Review: Escape Tales - Children of Wymrwood

Escape Tales: Children of Wyrmwood

Escape Tales: Children of WyrmwoodAllein. Nun war er endlich frei und auf sich gestellt. Der Wald war seltsam still um ihn herum. Er meinte aber, ein leises schlängelndes Geräusch im Unterholz zu hören. Das waren bestimmt Wyrmwurzeln, die versuchten, in seine Nähe zu gelangen. Hier auf der Lichtung schien es jedoch sicher zu sein. Er war die letzten Tage nur auf der Flucht gewesen. Etwas Ruhe tat ihm gut. Aber was war das für ein seltsamer Pfeiler? Hatte er davon nicht bereits andere im Wald gesehen? Noch ein Rätsel, das es zu lösen galt.

 

Es gibt schon wieder Nachschub an der Escape-Spiele-Front. Escape-Tales: Children of Wyrmwood ist der dritte Teil der Reihe des polnischen Verlags Board & Dice und vom Autorenteam Jakub Caban und Bartosz Idzikowski. Er wurde über die Spieleschmiede realisiert und erscheint auf Deutsch diesmal dementsprechend bei Grimspire und nicht mehr bei Kosmos. Ich freue mich jedes mal auf die Titel, denn hier ist ein klarer Fokus auf der Story, was ja bei Escape-Spielen eher selten der Fall ist. Und auch sonst hat die Reihe so einige Besonderheiten, die sie von anderen Spielereihen in diesem Genre abheben. Also fix die grauen Zellen aktiviert und rein ins Abenteuer im seltsamen Wald.

Ein kurzer Blick zurück

Ich bin ein Fan des ersten Teils der Escape Tales Reihe. Escape Tales: The Awakening brachte gekonnt einen düsteren und ernsteren Touch in die Welt der Escape-Spiele. Durch seinen nicht-linearen Aufbau mit den vielen möglichen Enden, je nachdem, welche Entscheidungen während des Spiels getroffen wurden, war es auch deutlich komplexer aufgebaut, als das durchschnittliche Rätselspiel. Man bekam noch nicht mal alle Rätsel in einem Durchlauf zu sehen. Das brachte auch einen gewissen Wiederspielreiz mit sich. Insbesondere die dichte Story hat uns begeistert und in ihren Bann gezogen. Der zweite Teil Escape Tales: Low Memory wurde daher auch sehnlichst erwartet. Allerdings konnte er uns, was die Story angeht, nicht ganz so sehr mitreißen. Auch gab es ein paar Probleme, was die Rätsel anging und eines war sogar falsch lokalisiert. Daher kam der zweite Teil bei uns nicht so gut an. Aber ein fauler Apfel mit ein paar Problemen verdirbt ja nicht unbedingt gleich die ganze Reihe. Uns so war klar, dass wir auch den dritten Teil spielen würden.

Escape Tales: Chilrdren of Wyrmwood

Armer kleiner Gilbert

Escape Tales: Children of Wyrmwood wird, wie auch schon der zweite Teil der Reihe, in mehreren Kapiteln gespielt. Wir beginnen mit dem Prolog, der uns mit unserem Charakter Gilbert bekannt macht. Ja, wie im klassischen Rollenspiel bekommen wir sogar eine Karte mit den Werten unseres Charakters für wichtige Eigenschaften wie Mut oder Charisma. Der wortwörtlich arme Gilbert ist schwer in die Tochter des Bürgermeisters verliebt und die liebt ihn sogar zurück. Allerdings findet ihr Vater das natürlich nicht so prickelnd, weshalb er uns im Keller einsperrt, in den uns unsere geliebte Sevilia zum Kundschaften schickt. Das ist nicht der einzige Grund, wie wir bald erfahren. Unsere Stadt ist bekanntlich von den gefährlichen Wyrmwurzeln umzingelt, einer Mischung aus Pflanze und Tier. Sie kommen Tag für Tag näher und töten jeden, der sie berührt. Kaum jemand verlässt daher unsere Stadt. Das Vordringen der Wyrmwurzeln kann nur mit regelmäßigen Opfern an den Wald verhindert werden. Das erzählen zumindest die Stadtoberhäupter. Und ratet mal, wer hierfür herhalten soll? Klar, dass wir an unserem Leben hängen und deshalb so schnell wie möglich aus dem Keller entkommen müssen.

Das ist nur der Auftakt zu einer komplexen Story, deren Protagonist Gilbert ist. Wir können wieder verschiedene Wege durch die Geschichte nehmen und es gibt auch wieder einige Enden zu entdecken, die vor allem davon abhängig sind, wie wir uns entscheiden und welche Rätsel wir angehen. Auch diesmal bekommt ihr nicht alle Rätsel zu sehen, wenn ihr Escape Tales: Children of Wyrmwood einmal durchspielt. Anders als im vorhergehenden Teil könnt ihr aber am Ende in der App Schritte zurück gehen, und euch anders entscheiden oder aber so tun, als ob andere Voraussetzungen erfüllt wären. Wir sind so einige der möglichen Enden durchgegangen und die unterscheiden sich schon ziemlich voneinander, sind alle gut geschrieben und passen zu dem, was ihr da so zusammengespielt habt.

Rätseln bis zur Erschöpfung

An der Spielmechanik hat sich im Vergleich zu den Vorgängern eigentlich nichts verändert. Ihr habt großformatige Raumkarten, die einen Raum oder eine Szene von oben zeigen und die in einzelne Quadrate unterteilt sind. Eine kleinere Übersichtskarte mit den selben Quadraten verrät euch, welche Abschnitte im Story-Buch zu welchem Teil des Raumes gehört. Mit Aktionsscheiben markiert ist dann, was ihr untersuchen wollt und lest den entsprechenden Abschnitt. Ihr bekommt neben einem Story-Happen meist auch ein paar Rätsel- oder Gegenstandskarten, die ihr aus dem numerierten Stapel raussucht. Gehen euch die begrenzten Aktionsscheiben aus, so ist Gilbert erschöpft. Neu ist, dass ihr nun entscheiden könnt, ob sich Gilbert ausruhen soll oder ob er sich zusammenreißt und trotzdem weiter macht. Über beide Wege bekommt ihr neue Aktionsscheiben und euer Gilbers Charakter entwickelt sich weiter. Ihr bekommt hierdurch Boni und/oder Mali auf Charaktereigenschaften. Das kann auch unabhängig von der Erschöpfung durch Aktionen während des Abenteuers passieren. Gilbert wird dann Mutiger oder verliert Ausdauer etc.

Escape Tales: Children of Wyrmwood - Orte

Die Rätsel selbst sind durchwachsen, aber schaffbar und nie unfair. Besonders praktisch ist es, dass ihr in der App immer nachlesen könnt, wieviele Rätselkarten ihr für ein Rätsel benötigt, so dass ihr wisst, ob ihr schon alles zusammen habt und nicht unnötig an einem Rätsel tüftelt, für das ihr noch nicht alle nötigen Hinweise habt. Neben ganz einfachen Rätseln finden sich natürlich auch ein paar schwerere, an denen wir eine Weile rumknobeln mussten, bis uns dann ein Licht aufging. Wenn ihr mal so richtig auf dem Schlauch steht, könnt ihr euch in der App zu jedem Rätsel Hilfe in mehreren Stufen holen. Vom kleinen Schubser in die richtige Richtung bis zur eigentlichen Lösung. Nur einmal hat das bei uns nichts gebracht, weil in der Hilfe immer die Rede vom „drehen“ von Teilen auf der Karte war, was aber so nicht ging. Wir haben natürlich nicht alle Hilfetexte gesehen, aber zumindest in diesem Fall wäre es besser gewesen, auf die Story-Formulierungen, was Gilbert tut zu verzichten und die Perspektive an die am Tisch sitzenden Spieler anzupassen.

Eine App für alle Fälle

Escape Tales: Children of Wyrmwood - AppDie App selbst ist wieder eine Webseite, auf der für jedes Rätsel ein Symbol enthalten ist. Hier müsst ihr die Lösungen für die Rätsel eingeben und erhaltet auch die eben erwähnten Tipps zu den Rätseln. Das funktioniert tadellos und ist auch komplett auf Deutsch übersetzt. (Unser zwischenzeitlicher Versuch, das deutsche Exemplar mit der englischsprachigen App zu spielen ist grandios an den Sprachunterschieden gescheitert.) Neu ist, dass ihr Gegenstände bzw. Karten in der App miteinander kombinieren könnt. Das könnt ihr euch ähnlich wie bei den Adventure Games von Kosmos vorstellen. Wenn ihr also beispielsweise eine Fackel habt und etwas das brennt, könnt ihr die beiden Karten kombinieren und die App weist euch dann an, welche Karten abgeworfen werden und welche ihr dafür aus dem Stapel in euren Besitz nehmen dürft. Ihr könnt auch Gilberts Charakterkarte mit anderen Karten kombinieren, um zu erfahren, was Gilber darüber denkt.

Und noch eine Runde?

Ein Aspekt, der die Escape Tales Reihe von deren Escape-Spielen unterscheidet, ist die Möglichkeit, sie ein weiteres Mal zu spielen. Leider bekommt man während seines Durchlaufs nur selten das Gefühl, dass man etwas anders machen könnte. Zumindest ging uns das in Kapitel 1 so. Da flutschte es bei uns einfach und so sind wir auch gar nicht auf die Spur von anderen Möglichkeiten gestoßen. Hier müssten wir und also bewusst vom erfolgreichen Pfad entfernenn und nach neuen Möglichkeiten Ausschau halten. Im späteren Verlauf wird deutlicher, dass es mehrere Wege gibt. Um mehrere Enden zu sehen, ist es wie erwähnt nur bedingt nötig, dass man alles nochmal komplett durchspielt. Das ist ja schließlich auch eine Zeitfrage. Unser erster Durchlauf hat gut sechs Stunden gedauert. Wenn man sich nur für weitere Enden interessiert, geht das diesmal in der App deutlich einfacher, als bei Low Memory, da man zurück springen kann.

Der beste Teil der Escape Tales

Uns hat Escape Tales: Children of Wyrmwood sehr viel Spaß gemacht. Sogar so viel Spaß, dass wir es für den besten Teil der Reihe halten. Die Stimmung ist nicht ganz so düster und deprimierend wie bei The Awakening. Ihr erlebt eher eine Fantasy-Abenteuer-Geschichte. Die ist interessant geschrieben und ist tatsächlich im Vergleich zu anderen Escape-Spielen ein Highlight. Der Rollenspiel- und Entdeckungs-Charakter des Spiels tut dem System gut und passt einfach. Insbesondere der fehlende Zeitdruck tut zur Abwechslung mal wieder gut und es die Geschichte entfaltete sich wunderbar nach und nach vor uns und ist sehr schön geschrieben und auch gut übersetzt. Wirklich grobe Schnitzer sind uns nicht ausgefallen. Jeder Ort und jede Karte lädt dazu ein, sie genauer anzuschauen und die Illustrationen von Jakub Fajtanowski und Aleksander Zawada sind es auch wirklich wert. Zusammen mit der Story lassen sie eine eigene Welt entstehen, die zwar deutlich düsterer ist, als das Cover erahnen lässt, aber nicht so deprimierend, wie die beiden vorangegangenen Teile. Obwohl wir darauf hinweisen möchten, dass auch hier nicht die wenigsten Enden ein wirkliches Happy End sind. Aber es ist möglich! Es geht also wieder bergauf bei den Escape Tales und wir hoffen sehr, dass Board & Dice die gute Arbeit fortsetz und es hier noch einen vierten Teil geben wird.


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Escape Tales: Children of Wyrmwood ist auf Deutsch bei Grimspire erschienen.

Escape Tales: Children of Wyrmwoods (2020)
Spieler:
1 - 4
Dauer:
450 Min
Alter:
16+
BGG Rating:
7.22
Verlag:
Grimspire
BGG:

Für die Review stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung.

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