. Genannt seien hier stellvertretend Titel wie Pandemic Legacy, Kings Dilemma oder auch Detective.
Dazu verliert sich der Autor in Aufzählungen, Aufzählungen und noch einmal Aufzählungen. Wenn Sascha Macht auch scheinbar nur die kleinste Gelegenheit hat, eine unnötige Aufzählung einbauen zu können, dann wird dies auch sofort ausgenutzt. Egal, ob das den Lesefluss stört. Oder es wird ein Kapitel dazwischengeschoben, was die Story in keinerlei Hinsicht voranbringt. Hier frage ich mich, was hat das Lektorat gemacht?
Ohne Probleme hätte man den Roman straffer und damit auch spannender gestalten können, als dies jetzt der Fall ist. Auch die Ausschweifungen und die Beschreibungen der osteuropäischen Kultur kommen schon mit arg stereotypischen Ansichten daher. Genauso stereotypisch, wie es auch die Ansichten über Brettspieler*innen sind.
Unter uns Brettspielbegeisterten gibt es ja immer wieder die Frage nach der Thematik. Kann ich also ohne Probleme, das Thema des Spieles austauschen, ohne dass sich an dem eigentlichen Spiel viel verändert? Bei Spyderling klappt das ohne Probleme, statt den Brettspiel-Autoren hätten es auch Songwriter sein können oder Filmemacher. Warum nun ausgerechnet die Brettspielszene dafür herhalten musste, erschließt sich mir einfach nicht.
„Ein Spiel – was ist das überhaupt? Ach, na ja…“
Dieses Zitat sagt eigentlich alles aus. Sascha Macht geht es überhaupt nicht um das Spielen oder die Brettspiele. Viel mehr hatte ich das Gefühl, einen Kafka zu lesen. Und Kafka mochte ich schon zu Schulzeiten nicht. Und so bekam ich das Gefühl, dass er ab der zweiten Hälfte des Buches, den Rahmen der Brettspiele so schnell wie möglich ad acta legen wollte.
Für mich stellte sich nach 470 Seiten die Frage, was oder wen Sascha Macht mit diesem Buch ansprechen wollte? Mich als Brettspieler hat er nicht angesprochen. Ich habe einfach beim Lesen gemerkt, dass sich das, was er über Brettspiele und Regeln schreibt, nicht mit meinen Erfahrungen deckt. Da kann er noch so sehr versuchen, den Spielen lustige Namen zu geben wie „Die Oma im Garten“ oder „In der Ferne die Hirsche“.
Doch wie er Spiele beschreibt, erweckt in mir als Spieler eher das Gefühl, dass er gar nicht weiß, was Brettspiele überhaupt sind.
Bleiben also vielleicht noch die Charaktere in der Geschichte. Aber auch nach dem Ende des Buches ist die Hauptheldin immer noch genauso unsympathisch wie am Anfang. Dachte ich am Anfang, dass die Brettspiele, der Heldin helfen werden, sich zu entwickeln, muss ich am Ende feststellen, dass aus meiner Sicht hier keinerlei Entwicklung stattfand.
Auch die anderen Charaktere blieben auf der Strecke. Wenn schon die Protagonistin sich nicht weiterentwickelte, warum sollten sie das tun? Zudem ich auch hier der Meinung bin, dass diese Charaktere nur Beiwerk waren. Daytona brauchte nun mal jemanden, mit dem sie in Moldau interagieren konnte. Aber nicht zum Spielen! Daytona schaffte es in dem ganzen Buch mal gerade eineinhalb Partien mit den anderen zu spielen.
Auch das vielleicht alles auflösende Finale bleibt aus. Und so fühlte ich mich als Leser nicht nur fallen gelassen, sondern auch irgendwie als nicht wichtig für Sascha Macht, denn Hauptsache, er konnte sein Ding durchziehen.
Für mich ist Spyderling eines der schlechtesten Bücher, welches ich im letzten Jahr gelesen habe.
Besten Dank für die Vorstellung;)