Was war es wieder spannend, aber jetzt ist das Raten vorbei: Die Nominierten Spiele für die Wahl zum „Spiel des Jahres 2023“ sind von der Jury bekannt gegeben worden. In einer kleinen Übersicht stellen wir euch die nominierten Brettspiele in den Bereichen „Spiel des Jahres“ und „Kennerspiel des Jahres“ vor. Wie immer überspringen wir hier das „Kinderspiel des Jahres“, da diese Kategorie einfach nicht in unserem Spielefokus steht.
In diesem Jahr gibt es eine bunte Auswahl an Spielen in der Kategorie Spiel des Jahres. Es ist das Party-Spiel Fun Facts von Kasper Lapp (Asmodee) nominiert, in dem wir Fragen gestellt bekommen und uns mit unseren Mitspielern auf einer Skala einsortieren. Beim Flip&Write Next Station: London von Matthew Dunstan (HCM Kinzel) kreiert ihr mit verschiedenen Farben ein neues U-Bahn-Netz in London. Dorfromantik von Michael Palm und Lukas Zach (Pegasus Spiele) ist ein entschleunigtes Plättchenlegespiel, bei dem wir Landschaften auslegen und Aufträge erfüllen.
Für das Kennerspiel des Jahres, unserem eigentlichen Steckenpferd, was unser eigenes Spielinteresse angeht, sind ebenfalls wieder sehr unterschiedliche Spiele nominiert. Bei Planet Unknown von Ryan Lambert und Adam Rehbergs (Strohmann Games) puzzelt ihr verschiedene Landschaften auf einen Planeten, der unsere neue Heimat werden soll. Das nominierte IKI von Koota Yamada (Giant Roc) entführt uns ins feudalistische Japan, wo wir uns als Händler verdingen. Als Challengers! treten wir beim gleichnamigen Spiel von Johannes Krenner und Markus Slawitscheck (Asmodee) in kleinen und schnell gespielten Duellen mit unseren Kartendecks gegeneinander an.
Nominiert zum Spiel des Jahres 2023
Fun Facts
Wer bist du und was weiß ich über dich? Diesen Fragen nimmt sich Fun Facts von Kasper Lapp an. In einer Partie wird eine Frage gestellt, in der sich jeder auf einer Skala einordnen soll. Zum Beispiel könnte die Frage lauten: „Wie viel Prozent Brettspiel-Kritiker steckt in dir?“. Ihr schreibt auf eine Pfeil-Tafel die Einschätzung für euch selbst in Form einer Zahl. Nun kommt jedoch der schwierige Part: Jeder muss versuchen, sich und seine Mitspieler einzuschätzen und sein eigenes Pfeil-Plättchen über oder unter den bereits liegenden Pfeilen anzulegen. So versucht ihr, eine aufsteigende Reihe zu bilden. Dann kommt die Stunde der Wahrheit und ihr deckt von unten nach oben auf. Falsch platzierte Pfeile werden entfernt und ihr bekommt für die verbliebenen Pfeil-Tafeln noch Punkte, aber wer spielt solche Spiele denn der Punkte wegen?
Ähnlich wie im Jahr zuvor bei So Kleever und dem mit dem Spiel des Jahres ausgezeichneten Just One, geht es in erster Linie um den Spiel-Spaß am Tisch und gerade bei Fun Facts ist es dann schon interessant, wenn einem nicht nur bewusst wird, mit wem man da am Tisch sitzt, sondern eben auch wie andere einen vielleicht sehen. Kurzweilige Runden sind hier garantiert.
Next Station: London
Die Zeit der Roll&Writes bzw. der Flip&Writes ist noch nicht vorbei. Mit Next Station: London zeigt der vielseitige Autor Matthew Dunstan, wie herausfordernd es sein kann, mit Buntstiften ein U-Bahn-Netz zu planen.
Zwar ist der zu befüllende Plan immer der selbe, jede Station hat jedoch eines von vier Symbolen, die in zufälliger Reihenfolge vom Stapel aufgedeckt werden. Joker helfen uns dabei, ein Netz auf dem Papier entstehen zu lassen, bei dem Sehenswürdigkeiten angebunden werden, Strecken sich an Umsteige-Stationen kreuzen und die Themse unterquert wird. Für jede der vier Stiftfarben spielen wir den Stapel einmal durch, wobei nicht immer alle Karten aufgedeckt werden. Manchmal wird eine Linie damit kürzer als man denkt. Zwar sehe ich, was für Karten noch offen sind, der Zufall macht mir aber oft einen Strich durch die Rechnung, denn sobald alle fünf pinken Untergrund-Karten aufgedeckt wurden, endet die Runde, egal ob nun bereits alle oder keine der blauen oberirdischen Karten aufgedeckt sind.
Das simple Spielprinzip des Verbindens von Stationen auf einer Karte mit bunten Stiften erzeugt eine Stimmung, in der man sich herausgefordert fühlt, mit jeder Partie noch besser zu werden. Schaffe ich es noch, die Sehenswürdigkeit in einem bestimmten Stadtbezirk anzubinden? Bonusziele und besondere Fähigkeiten für jede Stiftfarbe bringen noch mehr Dynamik hinein und machen den Suchtfaktor bei Next Station: London aus.
Dorfromantik – Das Brettspiel
Es war einmal ein Computerspiel namens Dorfromantik vom deutschen Entwickler Toukana Interactive, das in aller Munde war, weil es so schön entspannend und ruhig war und man sich dabei wunderbar erholen konnte. Mit Dorfromantik – Das Brettspiel bringen Lukas Zach und Michael Palm den Videospiel-Geheimtipp mit Pegasus Spiele nun auch auf den Brettspiel-Tisch.
Eigentlich war bereits das Videospiel ein Plättchen-Legespiel, das mit kleinen animierten Landschaften einfach zum verlieben schön aussah. Man konnte stundenlang vor sich hin puzzeln und immer größere und schönere Landschaften zusammensetzen und dabei Herausforderungen meistern und seinen eigenen Highscore schlagen. Die Mechanik für Dorfromantik – Das Brettspiel war also quasi bereits vorgegeben.
Und so puzzeln wir uns nun kooperativ durch eine ganze Kampagne mit immer neuen Spielinhalten, bei dem neue Plättchen und neue Aufgaben in kleinen extra Schachteln auf uns warten. Mit jeder Partie machen wir weitere Kreuze auf unserem Kampagnenboden und schalten Errungenschaften frei. Wir brauchen noch ein Plättchen, um den Wald zu vergrößern? Dann jetzt bloß nicht die Eisenbahn in diese Richtung weiter bauen. Ein bisschen klingt es dann doch wieder, wie das Videospiel nur mit weniger Plättchen, denn digital müssen diese in keine Schachtel passen.
Insgesamt bietet das Dorfromantik – Das Brettspiel jedoch genau das, was man sich von einer Umsetzung des bereits sehr brettspielerisch anmutenden Videospiels erwartet. Man legt gemeinsam entspannt Plättchen vor sich auf dem Tisch ab. Bei einer Partie bleibt es dabei selten, denn man kann nebenher entspannt miteinander plaudern und einfach eine schöne gemeinsame Zeit beim Spielen miteinander verbringen.
Nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2023
Planet Unknown
Wir werden von Ryan Lambert und Adam Rehberg in die Weiten des Weltalls geschickt, um dort einen unbekannten Planeten mittels Landschaftsplättchen in eine bewohnbare neue Heimat zu verwandeln. Diesmal ist es nicht der Mars, der terraformt werden möchte, sondern ein Planet Unknown, von dem wir bis zum Schluss nicht wissen, wie genau er aussehen wird.
Die Plättchen mit den jeweils zwei Landschaften in Tetris-Polyomino-Formen puzzeln wir auf unserem Planetentableau ein und rücken damit Marker auf den Leisten unseres Konzern-Tableaus nach oben. Hierdurch schalten wir wiederum neue Fähigkeiten frei, bekommen Punkte, neue Plättchen oder bewegen unsere Rover über die Planeten-Oberfläche. Die Plättchen kommen dabei aus einem runden, drehbaren Spender, wo jeweils zwei Plättchen-Formen in einem Segment liegen. Wer am Zug ist, dreht die Spender-Station und ich kann mir eines der beiden Plättchen im zu mir zeigenden Segment aussuchen, das ich auf meinem Planeten einpuzzle. Das ist jedesmal wieder herausfordernd, denn ich muss im Zweifelsfall mit dem Leben, was jemand anders mir zuschustert. Außerdem möchte ich besonders schön puzzeln, denn volle Reihen und Spalten geben mir Punkte.
Das I-Tüpfelchen auf dem erfreulich regelarmen Spiel ist aber der Wiederspielreiz durch verschiedene Planeten und Konzerne, die ich optional spielen kann. Auch Ereignisse lassen uns den Schwierigkeitsgrad noch einmal anpassen. Das sorgt für Abwechslung und immer neue Kombinationen bringen neue Herausforderungen. Wenn ihr euch ein genaures Bild machen möchtet, lest doch unsere ausführliche Review zu Planet Unknown.
IKI
IKI von Koota Yamada ist ein Spiel, welches im alten Japan spielt. In der „guten alten Zeit“ bevor die Industrialisierung das ferne Kaiserreich übernahm. Bis zu vier Personen wollen eine angesehene Person werden. Dabei müssen wir uns nicht nur um Händler und Handwerker kümmern, sondern auch um gefährliche Ereignisse wie Feuersbrünste. Der eigentliche Clou ist dabei, dass wir zwar Händler und Heimwerker auf dem Spielplan platzieren, wir aber eigentlich wollen, dass diese von unseren Mitspielenden genutzt werden. Denn nur dann können diese an Erfahrung gewinnen und somit ihre Fertigkeiten und Boni erhöhen.
Das richtige Timing bestimmt eine Partie IKI. Denn ich möchte eigentlich nach meinen Mitspielenden über den Markt schlendern und von meinen Händlern und Handwerkern die richtig guten Sachen einheimsen. Andererseits bekommen diese dann keine Erfahrung und kosten unterm Strich nur Nahrung, weswegen es natürlich am besten wäre, wenn diese rechtzeitig in Rente gehen, denn dann muss ich sie nicht ernähren. Und wenn ihre Läden dann auch nicht mehr da sind, wenn das Feuer ausbricht und sich dieses durch die Läden meiner Gegner frisst, ist da auch wieder dieses Timing-Ding. Das macht IKI zu einem richtig schönen verzahnten kleinem Knobelspiel mit einem historisch passenden Thema.
Challengers!
Der Zufall scheint bei Challengers! von Johannes Krenner und Markus Slawitscheck das Spiel zu diktieren. Bis zu acht Herausforderer stellen sich Duellen mit wechselnden Gegnern, bis am Ende die besten der Besten im Finale gegeneinander antreten.
Der Zufall ist in der Tat eine nicht unerhebliche Komponente. Denn ich decke in jedem dieser Duelle einfach nur die oberste Karte meines kleinen Decks auf und versuchen, die gerade im Fahnenbesitz befindliche Karte meines Gegners zu übertrumpfen. Hat mein Team die Fahne erobert, geht es wieder anders herum. Das machen wir so lange im Wechsel, bis einem entweder die Karten ausgehen, oder alle Plätze auf meiner Bank belegt sind und ein ausgschiedener Kombatant keinen Platz mehr dort bekommt. Zwischen den einzelnen Duellen bekommen wir neue Karten ins unser Deck und können andere aussortieren, die uns nicht mehr in den Kram passen. Das Ganze machen wir natürlich für Ruhm und Ehre und Fans. Die Anzahl der eroberten Fans bestimmt nach allen gespielten Duellen, wer im Finale mit seinen Decks gegeneinander um den Gesamtsieg antritt.
Der Charme von Challengers! besteht in seiner Einfachheit. Trotz vermeintlich hohem Glücksfaktor kann ein sorgfältig zusammengestelltes Deck doch so einiges rausholen. Und hier kann ich mich jedesmal aufs Neue austoben. Will ich möglichst gleiche Karten, um wenige Plätze auf meiner Bank zu belegen oder baue ich auf hohe Kartenwerte? Versuche ich Effekte zu nutzen, mit denen ich mein Deck manipulieren kann oder versuche ich mich an Synergie-Effekten bestimmter Themenkarten? Wenn ihr es noch genauer wissen möchtet, lest in unser ausführliches Review zu Challengers! rein.