Auch in dem wegen Corona eher schwierigen Jahrgang heißt es endlich: Die Nominierten Spiele für die Wahl zum „Spiel des Jahres 2021“ sind von der Jury bekannt gegeben worden. In einer kleinen Übersicht stellen wir euch die norminierten Brettspiele in den Bereichen „Spiel des Jahres“ und „Kennerspiel des Jahres“ vor. Wie immer überspringen wir hier das „Kinderspiel des Jahres“, da diese Kategorie einfach nicht in unserem Spielefokus steht.
Kampagnen halten vermehrt Einzug in die Kategorie Spiel des Jahres. In diesem Jahr sind Die Abenteuer des Robin Hood von Michael Menzel (Kosmos) nominiert, in der ihr zusammen über mehrere Partien hinweg gegen Prinz John und seine Schergen antretet und dabei eine Geschichte erlebt. Bei Zombie Teenz Evolution von Annick Lobet (Asmodee) verbrüdert ihr euch ebenfalls über viele Partien hinweg gegen die Zombie Horden. Hier ändern sich Regeln und Fähigkeiten mit weiteren Partien immer mehr. MicroMacro: Crime City von Johannes Sich (Edition Spielwiese und Pegasus) ist ein Wimmelbild-Spiel für den Tisch, bei dem ihr Frage für Frage einem Verbrechen auf die Spur kommt, indem ihr den riesigen Stadtplan absucht.
Beim Kennerspiel des Jahres kam dieses Jahr eine extrem gute Liste zusammen. Hier sind Fantastische Reiche von Bruce Glassco (Strohmann Games) nominiert. Ihr verbessert eure Kartenhand mit den Synergien untereinander immer mehr, um möglichst viele Punkte zu erhalten. Bei Paleo von Peter Rustemeyer (Hans im Glück) schlüpft ihr gemeinsam in die Rolle von Steinzeitmenschen und kämpft ums Überleben. Auch das nominierte Die verlorenen Ruinen von Arnak von Michaela „Mín“ Štachová und Michal „Elwen“ Štach (CGE/Heidelbär Games) war bereits in aller Munde. In diesem Deckbuilder erkundet ihr eine Insel und entdeckt Schätze und mystische Monster.
Nominiert zum Spiel des Jahres 2021
Die Abenteuer des Robin Hood
Die Geschichte kennt eigentlich jeder: Robin von Locksley kommt nach Jahren wieder zurück in seine Heimat. Doch nichts ist wie zuvor. Prinz John und der Sheriff von Nottingham herrschen mit eiserner Faust. Genau diese Geschichte erlebt ihr in Die Abenteuer des Robin Hood und so liegt es in eurer Hand den Prinzen und den Sheriff zu besiegen, um König Richard wieder auf den Thron zu hieven. Soweit so bekannt. Etwas Neues im Brettspielbereich allerdings wagen der Autor Michael Menzel und der KOSMOS Verlag in anderer Hinsicht. So gibt es zwar einen Spielplan aber auf diesem könnt ihr euch mit Hilfe von Schablonen frei bewegen. Müsst ihr schnell an eines der umgedreht liegenden Plättchen oder habt ihr Zeit? Das entscheidet ihr durch die Wahl eurer Schablonen. In dem mitgelieferten Buch findet ihr dann nicht nur die Regeln für das Spiel, sondern auch die gesamte Geschichte über Robin Hood
Die große Stärke an Die Abenteuer des Robin Hood ist die spielerische Freiheit. Frage ich zuerst die Einwohner Nottinghams und hoffe auf deren Hilfe oder schleiche ich erst einmal um das Schloss herum, um einen Weg hineinzufinden? Technisch gelöst wird dies durch umgedrehte Plättchen auf dem Spielplan, welche für verschiedene Spiel-Situationen stehen. Was die Plättchen dann im Detail machen, erfahre ich im Buch. Dazu kommt noch ein wenig Spannung durch den beiliegenden Beutel, der unsere Spielzüge bzw. unsere Spielreihenfolge bestimmt. Wer mehr zu Die Abenteuer des Robin Hood erfahren möchte, der kann auch gerne unsere ausführliche Review zu dem Brettspiel lesen.
MicroMacro: Crime City
Einen kleinen Hauch des Krimi-Trends spürt man in MicroMacro: Crime City von Autor Johannes Sich. Hier löst ihr die 16 beiliegenden Fälle auf einem 75×110 cm großen Spielplan. Hierauf ist im Wimmelbild-Stil die gesamte Stadt abgebildet, mitsamt seiner häufig kriminellen Bewohner. Über mehrere Fallkarten hinweg löst ihr den Fall, indem ihr Fragen auf den Karten beantwortet. Hierfür müsst ihr die passenden Orte in der Stadt finden, Spuren und Bewohnern folgen und daraus Schlussfolgerungen ziehen. Da soll eine bestimmte Person gefunden werden oder es wird die obligatorische Frage nach dem Motiv gestellt. Die Fälle sind unterschiedlich schwierig und wenn ihr das System einfach mal ausprobieren wollt, könnt ihr den Demo-Fall auf der Webseite von MicroMacro: Crime City spielen. Dort gibt es außerdem noch kleine Bonus-Fälle, falls ihr mit den Fällen in der Schachtel schon durch seid.
Wer jetzt an klassische Wimmelbild-Bücher wie Wo ist Walter denkt, der liegt nur teilweise richtig. Die hier gezeigten Fälle und deren Protagonisten erzählen auf dem Spielplan eine Geschichte, denn ihr könnt den Personen, habt ihr sie einmal entdeckt, durch die Stadt folgen. Ihr könnt sehen, was sie vorher getan haben und was danach passiert ist. Das Gewimmel auf dem Spielplan ist aber in der Tat so groß, dass ihr sowohl eine sehr gute Beleuchtung, als auch die beiliegende Lupe benötigt, um manche Einzelheiten zu erkennen. Je mehr Spieler sich beteiligen, desto mehr kommt man sich auch in die Quere. Trotzdem ist MicroMacro: Crime City ein spannendes und erfrischend anderes Spielkonzept. Die kriminellen Themen sind allerdings vielleicht nicht für jede Familie geeignet.
Zombie Teenz Evolution
Nach dem im Vorjahr zum Kinderspiel des Jahres nominierten Zombie Kidz Evolution hat es in diesem Jahr also der etwas mehr auf Familien ausgelegte Nachfolger Zombie Teenz Evolution von Annick Lobet auf die Nominierungsliste geschafft. Die Kidz haben die Schule gesichert, nun versuchen die Teenz die Zutaten für ein Heilmittel aus den umliegenden Häusern zu bergen. Die Helden bewegen sich dafür über den überschaubar kleinen Spielplan, bekämpfen Zombies und werfen sich die Kisten mit den Zutaten zu. Das erfordert Koordination und gute Absprache, denn damit ins nächste Feld geworfen werden kann, muss auch einer der Teenie-Helden bereit stehen, um die Kiste zu fangen. Wie zuvor bekommt ihr durch den Gewinn einer Partie einen Aufkleber und schaltet damit nach und nach die Inhalte der beiliegenden Umschläge frei, die das Spiel weiter verändern. Auch die Achievements für Bonusaufkleber gibt es wieder, wofür man die Partie unter bestimmen Bedingungen gewinnen muss.
So weit nichts gravierend Neues bei Zombie Teenz Evolution. Allerdings sind wir Fans des Vorgängers und es macht schon Spaß, die recht kurzweiligen Partien zu spielen und als Belohnung dann zu entdecken, was die Umschläge bereit halten. Trotz allem fühlt es sich gegen Ende einer Kampagne repetitiv an, da im Grunde das selbe Problem mit den Kisten gelöst werden muss, wie auch in der ersten Partie. Das Zombie-Thema holt allerdings speziell unsere Kinder zuverlässig an den Spieltisch und ist mittlerweile salonfähig geworden.
Nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2021
Die verlorenen Ruinen von Arnak
Eine unbekannte Insel liegt vor euch und es gibt viel zu entdecken. Doch am Anfang, müsst ihr erst einmal die richtigen Karten ausspielen. Diese Karten bringen euch nicht nur Ressourcen, die ihr braucht, um weitere Karten zu kaufen, um damit euer Deck kontinuierlich zu verbessern, sondern ihr braucht sie auch, um die noch verborgenen Orte der Insel zu entdecken. Habt ihr erst einmal solch einen Ort entdeckt, gibt es zwar Belohnungen, aber auch die Wächter, die den Ort bewachen. Doch diese Monster können auch bezwungen werden. Und als ob dies nicht genug für einen Archäologen wäre, müsst ihr euch noch ein Wettrennen mit den anderen Archäologen auf der Forschungsleiste liefern.
Die verlorenen Ruinen von Arnak ist wie ein Dschungel-Brettspiel-Eintopf. Scheinbar haben die Autoren einfach alle ihre Lieblingsmechanismen zu einem Brettspiel vereint. Neben dem Deckbuilding, findet ihr hier auch noch ein Wettrennen, ein Tauschen von Ressourcen und ein klassisches Worker-Placement wieder. Aber das alles in einem wohldosierten Maß, so dass auch neue Spieler sehr sanft an die einzelnen Mechanismen herangeführt werden. Aber trotzdem braucht es ein wenig mehr Überblick, denn ich kann mich nicht einfach nur auf eine Sache konzentrieren. Ich muss ein wenig forschen, um weitere Boni freizuschalten. Neue Orte muss ich aber auch entdecken, um damit nicht nur an Ressourcen zu kommen, sondern auch, um dadurch vielleicht noch den ein oder anderen Siegpunkt mein Eigen zu nennen. Der Mix der Mechanismen macht den Reiz von Die verlorenen Ruinen von Arnak aus. Und so endet jede Partie eigentlich mit dem Wunsch, gleich noch eine Partie im Anschluss zu spielen.
Fantastische Reiche
Eine Karte nehmen und dann eine Karte ausspielen. Das ist fast schon die gesamte Spielmechanik von Fantastische Reiche. Natürlich gibt es noch ein wenig mehr, sonst wäre das Spiel ja nicht für den Kennerspiel-Preis nominiert worden. Denn ich bin darauf beschränkt mit meinen fünf Karten auszukommen. Es kommen nicht mehr Karten dazu. Aber durch geschicktes Ausspielen meiner Handkarten und geschicktes Aufnehmen von ausliegenden Karten, versucht ihr genau die Karten zu bekommen, die einzeln zwar nur ein paar Punkte abwerfen, aber in Kombination eine wahre Punkteflut zum Ende des Spiels auslösen.
Fantastische Reiche ist nicht nur schnell erlernt, es ist auch schnell gespielt eine Partie dauert nicht einmal eine halbe Stunde. Aber ähnlich wie beim Kartograf im letzten Jahr, liegt die Herausforderung nicht im Verstehen der Spielmechanik, sondern im Meistern des Spiels. Welche Karte kann ich ohne Probleme ausspielen, weil sie mir eh keine Punkte in dieser Kombination geben wird? Oder schwenke ich auf halbem Weg mit meiner Strategie um, weil nun die offen ausliegenden Karten doch perfekt zu meiner Hand passen. So steckt mehr in der kleinen Spielschachtel, als es auf den ersten Blick scheint. Solltet ihr Fantastische Reiche schon kennen und euch gefällt das Spiel, ihr sucht aber nach noch mehr Komplexität, dann solltet ihr vielleicht mal einen Blick auf Red Rising werfen.
Paleo
Zückt die Faustkeile und zündet die Fackeln an, denn es wird steinzeitlich in Paleo von Peter Rustemeyer. Als Stamm mit verschiedenen Stammesmitgliedern müssen wir in jedem Szenario eine Aufgabe lösen, während wir ums Überleben kämpfen. Zu Anfang jagen wir Mammuts, worauf wir uns erst einmal mit genügend Speeren vorbereiten müssen, damit wir die großen Mammuts überhaupt schaffen. In jeder Runde wird der gesamte Kartenstapel an alle Spieler gleichmäßig verteilt und dann entscheidet man sich, welche der drei obersten Karten man nutzen möchte. Im Wald findet man vermutlich Holz, aber auch Wild. Im Gebirge gibt es Steine, aber auch Höhlen. So ganz wissen wir nie, was sich unter einer Karte verbirgt. Jede Sammel- oder sonstige Aktion benötigt außerdem Symbole, die unsere eigenen Steinzeit-Menschen vielleicht nicht selbst haben und wir müssen einander helfen, damit wir am Ende der Runde sowohl unserem Ziel ein wenig näher gekommen sind, als auch genügend Nahrung und sonstige Ressourcen haben, um alle Stammesmitglieder unversehrt in die nächste Runde zu bringen.
Paleo hat es uns einfach angetan. Von der ersten Partie vor zwei Jahren in Nürnberg bis zur Auslieferung in 2020 hat es nichts an Charme verloren. Schon das schlichte Cover hat uns überzeugt. Trotz skeptischer Haltung gegenüber kooperativen Spielen macht es Spaß, mit seinem Stamm gemeinsam den Kartenstapel zu erkunden. Wir treffen Entscheidungen, denn wir können einen Busch entweder abernten oder abholzen. Letzteres sorgt allerdings dafür, dass die Karte für dieses Szenario aus dem Spiel kommt. Auch das Herstellen neuer Gegenstände ist spannend, da man nie weiß, was der Stamm diesmal erfinden wird. Die unterschiedlichen Szenarien sorgen dafür, dass man mit seinem Stamm eine Entwicklung durch macht, eine Art Geschichte erlebt. Dabei ist keine Partie wie die andere und das macht einfach Laune. Es sind viele Kleinigkeiten, die Paleo zum gelungenen Gesamtpaket machen.